Gustav Dietrich August Johannes (*Breslau 25.5.1851 / † Graz 27.5.1883) war das erste Kind von Johann Peter und Therese von Reininghaus. 1880 heiratete er Maria Eisl und bekommt mit ihr die Kinder Emilie (*1881) und Gustav (*1883), wobei er die Geburt seines Sohnes nicht mehr miterleben darf. Er war mit großer Sorgfalt und umfassenden Kenntnissen zum künftigen Leiter des Unternehmens herangebildet worden und für seine Eltern der geistige Erbe des Lebenswerkes gewesen. Mit seinem Tod stürzte für beide der Hauptpfeiler, der die Brücke stützte, die in die Zukunft führen sollte, ein.
Gustavs erstgeborenes Kind Emilie nahm mit Georg II. Anton Mautner von Markhof im Jahr 1900 einen Cousin ihres Vaters zum Mann. Bekannt unter „Emy“ bewirtschaftete Sie den Familiensitz Gaaden und ging als eine der respektabelsten Frauen in die Mautner´sche Geschichte ein.
Mein lieber Enkel
Ich danke dir für die Freude, welche du uns allen durch die gute Nachricht in deinem lieben Briefchen gemacht hast. Du hast durch deinen Fleiß dir selbst den schönen Lohn des erworbenen Wissens verschafft und deinen lieben guten Eltern ihre ununterbrochene Sorgfalt und Liebe am besten gedankt. Fahre fort in diesem gottgefälligen Streben und sei stets bemüht, die Freude deiner lieben Eltern und Großeltern zu werden.
Gott segne dich
Dein Großvater
Wien am 25/2 63
Testament Gustav I. von Reininghaus, verfasst in Steinfeld am 17.02.1883; Transkription von Ulrike Reininghaus
Mein Testament.
Für ein so wichtiges Schriftstück wie dieses wären gründliche Vorarbeiten, vor allem genaue Vermögensinventur, viel Überlegung und Besprechung mit einem erfahrenen Manne dringen nötig gewesen.
Ich war aber in letzter Zeit so wenig fähig, konzentriert zu arbeiten, dass ich die Stunden, wo es mir nicht zu miserabel war, fürs Geschäft verwenden musste und bitte jedenfalls aus dieser flüchtigen Arbeit keinen Schluss auf meine sonstigen Arbeiten zu ziehen. Habe ich auch, seitdem meine Krankheit meine Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt hat, in oft nur 2 Stunden so viel getan, so habe ich mich doch dessen, was ich arbeitete, immer mit der ganzen mir zur Gebote stehenden Kraft wahrgenommen, und mir immer die notwendigsten und auch am wenigsten angenehmen Arbeiten herausgesucht.
Mein Vermögen setzt sich so zusammen:
Guthaben von Steinfeld | Fl [Anm. Gulden] | 80000, |
„ „ Papa | | 8800, |
in d. steyr. Escomptobank | | 27000, |
Sparkassenbüchel (samt?) | | 12000, |
Deutsche Papiere | | 48000, |
Centralbahnprioritäten | | 9000, |
Die Wohnungseinrichtung, Bilder, Schmuck, sowie fünf Pferde, die ich gezahlt habe, führe ich nicht besonders an.
Sollte dieses Testament in Wirksamkeit treten, ich also bald sterben, so möchte ich nicht, dass dieses Schriftstück einen unangenehmen Eindruck hinterlasse, der entstünde, wenn ich mich selbst loben würde. Auch bin ich weit entfernt davon, und behaupte, nur von der mir durch Geschick angewiesenen Stelle, am Werke meines Patens weiter zu arbeiten, ein unverschämtes Glück gehabt zu haben, wobei ich mir – ihr werdet das alle gewiss verzeihen – still dazu denke: „Ein wenig ist man seines Glückes Schmied.“
Der teure Papa wird es mir sicherlich verzeihen, wenn ich hier offen sage, dass unser Verhältnis manchmal nur deshalb getrübt war, weil ich meine Überzeugung nie verleugnen konnte, und daher ihm manchmal mit meinen Ansichten entgegengetreten bin, wenn alle anderen seiner Umgebung – auch wenn sie nicht derselben Meinung mit ihm waren, ihm beipflichteten, bloß um nicht widersprechen zu müssen.
Mögen meine Ansichten und Verfügungen auch oft falsch gewesen sein, so hatte ich doch nie, auch nur eine Sekunde einen egoistischen Gedanken. Mit meiner Stellung bin ich zufrieden und glücklich, und würde, wenn ich weiterlebe, nie mehr verlangt haben. Bin ich aber gestorben, so muss endgültige Ordnung geschaffen werden, weshalb ich einige Ansprüche mache und begründe.
Während meine Schwestern mit 20 Jahren ihre Mitgift erhielten, bekam ich erst das Kapital mit 27 Jahren. Eine 5 %-ige Beteiligung am Geschäfte fing mit 26 Jahren an. Bis dahin hatte ich jährlich soviel als ich ausgab, was wohl im Jahr mit vielen Geschäftsreisen f. 6000 machte, eines aber nur 1800, im Durchschnitt etwas über 3000.
Wenn ich das als Gehalt verdient habe, so blieben die 6000 f, welche meine Schwestern jährl. bekamen, durch 6 Jahre für mich, das sind 36000; wenn ich außerdem glaube, dass das heutige Familienvermögen gestattet, jedem Kinde noch 100000 zu geben, und ich um ein Geschenk für meine Leistungen im Geschäfte – um eine Abfertigung – falls ich wirklich fertig gelebt hätte – von f. 60000 bitte, so werden das die lieben Eltern und Geschwister nicht ungerecht finden.
Dann beliefe sich mein Vermögen auf
f 188800
| |
36000 | Summe 384.800 f. |
100000 | |
60000 | |
2)
Von diesem Vermögen sollen circa f 200000 in deutschen Papieren, f 10000 in italien. Renta, f 50000 in englischen, f 35000 in amerikanischen Papieren angelegt werden.
Jährliche 5000 f setze ich meiner Frau aus. Das Sparkassenbuch gehört natürlich ihr und ist dieser Betrag oben in Abzug zu bringen.
Diese f 5000 – aus dem Erträgnisse der ausländischen Papiere, – bekommt meine Frau zeitlebens. Der Erziehungsbeitrag wird, wie üblich, vom Vormunde bestimmt.
Dich, teuerster Moriz [Anm.: Moriz Piffl, Schwager, Ehemann von Schwester Ludovika „Luise“], du verzeihst die Mühe, die ich dir mache, – bitte ich Vormund zu sein.
Der Teil des Vermögens, aus dem der jährliche Bezug meiner Frau kommt, bleibt während ihres Lebens unberührt. Die Kinder erhalten den Rest. Ich bitte, sie um Gotteswillen so zu erziehen, dass sie nie darauf rechnen Geld zu bekommen.
Ich bin zu müde weiter zu schreiben, überlasse es daher diesen rein geschäftlichen Auseinandersetzungen alles das hinzuzufügen, was ich am Herzen habe.
Wenn mein zweites Kind ein Bub ist [Anm.: Gustav II. wurde 5 Wochen nach dem Tod seines Vaters geboren], so soll er fleißig studieren, nie erfahren, dass er Geld
bekommt, dann auf ein paar Jahre in die Lehre auf ein deutsches Gut, und sich in Deutschland dann klein ankaufen und Landwirt sein. Dies mein Rat.
Ich mache noch darauf aufmerksam, dass durch den schlechten Betrieb in Puntigam ein Zusammenkaufen der steyr. Brauereien und Amalgamierung mit Liesing vielleicht möglich wären, und dadurch für eine Aktiengesellschaft wirklich eine Art Monopol geschaffen würde für Steyermark und den Süden.
Auf Österreich nur nicht bauen. Sondern dann mit dem Gelde ins Ausland. Hansi kommt mir viel zu bequem vor und Carl würde das Geschäft ruinieren.
Dir, liebster Moriz, überlasse ich es, diesen oberflächlichen Wisch nach Tunlichkeit zu verwenden. Tausend Dank, Grüße an alle.
Gustav Reininghaus
Mizi, Mizi [Anm.: Ehefrau Maria „Mizi“], mein Engerl, mein Alles, wie gerne habe ich dich, wie liebe ich meine Eltern, den lieben Onkel, den bravsten Eduard, euch liebe Geschwister alle, alle. Und mein Mäderl [Anm: Tochter Emilie]. Wo gibt es ein gleiches?
Da dieses Testament nicht die Handschrift von Gustav I. von Reininghaus trägt, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit die von seinem Schwager (und Familienanwalt) Moriz Piffl – bleibt die Frage bestehen, ob oder wo das Original existiert hat. Dies ist insofern von Bedeutung, als es die entscheidende Anweisung enthält, dass sein zweites Kind („wenn es ein Bub ist“), später nach Deutschland umsiedeln solle. Aufgrund des fehlenden Originals entstand in der Familie die Diskussion, ob das Testament echt sei oder der Auswanderungswunsch vielleicht sogar lanciert worden war. Denn bestimmte Familienmitglieder sollen damals dagegen gewesen sein, dass sein Sohn Gustav II., als der eigentlich legitime Nachfolger, die Firmengeschäfte übernehme und es deshalb begrüßt haben, dass mit dessen Umsiedelung nach Deutschland für andere der Weg an die Betriebsspitze frei wurde. Die meisten glaubten allerdings dem hier vorliegenden Testament und meinten, Gustav I. wollte seinen zukünftigen Sohn vielleicht absichtlich aus eventuell entstehenden Familienkonflikten heraushalten. Ein weiterer möglicher Grund für diesen Auswanderungswunsch wäre der nostalgische Hang seines Vaters Johann Peter (zu dem er als erstgeborener Sohn ein großes Naheverhältnis pflegte) zu dessen ursprünglicher Heimat. Und, dass auch Gustav I. dem damals seiner Meinung nach industriell und politisch weiter entwickelten Deutschland für eine berufliche Karriere den Vorzug gab.
Anweisungen von Gustav I. von Reininghaus, 4 Tage vor seinem Tod seinem Schwager Eduard Keil von Bündten diktiert; Transkription von Ulrike Reininghaus
28.05.1883
Auf ausdrückliches Verlangen Gustavs bringe ich seine letzten Wünsche zu Papier, mit dem ausdrücklichen Bemerken von ihm, dass er bei vollem Bewusstsein und gewiss nicht im Fieber zu mir spreche.
1. Soll ich es gewiss verhindern, dass Karl Reininghaus [Anm.: Carl, erster Sohn von Julius Reininghaus] nicht ins Geschäft eintrete, denn besser der erste Zwist als einer durchs ganze Leben, der doch endlich mit einem Letzten enden wird. – Karls Hauptfehler ist: nicht mit Untergebenen verstehen zu können.
2. Es gibt Leute im Geschäft, die demselben unter jeder Bedingung erhalten bleiben müssen. – Außerdem ist Karl unverträglich und könnte er es sich kaum denken, dass jemand mit ihm zusammen längere Zeit arbeiten würde.
Hansi [Anm.: Johann Dietrich „Hans“ v. Reininghaus, jüngster Bruder von Gustav] soll unter jeder Bedingung eine gute Fachschule besuchen und dann die Leitung des Geschäftes übernehmen, vorläufig bittet er seinen lieben Papa, so schwer ihm der Gedanke fällt, die Hauptgeschäfte wieder auf sich zu nehmen, und soll ich [Anm.: Eduard Keil v. Bündten] ihm mit meiner Kraft getraulich zur Seite stehen.
Auch wegen des Ankaufs der Puntigamer Brauerei wollte er mir etwas mitteilen, doch wurde er zu schwach, bat mich, ihn jetzt ruhen zu lassen, er werde mich später wieder rufen.
Am Dienstag gegen 5 Uhr wurde ich wieder geholt, und meinte er, dass es meine größte Pflicht wär, den Mörtel und Dejak dem Geschäfte zu erhalten, um beiden stets in Freundschaft entgegenzukommen, denn es wäre leicht möglich, dass diese beiden Puntigam kaufen.
Ich [Anm.: Eduard] möge mich bereit halten um nach Steinfeld zu ziehen, denn allein könnte man Steinfeld nicht lassen.
Auf Mizi [Anm.: Ehefrau Maria] und seine beiden Kinder möge ich recht achtgeben und den [Anm.: Name nicht leserlich] und Julius herbeiziehen, denn auf diese beiden Männer habe er das größte Vertrauen.
Mizi soll die beiden Braunen behalten, wollte sie dieselben verkaufen so, soll ich sie für Emma [Anm.: Emilie „Emma“, Schwester von Gustav und Ehefrau von Eduard Keil v. Bündten] übernehmen, die daran stets eine große Freude hatte.
Durch Dr. Hofer ließ er mir sagen, dass ich die Schimmel an Scherbaum verkaufen solle, da er am meisten dafür geboten.
Die goldene Uhr, welche Papa ihm geschenkt und welche derselbe schon als Bräutigam getragen, schenke er [Anm.: unleserlich] und möge [Anm.: unleserlich] sie als teures Andenken verstehen an die letzten qualvollen Wochen, welche für ihn kein Ende nehmen wollten.
Der Schartnerin soll ich 100 fl einhändigen für ihre treue ausdauernde Pflege. Auch die anderen Dienstleute sollen nicht unbeschenkt bleiben, und wenn irgend möglich, jedem ein Andenken von ihm übergeben.
Julius, den er herzlichst grüßt, soll Hugo [Anm.: Hugo v. Reininghaus, geb. 1864, erster Bruder von Gustav] für einige Zeit zu sich nehmen und ohne Rücksicht auf die verwandtschaftlichen Verhältnisse, mit Strenge aus ihm einen tüchtigen Landwirten machen.
Für meine liebe Emma [Anm.: Emilie „Emma“ Keil v. Bündten] gab er mir einen langen Kuss.
Sehr schwer fällt es ihm, von seiner lieben, guten Mama zu scheiden, der er dieses große Herzleid antun müsse, und ich soll ihm versprechen, sie von seinem Krankenzimmer fernzuhalten, damit sie ihn weder leiden noch sterben sehe – denn lange werde es gewiss nicht mehr mit ihm andauern.
An jeden Herrn in der Kanzlei und jeden Arbeiter in der Fabrik trug er einen speziellen Gruß auf.
Die Mitteilungen machte er, mein teurer Schwager Gustav, im Laufe des Dienstag, den 22ten und Mittwoch, den 23. Mai.
Eduard Keil
An Julius soll ich das Gewehr absenden, welches er von seiner Mama erhalten und ihm Cecilio ganz dort lassen.
Alle Transkriptionen Ulrike Reininghaus.
Der Metahof
/in Reininghaus/Linie 1 /von Beate HemmerleinDas barocke Metahof-Schlössl, das ab 1889 Familiensitz der Familie Reininghaus war, fungierte zugleich als Zentrum des Grazer Kulturlebens (Peter Rosegger, Karl Morré) und blieb bis 1945 in ihrem Besitz. Nach Thereses Tod war es vermietet, so u. a. auch an Familienmitglieder (Urbansky, von Hebra). Auch heute noch zählt es zu den am besten erhaltenen Edelsitzen der Landeshauptstadt.
Die ursprünglichen Bauherren sind unbekannt, doch befand es sich im 16. Jahrhundert auf einem Dominikalgrund der Familie Eggenberg. Ab 1678 waren die Grafen von Saurau seine Eigentümer und Maria Ludwig Graf von Saurau ließ ab 1744 einen Umbau vornehmen, den Joseph Hueber leitete. Der West- und Südtrakt erhielten Zubauten und der Nordtrakt wurde verlängert. Ein Glashaus, eine Orangerie, ein freskierter Gartenpavillon und eine Meierei wurden hinzugefügt. Nach wechselnden Besitzverhältnissen erwarb es 1805 Graf Kottulinksy, der sämtliche Nachbargrundstücke aufkaufte und den damals größten Grazer Privatgarten anlegen ließ. Eine Parzellierung im späten 19. Jahrhundert ließ neue Straßenzüge entstehen. Schwere Bombenangriffe rund um den Grazer Hauptbahnhof zerstörten 1945 den Park und das Gartenportal. Das Schlösschen verfiel in weiterer Folge, bis 1963 der Gartenpavillon und der Verbindungstrakt zum Haupthaus abgetragen wurden. Nachdem es die Stadt Graz 1979 übernommen hatte, wurden es als Bürogebäude adaptiert und an Firmen vermietet. Es befindet sich am Rande des Metahofparks im vierten Grazer Stadtbezirk Lend, Babenbergerstr. 14.
Gustav I. von Reininghaus
/in Reininghaus/Linie 1 /von Beate HemmerleinGustav Dietrich August Johannes (*Breslau 25.5.1851 / † Graz 27.5.1883) war das erste Kind von Johann Peter und Therese von Reininghaus. 1880 heiratete er Maria Eisl und bekommt mit ihr die Kinder Emilie (*1881) und Gustav (*1883), wobei er die Geburt seines Sohnes nicht mehr miterleben darf. Er war mit großer Sorgfalt und umfassenden Kenntnissen zum künftigen Leiter des Unternehmens herangebildet worden und für seine Eltern der geistige Erbe des Lebenswerkes gewesen. Mit seinem Tod stürzte für beide der Hauptpfeiler, der die Brücke stützte, die in die Zukunft führen sollte, ein.
Gustavs erstgeborenes Kind Emilie nahm mit Georg II. Anton Mautner von Markhof im Jahr 1900 einen Cousin ihres Vaters zum Mann. Bekannt unter „Emy“ bewirtschaftete Sie den Familiensitz Gaaden und ging als eine der respektabelsten Frauen in die Mautner´sche Geschichte ein.
Adolf Ignaz Mautner an seinen Enkel Gustav I. Reininghaus, 25.2.1863
Mein lieber Enkel
Ich danke dir für die Freude, welche du uns allen durch die gute Nachricht in deinem lieben Briefchen gemacht hast. Du hast durch deinen Fleiß dir selbst den schönen Lohn des erworbenen Wissens verschafft und deinen lieben guten Eltern ihre ununterbrochene Sorgfalt und Liebe am besten gedankt. Fahre fort in diesem gottgefälligen Streben und sei stets bemüht, die Freude deiner lieben Eltern und Großeltern zu werden.
Gott segne dich
Dein Großvater
Wien am 25/2 63
Testament Gustav I. von Reininghaus, verfasst in Steinfeld am 17.02.1883; Transkription von Ulrike Reininghaus
Mein Testament.
Für ein so wichtiges Schriftstück wie dieses wären gründliche Vorarbeiten, vor allem genaue Vermögensinventur, viel Überlegung und Besprechung mit einem erfahrenen Manne dringen nötig gewesen.
Ich war aber in letzter Zeit so wenig fähig, konzentriert zu arbeiten, dass ich die Stunden, wo es mir nicht zu miserabel war, fürs Geschäft verwenden musste und bitte jedenfalls aus dieser flüchtigen Arbeit keinen Schluss auf meine sonstigen Arbeiten zu ziehen. Habe ich auch, seitdem meine Krankheit meine Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt hat, in oft nur 2 Stunden so viel getan, so habe ich mich doch dessen, was ich arbeitete, immer mit der ganzen mir zur Gebote stehenden Kraft wahrgenommen, und mir immer die notwendigsten und auch am wenigsten angenehmen Arbeiten herausgesucht.
Mein Vermögen setzt sich so zusammen:
Die Wohnungseinrichtung, Bilder, Schmuck, sowie fünf Pferde, die ich gezahlt habe, führe ich nicht besonders an.
Sollte dieses Testament in Wirksamkeit treten, ich also bald sterben, so möchte ich nicht, dass dieses Schriftstück einen unangenehmen Eindruck hinterlasse, der entstünde, wenn ich mich selbst loben würde. Auch bin ich weit entfernt davon, und behaupte, nur von der mir durch Geschick angewiesenen Stelle, am Werke meines Patens weiter zu arbeiten, ein unverschämtes Glück gehabt zu haben, wobei ich mir – ihr werdet das alle gewiss verzeihen – still dazu denke: „Ein wenig ist man seines Glückes Schmied.“
Der teure Papa wird es mir sicherlich verzeihen, wenn ich hier offen sage, dass unser Verhältnis manchmal nur deshalb getrübt war, weil ich meine Überzeugung nie verleugnen konnte, und daher ihm manchmal mit meinen Ansichten entgegengetreten bin, wenn alle anderen seiner Umgebung – auch wenn sie nicht derselben Meinung mit ihm waren, ihm beipflichteten, bloß um nicht widersprechen zu müssen.
Mögen meine Ansichten und Verfügungen auch oft falsch gewesen sein, so hatte ich doch nie, auch nur eine Sekunde einen egoistischen Gedanken. Mit meiner Stellung bin ich zufrieden und glücklich, und würde, wenn ich weiterlebe, nie mehr verlangt haben. Bin ich aber gestorben, so muss endgültige Ordnung geschaffen werden, weshalb ich einige Ansprüche mache und begründe.
Während meine Schwestern mit 20 Jahren ihre Mitgift erhielten, bekam ich erst das Kapital mit 27 Jahren. Eine 5 %-ige Beteiligung am Geschäfte fing mit 26 Jahren an. Bis dahin hatte ich jährlich soviel als ich ausgab, was wohl im Jahr mit vielen Geschäftsreisen f. 6000 machte, eines aber nur 1800, im Durchschnitt etwas über 3000.
Wenn ich das als Gehalt verdient habe, so blieben die 6000 f, welche meine Schwestern jährl. bekamen, durch 6 Jahre für mich, das sind 36000; wenn ich außerdem glaube, dass das heutige Familienvermögen gestattet, jedem Kinde noch 100000 zu geben, und ich um ein Geschenk für meine Leistungen im Geschäfte – um eine Abfertigung – falls ich wirklich fertig gelebt hätte – von f. 60000 bitte, so werden das die lieben Eltern und Geschwister nicht ungerecht finden.
Dann beliefe sich mein Vermögen auf
2)
Von diesem Vermögen sollen circa f 200000 in deutschen Papieren, f 10000 in italien. Renta, f 50000 in englischen, f 35000 in amerikanischen Papieren angelegt werden.
Jährliche 5000 f setze ich meiner Frau aus. Das Sparkassenbuch gehört natürlich ihr und ist dieser Betrag oben in Abzug zu bringen.
Diese f 5000 – aus dem Erträgnisse der ausländischen Papiere, – bekommt meine Frau zeitlebens. Der Erziehungsbeitrag wird, wie üblich, vom Vormunde bestimmt.
Dich, teuerster Moriz [Anm.: Moriz Piffl, Schwager, Ehemann von Schwester Ludovika „Luise“], du verzeihst die Mühe, die ich dir mache, – bitte ich Vormund zu sein.
Der Teil des Vermögens, aus dem der jährliche Bezug meiner Frau kommt, bleibt während ihres Lebens unberührt. Die Kinder erhalten den Rest. Ich bitte, sie um Gotteswillen so zu erziehen, dass sie nie darauf rechnen Geld zu bekommen.
Ich bin zu müde weiter zu schreiben, überlasse es daher diesen rein geschäftlichen Auseinandersetzungen alles das hinzuzufügen, was ich am Herzen habe.
Wenn mein zweites Kind ein Bub ist [Anm.: Gustav II. wurde 5 Wochen nach dem Tod seines Vaters geboren], so soll er fleißig studieren, nie erfahren, dass er Geld
bekommt, dann auf ein paar Jahre in die Lehre auf ein deutsches Gut, und sich in Deutschland dann klein ankaufen und Landwirt sein. Dies mein Rat.
Ich mache noch darauf aufmerksam, dass durch den schlechten Betrieb in Puntigam ein Zusammenkaufen der steyr. Brauereien und Amalgamierung mit Liesing vielleicht möglich wären, und dadurch für eine Aktiengesellschaft wirklich eine Art Monopol geschaffen würde für Steyermark und den Süden.
Auf Österreich nur nicht bauen. Sondern dann mit dem Gelde ins Ausland. Hansi kommt mir viel zu bequem vor und Carl würde das Geschäft ruinieren.
Dir, liebster Moriz, überlasse ich es, diesen oberflächlichen Wisch nach Tunlichkeit zu verwenden. Tausend Dank, Grüße an alle.
Gustav Reininghaus
Mizi, Mizi [Anm.: Ehefrau Maria „Mizi“], mein Engerl, mein Alles, wie gerne habe ich dich, wie liebe ich meine Eltern, den lieben Onkel, den bravsten Eduard, euch liebe Geschwister alle, alle. Und mein Mäderl [Anm: Tochter Emilie]. Wo gibt es ein gleiches?
Da dieses Testament nicht die Handschrift von Gustav I. von Reininghaus trägt, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit die von seinem Schwager (und Familienanwalt) Moriz Piffl – bleibt die Frage bestehen, ob oder wo das Original existiert hat. Dies ist insofern von Bedeutung, als es die entscheidende Anweisung enthält, dass sein zweites Kind („wenn es ein Bub ist“), später nach Deutschland umsiedeln solle. Aufgrund des fehlenden Originals entstand in der Familie die Diskussion, ob das Testament echt sei oder der Auswanderungswunsch vielleicht sogar lanciert worden war. Denn bestimmte Familienmitglieder sollen damals dagegen gewesen sein, dass sein Sohn Gustav II., als der eigentlich legitime Nachfolger, die Firmengeschäfte übernehme und es deshalb begrüßt haben, dass mit dessen Umsiedelung nach Deutschland für andere der Weg an die Betriebsspitze frei wurde. Die meisten glaubten allerdings dem hier vorliegenden Testament und meinten, Gustav I. wollte seinen zukünftigen Sohn vielleicht absichtlich aus eventuell entstehenden Familienkonflikten heraushalten. Ein weiterer möglicher Grund für diesen Auswanderungswunsch wäre der nostalgische Hang seines Vaters Johann Peter (zu dem er als erstgeborener Sohn ein großes Naheverhältnis pflegte) zu dessen ursprünglicher Heimat. Und, dass auch Gustav I. dem damals seiner Meinung nach industriell und politisch weiter entwickelten Deutschland für eine berufliche Karriere den Vorzug gab.
Anweisungen von Gustav I. von Reininghaus, 4 Tage vor seinem Tod seinem Schwager Eduard Keil von Bündten diktiert; Transkription von Ulrike Reininghaus
28.05.1883
Auf ausdrückliches Verlangen Gustavs bringe ich seine letzten Wünsche zu Papier, mit dem ausdrücklichen Bemerken von ihm, dass er bei vollem Bewusstsein und gewiss nicht im Fieber zu mir spreche.
1. Soll ich es gewiss verhindern, dass Karl Reininghaus [Anm.: Carl, erster Sohn von Julius Reininghaus] nicht ins Geschäft eintrete, denn besser der erste Zwist als einer durchs ganze Leben, der doch endlich mit einem Letzten enden wird. – Karls Hauptfehler ist: nicht mit Untergebenen verstehen zu können.
2. Es gibt Leute im Geschäft, die demselben unter jeder Bedingung erhalten bleiben müssen. – Außerdem ist Karl unverträglich und könnte er es sich kaum denken, dass jemand mit ihm zusammen längere Zeit arbeiten würde.
Hansi [Anm.: Johann Dietrich „Hans“ v. Reininghaus, jüngster Bruder von Gustav] soll unter jeder Bedingung eine gute Fachschule besuchen und dann die Leitung des Geschäftes übernehmen, vorläufig bittet er seinen lieben Papa, so schwer ihm der Gedanke fällt, die Hauptgeschäfte wieder auf sich zu nehmen, und soll ich [Anm.: Eduard Keil v. Bündten] ihm mit meiner Kraft getraulich zur Seite stehen.
Auch wegen des Ankaufs der Puntigamer Brauerei wollte er mir etwas mitteilen, doch wurde er zu schwach, bat mich, ihn jetzt ruhen zu lassen, er werde mich später wieder rufen.
Am Dienstag gegen 5 Uhr wurde ich wieder geholt, und meinte er, dass es meine größte Pflicht wär, den Mörtel und Dejak dem Geschäfte zu erhalten, um beiden stets in Freundschaft entgegenzukommen, denn es wäre leicht möglich, dass diese beiden Puntigam kaufen.
Ich [Anm.: Eduard] möge mich bereit halten um nach Steinfeld zu ziehen, denn allein könnte man Steinfeld nicht lassen.
Auf Mizi [Anm.: Ehefrau Maria] und seine beiden Kinder möge ich recht achtgeben und den [Anm.: Name nicht leserlich] und Julius herbeiziehen, denn auf diese beiden Männer habe er das größte Vertrauen.
Mizi soll die beiden Braunen behalten, wollte sie dieselben verkaufen so, soll ich sie für Emma [Anm.: Emilie „Emma“, Schwester von Gustav und Ehefrau von Eduard Keil v. Bündten] übernehmen, die daran stets eine große Freude hatte.
Durch Dr. Hofer ließ er mir sagen, dass ich die Schimmel an Scherbaum verkaufen solle, da er am meisten dafür geboten.
Die goldene Uhr, welche Papa ihm geschenkt und welche derselbe schon als Bräutigam getragen, schenke er [Anm.: unleserlich] und möge [Anm.: unleserlich] sie als teures Andenken verstehen an die letzten qualvollen Wochen, welche für ihn kein Ende nehmen wollten.
Der Schartnerin soll ich 100 fl einhändigen für ihre treue ausdauernde Pflege. Auch die anderen Dienstleute sollen nicht unbeschenkt bleiben, und wenn irgend möglich, jedem ein Andenken von ihm übergeben.
Julius, den er herzlichst grüßt, soll Hugo [Anm.: Hugo v. Reininghaus, geb. 1864, erster Bruder von Gustav] für einige Zeit zu sich nehmen und ohne Rücksicht auf die verwandtschaftlichen Verhältnisse, mit Strenge aus ihm einen tüchtigen Landwirten machen.
Für meine liebe Emma [Anm.: Emilie „Emma“ Keil v. Bündten] gab er mir einen langen Kuss.
Sehr schwer fällt es ihm, von seiner lieben, guten Mama zu scheiden, der er dieses große Herzleid antun müsse, und ich soll ihm versprechen, sie von seinem Krankenzimmer fernzuhalten, damit sie ihn weder leiden noch sterben sehe – denn lange werde es gewiss nicht mehr mit ihm andauern.
An jeden Herrn in der Kanzlei und jeden Arbeiter in der Fabrik trug er einen speziellen Gruß auf.
Die Mitteilungen machte er, mein teurer Schwager Gustav, im Laufe des Dienstag, den 22ten und Mittwoch, den 23. Mai.
Eduard Keil
An Julius soll ich das Gewehr absenden, welches er von seiner Mama erhalten und ihm Cecilio ganz dort lassen.
Alle Transkriptionen Ulrike Reininghaus.
Dr. Paul und Maria von Reininghaus
/in Reininghaus/Linie 5 /von Beate HemmerleinMaria von Reininghaus, geborene Eisl* (*Graz 11.8.1860 / † St. Radegund 23.9.1945), die junge Witwe von Gustav I., heiratete am 22.8.1888 in Schloss Rabenstein in zweiter Ehe Dr. Paul Reininghaus. (*Graz 20.4.1859 / † Gainfarn 18.10.1920), den zweiten Sohn von Julius und Emilie Reininghaus und Cousin ihres Mannes. Sie brachte die Kinder Emy und Gusti mit in die Ehe, es folgten die gemeinsamen Kinder Werner, Margit und Harald Reininghaus.
Gustav II. und Ilse von Reininghaus
/in Reininghaus/Linie 1 /von Ulrike ReininghausGustav II. (* Graz 1.7.1883 / † München 18.12.1930) war das zweite Kind und der einzige Sohn von Maria und Gustav I. von Reininghaus. Der leidenschaftliche Reiter ließ sich vor seinem Studium der Landwirtschaft noch bei den „Einjährig-Freiwilligen“ des Dragonerregiments Graf Montecuccoli Nr. 8 ausbilden und wurde Leutnant der Reserve, nicht zum allergrößten Gefallen seiner Großmama Therese. Er heiratete am 20.4.1907 in Graz Ilse Engelmann1 (* Pola, Istrien 25.9.1887 / † Fürstenfeldbruck 29.10.1991) und lebte mit ihr auf seinem Landsitz in Mauern bei München.
1 In notariellen Schriftstücken und umfangreicher Korrespondenz ist dokumentiert, dass der leibliche Vater von Ilse Engelmann der Korvettenkapitän Emerich Ritter von Leitgeb (* Triest, 1.09.1856 / † München 12.05.1915) war. Tochter Ilse kam während der ersten Ehe ihrer Mutter Thora mit dem 20 Jahre älteren Linienschiffskapitän Moriz Engelmann auf die Welt, stammte jedoch aus deren Beziehung mit ihrem späteren Ehemann Emerich von Leitgeb, einem Bruder des österreichischen Schriftstellers Otto von Leitgeb. Moriz Engelmann, der lange Jahre an Tuberkulose litt und 1897 starb, hatte zuvor nicht in die von Ilses Mutter gewünschte Scheidung eingewilligt.
In Mauern wuchsen auch ihre sechs Kinder heran: Gerda, Elisabeth, Renate, Dietrich, Aglaya und Rüdiger. Dass hiervon Fotografien erhalten sind, ist Gustav II. zu verdanken. Schon früh dokumentierte er als einer der wenigen damals anzutreffenden Kamerabesitzer seine Familie fotografisch – ebenso wie seine Pferde, Jagdgesellschaften und Landwirtschaftsflächen. Im Jahr 2004 stellte man ihn im Bauernhofmuseum Jexhof nahe bei Mauern sogar als einen von fünf Fotografen in der Sonderausstellung Alles im Kasten – Frühe Amateurfotografen im Brucker Land (1900 – 1950) vor. Auf vielen Fotos ist der Stolz und die Liebe für seine Frau Ilse und ihre sechs gemeinsamen Kinder sichtbar, deren Wohlergehen ihm über alles ging. Tragischer Weise blieb ihm nicht genügend Zeit für sie, denn Gustav II. sollte nur 15 Jahre älter werden als sein Vater.
Die „schreckliche agrarpolitische Situation“ (Weltwirtschaftskrise), wie er am 9. Dezember 1930 aus Mauern in einem Brief an seinen langjährigen Jagdfreund Julius Hess, Professor für Malerei an der Akademie der Bildenden Künste München, schrieb, musste ihm nicht nur finanziell, sondern auch gesundheitlich furchtbar zugesetzt haben. Monatelang habe er „wortlose Schmerzen ausgehalten“, die er „immer noch überwinden“ müsse. Beim Durchleuchten in München sei aber nun ein „sehr günstiges Resultat“ herausgekommen, das Gröbste sei überstanden. Gustav setzte denselben Brief am 17. Dezember fort, inzwischen aus einer Privatklinik in München-Schwabing, in die ihn „der Arzt nach abermaligen Rückfällen gebracht“ hätte. Dort habe man „Gallensteine festgestellt, die scheinbar im Augenblick die Hauptursache der Krämpfe waren“. Er würde nun sehr energisch mit allen möglichen Mitteln behandelt und der Arzt hoffe, „dass sich’s vielleicht doch ohne Operation reparieren lässt“. Optimistisch hoffte er selbst, am „Dienstag, den 23. heimfahren zu können“, und bat den Freund noch, ihn doch zu besuchen, er würde sich herzlich freuen und sei auch „telephonisch zu erreichen“. Er schloss den Brief mit: „Ergeb. Handkuss Deiner gnädigen Frau. Herzliche Grüsse, Dein Reininghaus“. Dies sollten die letzten Zeilen gewesen sein, die er schrieb. Gustav II. v. Reininghaus starb einen Tag später, am 18. Dezember 1930, mit nur 47 Jahren. Für seine Frau und seine Kinder, die ihn zum Weihnachtsfest in Mauern zurückerwartet hatten, musste die Nachricht von seinem überraschenden Tod genauso schockierend und unfassbar gewesen sein wie für seine Verwandten in Österreich und alle Freunde und Bekannten. War doch jeder davon ausgegangen, er habe in München nur seine Gallensteine auskurieren wollen. Professor Dr. Maximilian Borst, Geheimrat und führender Pathologe in München, gab in der einen Tag später durchgeführten Obduktion die Todesursache mit einem „akuten Versagen des Herzmuskels“ an, ausgelöst durch eine „Atherosklerose der Aorta und der Kranzarterien des Herzens“ – Gallensteine fand er keine. Das durch seinen überraschenden Tod vereinzelt aufkommende Gerücht, Gustav II. habe sich aufgrund seiner beruflichen Sorgen möglicherweise das Leben genommen, wurde damit eindeutig widerlegt. Außerdem erhielt seine Frau Ilse durch die Diagnose die traurige Gewissheit, dass man den Tod des geliebten Ehemannes trotz der Fehldiagnose nicht hätte verhindern können. Seine Familie erhielt die Erlaubnis, Gustav II. v. Reininghaus in der Gruft der mittelalterlichen St.-Georgs-Kapelle in Mauern beisetzen zu lassen – seine Grabplatte schmückt das Reininghaus-Familienwappen und ist bis heute unverändert. Ilse ließ die gemeinsamen Eheringe zu einem goldenen Kreuz umarbeiten, das sie bis zu ihrem Tod 61 Jahre später um den Hals trug.
Briefe an Gustav II. von Reininghaus
/in Reininghaus/Linie 1 /von Beate HemmerleinDie Briefe an Gustav II. von Reininghaus, der schon vor seiner Geburt seinen Vater verloren hatte, sind sowohl von liebevoller Zuneigung als auch gleichzeitig wachsamer Besorgnis gekennzeichnet. Geschrieben rund um das Ableben seines Großvaters, spiegeln sie auch die große Trauer wider, in der dieser schmerzliche Verlust die Familie zurückgelassen hat. Johann Peter und Therese, Onkel Moritz Piffl und Stiefvater Paul Reininghaus 1899 – 1902.
Johann Peter von Reininghaus an Enkel Gustav II., 7.9.1899
Metahof, am 7. Sept. 1899
Lieber Gustav!
Deine lieben Brief vom 4ten empfing ich erst vorgestern. Er macht mir große Freude. Besonders freut es mich, dass es dir in deinen neuen Verhältnissen gefällt, und du mit allem zufrieden bist. Auch ist dein Brief in Schrift und Stil gut geschrieben, doch darfst du dabei nicht stehen bleiben, sondern musst dich immer noch zu verbessern trachten. Mein Befinden will sich noch immer nicht bessern. An meinem Geb. Tage ging es mir insbesondere nicht gut. Ich konnte mein Zimmer nicht verlassen und musste meistens zu Bett bleiben. Seit gestern regnet es ununterbrochen. Unser liebes Braut- oder vielmehr junges Ehepaar schreibt glückliche Briefe und befindet sich augenblicklich in Venedig. Wann ich mit der teuren Großmama nach Abazzia fahren werde, darüber verlautet noch nichts. Mit dem Schreiben geht es mir noch immer schlecht und so entschuldigst du wohl, wenn ich schließe.
Bleibe immer brav und gesund
Dein dich liebender Großpapa
Moriz Piffl an Gustav II. von Reininghaus nach dem Tod seines Großvaters Johann Peter, 15.5.1901
Metahof, 15. Mai 1901
Lieber Gusti!
Es ist mir ein Bedürfnis, bevor ich von hier nach Meran abreise, diese Zeilen an dich zu richten, um dir zu sagen, wie die ganze Bevölkerung von Graz vom Statthalter und Bürgermeister an bis zum letzten Arbeiter an unserem tiefen Schmerz um den unersetzlichen Verlust des teuren Großpapas teilgenommen hat. Unser ganzer Zug vom Metahof bis zum Friedhofe ging durch ein Spalier, das sich 6–8 Mann hoch zu beiden Seiten aufgebaut hatte. 146 Kränze waren auf dem Sarge des Verblichenen niedergelegt worden. Tante Luise Anm.: Ludovika Antonie, geb. v. Reininghaus, welche unwohl geworden war, hatte ich mit Grete Anm.: Margarete, 3. Kind in Meran zurücklassen müssen. Die liebe Großmama fand ich mutig und aufrecht – und selbst Tante Emma Anm.: Emilie Keil v. Bündten, geb. v. Reininghaus verstand es, ihre Kraft zusammenzunehmen und auszuharren. Der unvergessliche Großpapa hatte sein ganzes langes Leben der Arbeit gewidmet, und ist dabei ein Mann von seltener Einfachheit und Anspruchslosigkeit geblieben, dessen größte Freude darin bestand, die Seinigen glücklich und zufrieden zu wissen. Arbeit, spartanische Bedürfnislosigkeit und Familiensinn, in diese drei Worte möchte ich schlicht und ungeziert das teure Leben des Verklärten zusammenfassen. So soll es als ein Vorbild leuchtend fortan in unserer heiligen Erinnerung eingeprägt bleiben. Sei freudig-stolz, lieber Gusti, auf den Namen, den du trägst, und mache es dir zur eigenen Lebensaufgabe, dem bereits vorhandenen Ehrenkranze neue Blätter einzufügen.
Sei herzlichst geküsst und gegrüßt
vom Onkel Moriz
Die höflichsten Empfehlungen von Frau Dr. Grassberger und Herrn Prof. Ehrez.
Therese von Reininghaus an Enkel Gustav II., 12.6.1901
12.6. Anm.: 1901
Mein lieber Gusti!
Ich bin seit 14 Tagen in Sarnegg, mich in ländlicher Ruhe und liebevoller Pflege von Tante Elsa und O. Edmund zu erholen und zu kräftigen, was inzwischen auch gelungen ist, fern von den Räumen, die auf jedem Schritte die schmerzliche Bangigkeit nach dem teuren Großpapa wachrufen. Unter den vielen Sorgen, die mich auch sonst beschweren, steht die größte um deine Studien, deren Erfolg im laufenden Jahre, so ernste Entscheidung für deine Zukunft bringt. Wirst du aufsteigen und die Realstudien fertig absolvieren können oder wenn nicht, wirst möglich in eine Militärschule gehen, dich für Freiwilligenprüfung vorzubereiten?
Das wären 2–3 verlorene Jahre für dich, lieber Gusti, die uns allen schwer auf’s Herz fallen würden – doch ertragen werden müssten, deine weitere Zukunft sicher zu stellen. Ich erwarte täglich Bericht darüber von dir und Onkel Moriz, bisher vergebens, obschon die Zeit der Prüfungen nahe ist. Ich hoffe noch immer, dass du rechtzeitig dich gesammelt und verbessert hast, vielleicht eine Nachprüfung in den schwachen Gegenständen gestattet sein wird? Schreibe mir nur einige Worte darüber, wie sich alles verhält.
Graz Metahof.
Spanne nun deine Willenskraft an, vermeide jede Zerstreuung, unternimm einfache Spaziergange, dein Monatsgeld, das du jetzt nicht nötig hast, bekommst du zu Ferien, wenn solche möglich werden, auf einmal, ich halte mir das Bessere vor Augen!
Gott behüte dich, herzlich küsst dich,
Deine Großmama
Paul Reininghaus an seinen Stiefsohn Gustav II., 19.2.1902
Zürich 19.2.1902
Mein lieber Sohn!
Nun habe ich mich einmal dir gegenüber gründlich ausgeschwiegen. Aber dadurch wirst du doch nicht auf ungeschickte Gedanken geraten sein! Mir kommt vor, es gäbe zwischen elterlichem und kindlichem Empfinden eine ganz besondere Wirkung in der Form, welche im Unterschied zu anderen menschlichen Beziehungen, keines am anderen irr werden lässt trotz Trennung, Stillschweigen oder sonstigen Proben, die hin und wieder eine unfreundliche Schicksalsfügung verhängen mag. Und so musstest du wohl herausfühlen, wie ich seit deinem letzten Abschied im Geist stets wieder bei dir war und wie freudig-bewegt ich war über deine Prüfungserfolge. Aber endlich – nach vielen Abhaltungen vom Briefschreiben will ich’s dir auch ausdrücklich sagen, dass du mir vielen Anlass zu Lob und Anerkennung gegeben hast schon seit Beginn vorigen Sommers in Studiensachen, durch deine persönliche Haltung zu jenem beginnenden Wandel in deinen Empfindungen, die für eine wertige und glückliche Lebensführung von größter Wichtigkeit sind. Dein Brief nach der Prüfung hat mir wieder Zuversicht für eine gute Weiter-Entwicklung gegeben u. er hat auch meine ständigen Sorgen darüber vermindert, dass du dereinst den tückischen Versuchungen des Reichtums-Bewusstseins unterliegen würdest, wozu ja in deinem bisherigen jungen Leben gewisse Ansätze leider schon bemerkbar waren. Jene Sorge um den noch ungetreuen Sohn beschäftigte auch sehr deinen seeligen Vater. Er hinterließ brieflich einen ernsten Gegenstand betreffenden Wunsch, der freilich in praxi nicht realisierbar war, es sei denn ich hätte das Mittel gewählt, dich noch im jugendlichsten Alter ganz u. gar auf den Bereich der Familie in der Fremde unterzubringen, was aber weder ich noch am wenigsten dein liebevoller Vater selbst vermocht hätte. Aber jetzt scheint es mir, du würdest aus eigener Kraft den Kampf gegen das Übel falscher, wie materieller Lebenserwartungen siegreich bestehen u. das wäre freilich ungleich besser, als dem Kampf ausgewichen zu sein oder ihn hinausgeschoben zu haben. Du bist daran, den Wert der Arbeit als der reinsten Quelle unserer Befriedigung u. als der Quelle der Selbstachtung richtig zu erkennen u. bahnst du dir damit den Weg zum Glücke im Geiste deines Vaters und aller jener, die ihn dir in Stande zu versetzen von ganzem Herzen bemüht sind. Wie lieb erst nur, doch auch im Gespräch mit Werner u. Margit Anm.: Stiefgeschwister von Gustav II. dich endlich als gutes Beispiel hinstellen zu können – nach einer Epoche langen Schweigens.
Sei innigst gegrüßt u. umarmt
von deinem Papa
P. S. Du weißt doch noch, dass ich meine Briefe nicht herumgezeigt haben möchte.
Alle Transkriptionen Ulrike Reininghaus.
Mauern – Familiensitz von Gustav II. von Reininghaus
/in Reininghaus/Linie 1 /von Ulrike ReininghausEs ist nicht bekannt, ob Gustav Dietrich August Johann Peter v. Reininghaus, Enkel von Johann Peter und Therese von Reininghaus, den testamentarisch niedergelegten letzten Wunsch seines Vaters Gustav I. von Reininghaus erfüllte oder ob er unter dem Einfluss seiner Mutter Maria oder seiner Großeltern handelte. Jedenfalls siedelte er im Jahr 1907 nach Deutschland um und wurde – seinem Studium an der Landwirtschaftlichen Akademie in Baden-Württemberg folgend – Landwirt. Der 23-jährige Gustav II. – zu dieser Zeit schon mit der 19-jährigen k. und k. Linienschiffskapitänstochter Ilse Engelmann verlobt – erwarb zum Zwecke des Umzugs von dem Münchner Brauereidirektor Karl Stahl im Jahr 1906 das westlich von München, sehr ländlich gelegene Gut Mauern im gleichnamigen Dorf. Das Wohnhaus ließ er, sehr wahrscheinlich mit der Familienplanung im Hinterkopf, umbauen, um dort im Mai 1907 gleich nach der langersehnten Hochzeit in Graz mit seiner Ilse einziehen zu können. Seine österreichische Staatsbürgerschaft behielt er trotzdem zeitlebens weiter. Auch die Verwandten aus Österreich kamen gerne zu Besuch nach Bayern, darunter Therese v. Reininghaus, Georg II. und Emy Mautner v. Markhof mit Marceline und Georg III. „Buwa“, Theodor I. und Martha Mautner v. Markhof, Ludwig Mautner v. Markhof, Johann Dietrich „Hans“ und Virginia „Gina“ v. Reininghaus, Hermann und Friederike „Frieda“ v. Künigl zu Ehrenburg und Warth, Reinhold und Maria Eisl, Hugo, Wilhelm „Kiki“ und Eberhard „Hardy“ v. Reininghaus, Paul und Maria Reininghaus mit Werner, Margit und Harald, Adele „Deli“ v. Hebra mit Ferdinand und Wilhelm „Willi“, Ludovika „Louise“ Urbansky v. Ostrymiecz sowie Elisabeth „Elsa“ und Edmund v. Cnobloch. Alle verbrachten im damals wie heute beliebten Ausflugsgebiet in der Nähe von Wörth- und Ammersee kleine Kurzurlaube.
Alle nahmen gelegentlich auch an Gustavs Jagdgesellschaften teil, wie Schwester Emy und die Vettern Peter I. v. Reininghaus und Philipp v. Künigl zu Ehrenburg und Warth. Schließlich hing am Gut Mauern auch eine stattliche Jagd, die er in den darauffolgenden Jahren stetig erweiterte. Zu seinen engen Jagdfreunden gehörten u. a. die Privatwald- und Gutsbesitzer Franz Freiherr von Perfall mit Familie sowie Karl Theodor Graf zu Toerring-Jettenbach. Selbst während des Ersten Weltkriegs, für den Gustav II. als Oberleutnant mit seinem damaligen k. und k. Dragoner-Regiment Kaiser Ferdinand Nr. 4 für Österreich mehrfach an die Front zitiert wurde, fanden kleinere Kriegsjagden statt. Zahlreiche Einträge im waidmännischen und familiären Gästebuch lassen darauf schließen, dass in Mauern nicht nur gerne gemeinsam gejagt, sondern auch entsprechend gefeiert wurde. Und auch über die Jagd hinaus pflegte Gustav II. regelmäßig seine Schießleidenschaft, war er doch Gründungsmitglied und Vorsitzender des Mauerner Schützenvereins Die Hölzlberger, dessen Zweck in der Satzung mit der „Unterhaltung durch Scheibenschießen und Veranstaltung sonstiger geselliger Vergnügungen“ beschrieben wurde.
Mit dem in Wien geborenen und in München lebenden Jagdmaler und Illustrator Rolf Winkler und dem in der damals nächstgelegenen Stadt Bruck (heute Fürstenfeldbruck) wohnenden Tier- und Landschaftsmaler Johann Daniel Holz verband Gustav II. neben ihrem gemeinsamen Jagdhobby auch eine enge Freundschaft, sodass er Holz sogar die Patenschaft für seinen ersten Sohn Dietrich „Dieter“ übertrug. Doch auch Gustav II. hatte künstlerisches Talent, wie seine kleinen Tierskizzen zeigen. Rolf Winkler wiederum zeichnete für die Familie mit feiner Tuschefeder das stattliche Gut Mauern, von dem seit 1991 nur noch das abgetrennte Wohnhaus übrigblieb. Bereits im Jahr 1954 zerstörte der Brand der Remise die ursprüngliche Silhouette des charakteristischen Doppelkrüppelwalmdachs, welches daraufhin nicht mehr rekonstruiert wurde. Winklers Zeichnung des gesamten Gutes diente früher als Druckvorlage für das Briefpapier von Gustav und Ilse v. Reininghaus. Außerdem zeichnete er auch das Reininghaus-Wappen detailgetreu in ihr Gästebuch und verfasste zu seinen Karikaturen oft lustig-ironische Gedichte. Die Landschaft mit den Tieren in und um Mauern bildeten für ihn und Johann D. Holz häufig die Motive für ihre Werke, wobei sie auch die Dragonervergangenheit ihres aus Graz/Steinfeld stammenden Freundes auf mehreren Grußkarten an ihn einbezogen.
Gustav II. beschäftigte sich nicht nur intensiv mit dem Ackerbau und der Getreidezucht, er wurde auch regelmäßig für die Nutzung innovativer technischer Errungenschaften in seiner Landwirtschaft gerühmt. Dies führte dazu, dass verschiedene „höhere Söhne“ in Mauern ihr Praktikum ableisteten.
Durch seine Leidenschaft für Pferde und das Spring- und Dressurreiten konnte er als Pferdezüchter auch eine willkommene Verbindung zwischen Hobby und Beruf herstellen. Einem der Lieblingspferde des ehemaligen Dragonerleutnants wurde vom „Reichsverband für Zucht und Prüfung deutschen Halbbluts“ die Aufnahme in das Verzeichnis für Turnierpferde bescheinigt. Die Familie veranstaltete gerne mal Ritterfeste hoch zu Ross und die Verwandten aus Österreich wurden standesgemäß im viersitzigen Schlitten inklusive Schellengeläut durch Mauern und Umgebung „kutschiert“. Und auch für die schneefreien Zeiten standen in der Mauerner Kutschenremise genügend Modelle für Ausfahrten und die Jagd zur Auswahl.
Vor dem Hintergrund der allgemeinen Wirtschaftskrise hatte sich ab Mitte der 20er Jahre die Lage der bayerischen Landwirtschaft jedoch fortschreitend verschlechtert, was auch Mauern zu spüren bekam. Große Treibjagden fanden ab 1928 nicht mehr statt. Gustav II. versuchte, den Betrieb so gut wie möglich aufrechtzuerhalten und engagierte sich mit Reden („Bauernnot!“– auf dem Bauerntage 1928 in Fürstenfeldbruck) und 1929 mit Radiovorträgen für die Stellung der Landwirte.
Dietrich von Reininghaus
/in Reininghaus/Linie 1 /von Beate HemmerleinDietrich „Dieter“ Gustav Johann Peter Franz Georg Maria von Reininghaus (*München 9.1.1918 / † München 18.5.1993) war der ältere Sohn von Gustav II. und Ilse von Reininghaus. Nach dem 2. Weltkrieg arbeitete er im landwirtschaftlichen Familienbetrieb Mauern, den er 1955, nach seiner Heirat mit Hildegard Schütz (*Teisendorf 27.10.1926 / † Fürstenfeldbruck 9.11.2019) übernahm. Die Söhne Hubertus und Albrecht kamen 1956 und 1959 zur Welt. Zunächst führte er gemeinsam mit seiner Mutter das von ihr gegründete Unternehmen „Saatzucht von Reininghaus“, später machte er sich mit einem Mischfutterbetrieb selbstständig. 1957 erwarb er zu seiner österreichischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Seine Freizeit verbrachte er am liebsten in den Bergen und unternahm ab Mitte der 1970er Jahre regelmäßig ausgedehnte Touren durch die Sahara.
Johann Dietrich „Hans“ von Reininghaus
/in Reininghaus/Linie 1 /von Beate HemmerleinJohann Dietrich „Hans“ (* Graz 15.4.1867 / † Graz 15.12.1959) war das siebente Kind und der dritte und jüngste Sohn von Johann Peter und Therese von Reininghaus. Obwohl vielseitig begabt, blieb er zunächst einige Jahre als Prokurist im Familienunternehmen. Dann wählte er jedoch einen anderen Weg, betätigte sich in der Landwirtschaft und bewies seine technische Begabung u. a. in Bauten und Erfindungen. 1907 übernahm er die Leitung der Portorose-Aktiengesellschaft und errichtete im gleichnamigen Ort um 2.257.100 Kronen das legendäre Palace Hotel.
Er war dreimal verheiratet und seiner ersten Ehe mit Virginia „Gina“ Agujari entsprangen die 6 Kinder Peter, Theresia, Johanna, Emma, Friedrich und Kurt. Ihre Ehe wurde 1915 geschieden und Gina heiratete ihrerseits in zweiter Ehe Feldmarschall Graf Conrad von Hötzendorf. Seine beiden weiteren Ehen mit Louise van den Haende und Mag. Elisabeth Seidl blieben kinderlos.
Mit Peter Rosegger verband ihn eine tiefe Freundschaft, das Buch „Briefe von 1888 bis 1917“ gibt interessante Einblicke in sein Leben.
Carl Konrad / Carl Julius Reininghaus
/in Reininghaus/Linie 5 /von Beate HemmerleinCarl Konrad Reininghaus (* Graz 10.2.1857 / † Wien 29.10.1929), ältester Sohn von Julius und Emilie nannte sich selbst Carl Julius und war schlicht unter den Initialen CJ bekannt. So bestand auch das Firmenlogo seiner Farbenfabrik („um die Welt mit Farben zu verschönern“) aus einem hübschen CJR. Er war Kunstmäzen und zählte zu den wichtigsten Sammlern der österreichischen Moderne und einer der engagiertesten Förderer von Egon Schiele. Er war es auch, der dem jungen Künstler nach dessen Verhaftung wegen angeblich versuchter Entführung einer Minderjährigen im April 1912 einen Strafverteidiger und finanzielle Mittel zur Verfügung stellte. CJ lud seinen psychisch schwer angeschlagenen Schützling mehrmals in sein Ferienhaus „Kleinau“ an der Rax ein und blieb ihm bis zu dessen Tode 1918 freundschaftlich verbunden. Auch zählte er zum engsten Freundeskreis Gustav Klimts, dessen berühmtes Werk „Beethovenfries“ er durch Ankauf vor der Zerstörung bewahrte. Er pendelte zwischen der Wiener Sezession und der Pariser Kunstszene und seine Nachlassakten lassen erkennen, dass sich bedeutende Exemplare der gesamten Kunstgeschichte (u. a. van Goghs „Die Trinker“ und „Das Bett“, Objekte aus Afrika und Ostasien) sich in seinem Besitz befunden hatten. So war er als „bunter Vogel“ des Familienzweigs auch zwei Mal verheiratet. Der ersten Ehe mit Zoe Karajan entsprangen fünf Kinder. Eine weitere Lebensgefährtin, Maria Schneider, schenkte ihm zwei vorerst uneheliche, die später vom Vater adoptiert und zu seinen Haupterben bestimmt wurden. Seine letzte Ehe mit der um 40 Jahre jüngeren Frederike „Fritzi“ Knepper blieb kinderlos.
Mehr Infos zu Carl Konrad/Julius finden sich in den Beiträgen zur Familienchronik von Gerty Faschingbauer-Phillipovich.
Franz Conrad von Hötzendorf und Gina von Reininghaus
/in Reininghaus/Linie 1 /von Beate HemmerleinVirginia „Gina“ Laura Antonia Agujari (* Triest 27.2.1879 / † Semmering 24.11.1961) wurde als Tochter des italienischen Porträtmalers Tito Agujari geboren und heiratete am 21. Jänner 1896 in Hardt bei Graz, im Alter von 16 Jahren, Johann Dietrich „Hans“ von Reininghaus. Bereits neun Monate danach gebar sie ihren ersten Sohn Peter, der ab 1920 die Geschicke der Brauerei für fünf Jahrzehnte lenken sollte. Mit 20 Jahren war sie dreifache Mutter, bis 1906 folgten drei weitere Kinder. Im Winter 1902/1903 übersiedelte das Paar von Graz nach Wien, wo sie als „geistreiche, liebenswürdige Frau“ in kürzester Zeit ein beliebtes Mitglied der Gesellschaft wurde.
»Gina war 28 Jahre jung, bildhübsch, Mutter von sechs Kindern und die Gattin des Großunternehmers Hans von Reininghaus. Franz Conrad von Hötzendorf war 55 Jahre alt und verwitwet, als sich die beiden im Jänner 1907 anlässlich einer Abendgesellschaft im Haus des Baron Kalchberg in Wien trafen. Kalchberg hatte als ehemaliger Präsident des Österreichischen Lloyds auch einen kleinen Triestiner Kreis geladen. Dazu gehörten sowohl die geborene Triestinerin Gina Agujari, verheiratete Frau von Reininghaus, ihr Mann Hans und Franz Conrad von Hötzendorf, ehemals Brigadekommandant von Triest und seit wenigen Wochen Chef des Generalstabes. »Diese Frau wird mein Schicksal«, soll er am Nachhauseweg über Gina gesagt haben. Was an diesem Abend als launiger Ausspruch des mächtigen Generals durchging, sollte sich bald bewahrheiten. Zwei Monate später besuchte Conrad seine Angebetete in ihrer Wiener Wohnung in der Operngasse 8 und machte ihr einen Heiratsantrag. Sieben gute Gründe sprächen gegen die Annahme des Antrags, antwortete Gina: sechs Kinder und ein Ehemann. Als alter Soldat ließ er nicht locker und versuchte weiter, Ginas Herz zu erobern. Vermutlich nach einem Jahr gab Gina dem Werben nach. Franz Conrad von Hötzendorf war ein Ehrenmann. Er wollte keine Geliebte, sondern eine Ehefrau. Den Krieg galt es zu gewinnen, nicht einzelne Schlachten. Weiterkämpfen war die Devise. Er führte dabei auch einen schweren Kampf mit sich selbst. In über dreitausend Briefen, die er von 1907 bis 1915 schrieb, aber nicht abschickte, sondern in einem Tagebuch der Leiden sammelte, phantasierte er über Liebesglück und Liebesleid. Selbst Conrads Gönner, Thronfolger Franz Ferdinand, hatte im Jahr 1908 offenbar das Gefühl, dass sein General nicht ganz bei der Sache war. Im Oktober schrieb Franz Ferdinand an seinen Flügeladjudanten Alexander von Brosch: Bitte bändigen Sie mir nur den unglücklichen Conrad, der zum Schluss noch eine Mordsschlamastik arrangieren wird u. sich mit allen Leuten verzanken wird. Er soll doch dieses ewige Kriegsgehetze aufgeben. …. Bis heute sehen Militärhistoriker Conrads Amour fou kritisch. …. Die Beziehung mit Gina unterhielt er weiter. Hans von Reininghaus duldete die Ménage-à-trois. Erst als Conrad im Jahr 1915 seine Geliebte ein paar Tage ins Armeehauptquartier nach Teschen nachkommen ließ, war es dem Ehemann zu viel. Er verlangte die Scheidung. Die Hochzeit der frisch geschiedenen Frau von Reininghaus mit Conrad von Hötzendorf konnte erst nach einigen Winkelzügen stattfinden. Um heiraten zu können, musste Gina ungarische Staatsbürgerin und Protestantin werden, was in Wien für weiteren Unmut sorgte. Die spätere Kaiserin Zita soll stets wiederholt haben, keine Gräfin Conrad von Hötzendorf zu kennen, sondern nur eine Frau von Reininghaus.
Conrad von Hötzendorf war kein langes Glück mit Gina beschieden. Er starb nach zehnjähriger Ehe im Alter von 73 Jahren. Erst nach seinem Tod fand Gina im Nachlass ihres Ehemannes die besagten dreitausend Briefe sowie einen Abschiedsbrief mit folgenden Worten: » (…) Ich will Dich – auch wenn ich nicht mehr bin – glücklich wissen! Alles, was Du zu Deinem Glück zu tun vermagst, hat meinen Segen! Du hast ja gewusst, wie lieb ich Dich habe – aber das ganze Maß meiner Liebe hast Du vielleicht doch nicht erahnt – dazu hättest Du mich in den stillen, einsamen Stunden belauschen müssen, in denen ich sehnsuchtsvoll Deiner gedachte. So ist meine Liebe zu Dir von Stunde zu Stunde tiefer und inniger geworden. Deine Nähe war mir Seligkeit!«. Gina überlebte ihren Mann um dreieinhalb Jahrzehnte, sie wurde 82 Jahre alt und hat nicht wieder geheiratet. In den Dreißigerjahren verfasste sie ihre Memoiren.« …. Auszüge aus Wiedersehen im Küstenland, Episode „Zurück in eine glänzende Zukunft“
Gina hatte Franz Conrad von Hötzendorf im Mai 1907 gegenüber eingeräumt, dass sie ihren Mann nicht mehr liebe und mit Ende 1908 waren die beiden eine Liebesbeziehung eingegangen. Da Hans von Reininghaus sich selbst Freiheiten in der Ehe eingeräumt hatte und auch die Möglichkeit sah, persönliche gesellschaftliche Vorteile aus dem Verhältnis zu ziehen, duldete er dies. Mit Kriegsbeginn jedoch hatte sich das gesellschaftliche Leben in Wien verändert, wodurch Hans von Reininghaus nicht mehr im selben Ausmaß von der Beziehung seiner Frau profitierte. Und als nach Ginas Besuch in Conrads Hauptquartier der Klatsch weiter zunahm, verlangte er 1915 die Scheidung. Die gemeinsamen Kinder, die sich um das Glück ihrer Mutter sorgten, waren damit einverstanden.
Die Verbindung der verheirateten Frau von Reininghaus mit dem Generalstabschef stieß zur damaligen Zeit in weiten Kreisen auf Kritik und auch zeitgenössische Historiker schätzen ihren Einfluss auf sein Tun und Handeln im Ersten Weltkrieg als sehr groß ein. Die Bedeutung dieser Beziehung kann man nicht hoch genug veranschlagen; sie stand in den Jahren von 1907 bis zum Kriegsausbruch im Zentrum seines Lebens und verdrängte alle anderen Sorgen, selbst die militärischen und politischen Fragen, die auf seinen Schreibtisch gelangten. Er habe die Beziehung selbst im Juli 1914 mit „derart großer Beharrlichkeit gepflegt“, dass er „nur mit halbem Herzen“ bei der Sache gewesen sein konnte.
Als Gina Conrad von Hötzendorf 1935 in ihrer Autobiographie Mein Leben mit Conrad von Hötzendorf – sein geistiges Vermächtnis auch sehr private Aufzeichnungen von Conrad veröffentlichte, wurde dies von Zeitgenossen als „geradezu peinlich“ kritisiert. Da sie auch seine Meinung über wenig erfreuliche Verhältnisse in der österreichischen Heeres- und Staatsleitung wiedergab, war das Buch in Österreich verboten. In Folge wurde sogar das „Traditionsschutzgesetz“ erlassen.
Gina wurde auf dem Hietzinger Friedhof in Wien im historischen Ehrengrab ihres zweiten Ehemannes Franz Graf Conrad von Hötzendorf beigesetzt.
An den S. H. Herrn K. und K. Leutnant a. D. Gustav v. Reininghaus d. Z. Prag Korps Kommando
Absender: Hans v. Reininghaus Schl. Hardt bei Graz
Danke für d. Karte. Sehe alles ein, nur „nervös“ lasse ich unberufen nicht gelten. –Leider sind wir um Hardy (Anm.: Eberhard „Hardy“ v. Reininghaus, Sohn von Bruder Hugo) in großer Sorge – seit 18. v. D. „vermisst“ – angeblich in serbischer Kriegsgefangenschaft. Großmama weiß nichts! Lass von dir öfter was hören. 1000 Küsse v. Tante Gina, Kindern u. d. O. Hans
Lieber Gusti!
Besser spät als nie! Verzeihe, dass ich Dir heute erst für die so lieben Geburtstagswünsche danke, aber unsere Übersiedlung nach Wien, mit allem was darum und daran hing, trägt Schuld daran.
Jetzt sind wir endlich so weit, dass man zum Schreiben kommen kann. Vor allem lasse Dich aber auch zur glücklich überstanden(en) Operation beglückwünschen, hoffentlich hast Du auch alle Nachwehen schon hinter Dir.
Noch immer bedauere ich mit Gina, dass es nicht zu unserer Fahrt nach Mauern gekommen ist – jetzt trennt uns leider eine größere Entfernung. Wie schwer ich Tirol verlassen habe, kann ich Dir gar nicht schildern – aber es ist Ginas Wunsch in Wien zu leben, und in meinen Jahren hat man keinen Anspruch mehr auf Sonderwünsche. Die Großstadt ist mir ein Greuel; – sei froh, dass Du am Land lebst.
Sag Ilse meinen wärmsten Dank für ihr Gedenken – und nimm für Dich und all die Deinen meine herzlichsten Grüße entgegen.
Dein getreuer Onkel
Franz Conrad
Alle Transkriptionen Ulrike Reininghaus.