Susanne Engelhart-Spornberger – die Schauspielerin
Susanne (*10.10.1904, † 20.5.1968) wurde als fünftes Kind von Josef und Doris Engelhart und Enkeltochter von Carl Ferdinand Mautner von Markhof in Wien geboren und wuchs am Familiensitz in der Steingasse 11 – 13 auf. Neben ihrem Bruder Michel maturierte „Susi“ als einziges Mädchen der Familie, war hochintelligent und studierte ein paar Semester Chemie. Doch ihr großer Traum war es immer gewesen Schauspielerin zu werden – gegen den Willen ihres Vaters, dessen abschätzender Kommentar dazu lautete: „DU willst Schauspielerin werden? Du gibst doch höchstens eine komische Alte“. Ironischer Weise sollte er recht behalten, denn diese Rolle war ihr in späteren Jahren quasi auf den Leib geschneidert.
Susanne war kein Kind von Traurigkeit, so beschreibt der Filmschauspieler Leon Askin sie in seinen Memoiren als die „große Liebe seines Lebens“. Zweimal verheiratet, ehelichte sie 1932 zuerst in Düsseldorf den Schauspieler und späteren Fernsehkoch Carl Clemens Hahn (Künstlername Clemens Wilmenrod), von dem sie bereits 1933 wieder geschieden wurde. Ihre zweiten Ehe mit Georg Spornberger sollte jedoch von 1942 bis zu ihrem Tode halten. Ihr entsprang auch Tochter Beatrice, welche sie bezeichnender Weise nach ihrer Lieblingsrolle, der Beatrice in Shakespears „Viel Lärm um nichts“, benannte.
Ihre enorm exaltierte Persönlichkeit charakterisiert sich u. a. in folgenden Begebenheiten: In früheren Jahren mussten bei jedem Grenzübertritt Dokumente unter Angabe des Berufes ausgefüllt werden. Diesen betitelte sie jedes Mal mit Masochistin, was die einfachen Zollbeamten, die den Ausdruck nicht verstanden, immer schwer beeindruckt zurückließ. Auch konnte sie es sich nicht verkneifen ihr Talent im Alltag zur Schau zu stellen. Als sie zur Sprechstunde im Gymnasium Wenzgasse vorgeladen wurde, weil Tochter Beatrice in einem Hauptfach so schlecht abgeschnitten hatte, erwiderte sie der ernsthaft besorgten Lehrerin „Ich verstehe gar nicht, dass sie so schlecht in Mathematik sein soll, wo das Kind doch so schen die Gas anzünden kann.“ Danach wurde „die dümmliche Mutter“ nie wieder zu einer Sprechstunde gebeten.
Susanne war eine exzellente Schauspielerin und hatte u. a. Engagements bei Louise Dumont in Düsseldorf. Trotzdem wurde ihr großes Talent nicht immer nur goutiert. So wurde sie einmal von Gerhard Hauptmann, bei dessem Stück sie mit einer kleinen Rolle besetzt war, nach der Uraufführung scharf kritisiert: „Sie machen viel zu viel aus dieser Rolle. Das ist eine NEBENROLLE!“ Ihre Burgtheaterkarriere wurde leider durch einen anderen Umstand vereitelt. 1945, als das Wiener Wahrzeichen durch Bomben schwer beschädigt war, mussten die Aufführungen an einen anderen Spielort verlegt werden und Raoul Aslan fungierte interimsmäßig als Direktor. Susi bewarb sich bei ihm und begann den schweren Fehler, ihrem Ehemann, den durch und durch preußischen Offizier mit durchdringender Stimme und Monokel im Auge, zu gestatten sie zum Gespräch zu begleiten. Aslan, überzeugter Altösterreicher mit schweren Aversionen gegen das preußische Militär, erteilte ihr daraufhin eine Absage.
Georg Spornberger stieß nicht nur bei Aslan auf Ablehnung. Auch seinem Schwager, Michel Engelhart war er sogar fast verhasst. Abgesehen davon, dass die Ehe seiner Schwester nicht unbedingt immer als glücklich zu bezeichnen war, hatte er während des Krieges in enger Beziehung zu den Wissenschaftlern aus Peenemünde gestanden und das Ausmaß seiner Beteiligung an diversen Kriegsverbrechen war äußerst fragwürdig. Spornberger war, wie sein Vater, Arzt. Dieser hatte während des Boxeraufstandes in China als Regimentsarzt gedient. Dort, um die Jahrhundertwende, in einem ländlichen Dorf, hatte er einem ansässigen Schneider einen seiner Tropenanzüge ausgehändigt, um nach dessen Vorlage weitere Exemplare anfertigen zu lassen. Zu seinem Erstaunen waren die gewünschten Stücke bereits am nächsten Morgen abholbereit. Perfekt genähte Duplikate. So perfekt, dass sich der Flicken, der sich am Original befunden hatte, bei den neuen Anzügen an genau derselben Stelle minutiös eingepasst war. Der einfache chinesische Schneider hatte natürlich keine Ahnung von europäischer Kleidung und den Auftrag pflichtgetreu ausgeführt. Georg Spornberger selbst (1911 – 1990) war auf einem Schloss in Pommern (heute Polen) aufgewachsen. Als deutscher „Herr“ unter rein polnischer Bevölkerung. So erlebte er noch, dass während seiner Kindheit und Jugend von seinem Onkel, dem Schlossherrn, das ius primae noctis praktiziert wurde und er auch Zeuge sonstiger mittelalterlicher Gebräuche der Machtausübung wurde. Als z. B. Arbeiter, nachdem sie gestreikt hatten, am darauffolgenden Tag wieder im Schloss erschienen, verriegelte sein Onkel das Tor des Hofes und ließ sie in Reih und Glied antreten. Alle Arbeiter folgten dem Befehl freiwillig, um der Reihe nach ausgepeitscht zu werden. Sowohl Herr als auch Gesinde vollzogen dieses Ritual ohne mit der Wimper zu zucken. Dies, sein Dienst in der Armee und der Verlust eines Beines an der Ostfront mögen dazu beigetragen haben, dass Spornberger nicht mit der sanftesten Seele gesegnet war. Gepeinigt vom Phantomschmerz griff er öfter zu Alkohol, um diesen zu betäuben. So kam es im Haushalt Engelhart-Spornberger immer wieder zu gewalttätigen Szenen, die mit dem Besuch der Polizei endeten. Aber wie in so vielen Ehen, hatte auch Susanne immer davon abgesehen, tatsächlich Anzeige zu erstatten. Auch wuchs Tochter Beatrice nicht im Elternhaus auf, sondern war in einem Mädchenpensionat nahe ihrer Schule untergebracht.
So tragisch Etappen von Susannes Ehe gewesen sein mögen, umso tragischer war ihr Ableben. In der TV-Produktion Die Moritat vom Räuberhauptmann Johann Georg Grasel war sie 1968 unter der Regie von Otto Anton Eder und weiteren bekannten Schauspielern wie Peter Vogel, Guido Wieland, Gertraud Jesserer, Hanns Obonya, Kurt Sowinetz und Ernst Stankovski mit der Rolle der „Alt’Schindlerin“ besetzt. Auf eine Regieanweisung hin, sollte Peter Vogel ihr mit einem Hammer auf den Schädel schlagen – doch selbstverständlich auf den Kopfpolster daneben zielen. Vogel verfehlte den Polster und traf Susanne mit voller Wucht auf den Schädel. Nach einem markerschütternden Schrei (der fataler Weise nicht gespielt war) wurde sie auch noch rollengemäß mit Fußtritten eine Wendeltreppe hinunter gestoßen. Aus Angst davor, keine Rollen mehr angeboten zu bekommen, hatte sie sich nicht getraut der weiteren Torture zu widersetzen. Die folgenden Tage verbrachte sie zurückgezogen und klagte über körperliche Beschwerden. So schrieb sie u. a. an ihren Bruder Michel „Ich habe so Kopfweh, seit mir der Grasel auf den Schädel gehaut hat.“ Drei Tage nach dem Vorfall war sie tot. Die Obduktion ergab, dass der Schlag eine schwere Gehirnblutung hervorgerufen hatte. Gertraud Jesserer, um ihren Mann zu schützen, drohte Georg Spornberger telefonisch. Doch trotz verzweifelter Bemühungen seitens des Ehemanns, wurde von der Staatsanwaltschaft nie Anklage gegen Peter Vogel erhoben. Es sei erwähnt, dass der Schauspieler ab diesem Zeitpunkt an Depressionen gelitten hatte, und sich 1978 das Leben nahm.
Filmographie Susanne Engelhart
1948 | Arlberg-Express / Wirtschafterin |
1948 | Der prämierte Leberfleck / Klothilde, Braut |
1949 | Das Siegel Gottes / Theres, Ehefrau |
1952 | Abenteuer im Schloss / Frau Professor |
1953 | Franz Schubert – Ein Leben in zwei Sätzen |
1957 | Unter Achtzehn |
1957 | Skandal in Ischl / Julia, Ehefrau |
1958 | Hoch klingt der Radetzkymarsch / Adele, Besitzerin eines Hutsalons |
1960 | Ein gewisses Röcheln – Hitchcocktail für starke Nerven (TV) |
1960 | Meine Nichte tut das nicht |
1961 | Paganini (TV) / Gräfin de Laplace |
1962 | Kaiser Joseph und die Bahnwärterstochter (TV) |
1963 | Zwerg Nase (TV) / Fee Kräuterweis |
1964 | Eine Frau ohne Bedeutung (TV) / Lady Caroline Pontefract |
1965 | Donaug’schichten (TV-Serie, eine Folge) |
1969 | Die Moritat vom Räuberhauptmann Johann Georg Grasel (TV) / Alt´Schindlerin |