Das Testament der Therese von Reininghaus
Therese von Reininghaus, geborene Mautner Markhof, verstarb am 20. März 1926 in Graz.
Therese von Reininghaus, geborene Mautner Markhof, verstarb am 20. März 1926 in Graz.
Hardter Schloss – Familiensitz der Familie Reininghaus.
Willkommen Fremdling oder Freund, tu sorglos bei uns weilen. Und all was Herz und Haus Dir beut recht fröhlich mit uns teilen! Johann Peter von Reininghaus
Das in der weststeirischen Gemeinde Thal befindliche Schloss (umgangssprachlich auch Harterschlössl) wurde Anfang des 17. Jahrhunderts von Bernhard Walther von Walthersweil anstelle des dort zuvor befindlichen, gleichnamigen Bauerndorfes erbaut. Im Jahr 1864 erwarben es Johann Peter und Therese von Reininghaus und bauten die Schlossanlage aus. Ab 1939 ging es in den Besitz des Reichsgaues Steiermark und nach dem Ende des Krieges in den des Landes Steiermark über. Im Jahr 1950 wurde auf dem Schlossgelände ein Schulbau für die Landwirtschaftliche Fachschule Grottenhof in Graz errichtet, welche hier eine Zweigstelle, die Landwirtschaftliche Fachschule Grottenhof-Hardt bis 2019 betrieb. Nach einer kurzfristigen Nutzung durch die Volksschule Thal steht das Schulgebäude leer. Das denkmalgeschützte Schloss Hardt selbst wird von mehreren Firmen als Sitz genutzt.
Das barocke Metahof-Schlössl, das ab 1889 Familiensitz der Familie Reininghaus war, fungierte zugleich als Zentrum des Grazer Kulturlebens (Peter Rosegger, Karl Morré) und blieb bis 1945 in ihrem Besitz. Nach Thereses Tod war es vermietet, so u. a. auch an Familienmitglieder (Urbansky, von Hebra). Auch heute noch zählt es zu den am besten erhaltenen Edelsitzen der Landeshauptstadt.
Die ursprünglichen Bauherren sind unbekannt, doch befand es sich im 16. Jahrhundert auf einem Dominikalgrund der Familie Eggenberg. Ab 1678 waren die Grafen von Saurau seine Eigentümer und Maria Ludwig Graf von Saurau ließ ab 1744 einen Umbau vornehmen, den Joseph Hueber leitete. Der West- und Südtrakt erhielten Zubauten und der Nordtrakt wurde verlängert. Ein Glashaus, eine Orangerie, ein freskierter Gartenpavillon und eine Meierei wurden hinzugefügt. Nach wechselnden Besitzverhältnissen erwarb es 1805 Graf Kottulinksy, der sämtliche Nachbargrundstücke aufkaufte und den damals größten Grazer Privatgarten anlegen ließ. Eine Parzellierung im späten 19. Jahrhundert ließ neue Straßenzüge entstehen. Schwere Bombenangriffe rund um den Grazer Hauptbahnhof zerstörten 1945 den Park und das Gartenportal. Das Schlösschen verfiel in weiterer Folge, bis 1963 der Gartenpavillon und der Verbindungstrakt zum Haupthaus abgetragen wurden. Nachdem es die Stadt Graz 1979 übernommen hatte, wurden es als Bürogebäude adaptiert und an Firmen vermietet. Es befindet sich am Rande des Metahofparks im vierten Grazer Stadtbezirk Lend, Babenbergerstr. 14.
Die Briefe an Gustav II. von Reininghaus, der schon vor seiner Geburt seinen Vater verloren hatte, sind sowohl von liebevoller Zuneigung als auch gleichzeitig wachsamer Besorgnis gekennzeichnet. Geschrieben rund um das Ableben seines Großvaters, spiegeln sie auch die große Trauer wider, in der dieser schmerzliche Verlust die Familie zurückgelassen hat. Johann Peter und Therese, Onkel Moritz Piffl und Stiefvater Paul Reininghaus 1899 – 1902.
Metahof, am 7. Sept. 1899
Lieber Gustav!
Deine lieben Brief vom 4ten empfing ich erst vorgestern. Er macht mir große Freude. Besonders freut es mich, dass es dir in deinen neuen Verhältnissen gefällt, und du mit allem zufrieden bist. Auch ist dein Brief in Schrift und Stil gut geschrieben, doch darfst du dabei nicht stehen bleiben, sondern musst dich immer noch zu verbessern trachten. Mein Befinden will sich noch immer nicht bessern. An meinem Geb. Tage ging es mir insbesondere nicht gut. Ich konnte mein Zimmer nicht verlassen und musste meistens zu Bett bleiben. Seit gestern regnet es ununterbrochen. Unser liebes Braut- oder vielmehr junges Ehepaar schreibt glückliche Briefe und befindet sich augenblicklich in Venedig. Wann ich mit der teuren Großmama nach Abazzia fahren werde, darüber verlautet noch nichts. Mit dem Schreiben geht es mir noch immer schlecht und so entschuldigst du wohl, wenn ich schließe.
Bleibe immer brav und gesund
Dein dich liebender Großpapa
Metahof, 15. Mai 1901
Lieber Gusti!
Es ist mir ein Bedürfnis, bevor ich von hier nach Meran abreise, diese Zeilen an dich zu richten, um dir zu sagen, wie die ganze Bevölkerung von Graz vom Statthalter und Bürgermeister an bis zum letzten Arbeiter an unserem tiefen Schmerz um den unersetzlichen Verlust des teuren Großpapas teilgenommen hat. Unser ganzer Zug vom Metahof bis zum Friedhofe ging durch ein Spalier, das sich 6–8 Mann hoch zu beiden Seiten aufgebaut hatte. 146 Kränze waren auf dem Sarge des Verblichenen niedergelegt worden. Tante Luise Anm.: Ludovika Antonie, geb. v. Reininghaus, welche unwohl geworden war, hatte ich mit Grete Anm.: Margarete, 3. Kind in Meran zurücklassen müssen. Die liebe Großmama fand ich mutig und aufrecht – und selbst Tante Emma Anm.: Emilie Keil v. Bündten, geb. v. Reininghaus verstand es, ihre Kraft zusammenzunehmen und auszuharren. Der unvergessliche Großpapa hatte sein ganzes langes Leben der Arbeit gewidmet, und ist dabei ein Mann von seltener Einfachheit und Anspruchslosigkeit geblieben, dessen größte Freude darin bestand, die Seinigen glücklich und zufrieden zu wissen. Arbeit, spartanische Bedürfnislosigkeit und Familiensinn, in diese drei Worte möchte ich schlicht und ungeziert das teure Leben des Verklärten zusammenfassen. So soll es als ein Vorbild leuchtend fortan in unserer heiligen Erinnerung eingeprägt bleiben. Sei freudig-stolz, lieber Gusti, auf den Namen, den du trägst, und mache es dir zur eigenen Lebensaufgabe, dem bereits vorhandenen Ehrenkranze neue Blätter einzufügen.
Sei herzlichst geküsst und gegrüßt
vom Onkel Moriz
Die höflichsten Empfehlungen von Frau Dr. Grassberger und Herrn Prof. Ehrez.
12.6. Anm.: 1901
Mein lieber Gusti!
Ich bin seit 14 Tagen in Sarnegg, mich in ländlicher Ruhe und liebevoller Pflege von Tante Elsa und O. Edmund zu erholen und zu kräftigen, was inzwischen auch gelungen ist, fern von den Räumen, die auf jedem Schritte die schmerzliche Bangigkeit nach dem teuren Großpapa wachrufen. Unter den vielen Sorgen, die mich auch sonst beschweren, steht die größte um deine Studien, deren Erfolg im laufenden Jahre, so ernste Entscheidung für deine Zukunft bringt. Wirst du aufsteigen und die Realstudien fertig absolvieren können oder wenn nicht, wirst möglich in eine Militärschule gehen, dich für Freiwilligenprüfung vorzubereiten?
Das wären 2–3 verlorene Jahre für dich, lieber Gusti, die uns allen schwer auf’s Herz fallen würden – doch ertragen werden müssten, deine weitere Zukunft sicher zu stellen. Ich erwarte täglich Bericht darüber von dir und Onkel Moriz, bisher vergebens, obschon die Zeit der Prüfungen nahe ist. Ich hoffe noch immer, dass du rechtzeitig dich gesammelt und verbessert hast, vielleicht eine Nachprüfung in den schwachen Gegenständen gestattet sein wird? Schreibe mir nur einige Worte darüber, wie sich alles verhält.
Graz Metahof.
Spanne nun deine Willenskraft an, vermeide jede Zerstreuung, unternimm einfache Spaziergange, dein Monatsgeld, das du jetzt nicht nötig hast, bekommst du zu Ferien, wenn solche möglich werden, auf einmal, ich halte mir das Bessere vor Augen!
Gott behüte dich, herzlich küsst dich,
Deine Großmama
Zürich 19.2.1902
Mein lieber Sohn!
Nun habe ich mich einmal dir gegenüber gründlich ausgeschwiegen. Aber dadurch wirst du doch nicht auf ungeschickte Gedanken geraten sein! Mir kommt vor, es gäbe zwischen elterlichem und kindlichem Empfinden eine ganz besondere Wirkung in der Form, welche im Unterschied zu anderen menschlichen Beziehungen, keines am anderen irr werden lässt trotz Trennung, Stillschweigen oder sonstigen Proben, die hin und wieder eine unfreundliche Schicksalsfügung verhängen mag. Und so musstest du wohl herausfühlen, wie ich seit deinem letzten Abschied im Geist stets wieder bei dir war und wie freudig-bewegt ich war über deine Prüfungserfolge. Aber endlich – nach vielen Abhaltungen vom Briefschreiben will ich’s dir auch ausdrücklich sagen, dass du mir vielen Anlass zu Lob und Anerkennung gegeben hast schon seit Beginn vorigen Sommers in Studiensachen, durch deine persönliche Haltung zu jenem beginnenden Wandel in deinen Empfindungen, die für eine wertige und glückliche Lebensführung von größter Wichtigkeit sind. Dein Brief nach der Prüfung hat mir wieder Zuversicht für eine gute Weiter-Entwicklung gegeben u. er hat auch meine ständigen Sorgen darüber vermindert, dass du dereinst den tückischen Versuchungen des Reichtums-Bewusstseins unterliegen würdest, wozu ja in deinem bisherigen jungen Leben gewisse Ansätze leider schon bemerkbar waren. Jene Sorge um den noch ungetreuen Sohn beschäftigte auch sehr deinen seeligen Vater. Er hinterließ brieflich einen ernsten Gegenstand betreffenden Wunsch, der freilich in praxi nicht realisierbar war, es sei denn ich hätte das Mittel gewählt, dich noch im jugendlichsten Alter ganz u. gar auf den Bereich der Familie in der Fremde unterzubringen, was aber weder ich noch am wenigsten dein liebevoller Vater selbst vermocht hätte. Aber jetzt scheint es mir, du würdest aus eigener Kraft den Kampf gegen das Übel falscher, wie materieller Lebenserwartungen siegreich bestehen u. das wäre freilich ungleich besser, als dem Kampf ausgewichen zu sein oder ihn hinausgeschoben zu haben. Du bist daran, den Wert der Arbeit als der reinsten Quelle unserer Befriedigung u. als der Quelle der Selbstachtung richtig zu erkennen u. bahnst du dir damit den Weg zum Glücke im Geiste deines Vaters und aller jener, die ihn dir in Stande zu versetzen von ganzem Herzen bemüht sind. Wie lieb erst nur, doch auch im Gespräch mit Werner u. Margit Anm.: Stiefgeschwister von Gustav II. dich endlich als gutes Beispiel hinstellen zu können – nach einer Epoche langen Schweigens.
Sei innigst gegrüßt u. umarmt
von deinem Papa
P. S. Du weißt doch noch, dass ich meine Briefe nicht herumgezeigt haben möchte.
Alle Transkriptionen Ulrike Reininghaus.
Es ist nicht bekannt, ob Gustav Dietrich August Johann Peter v. Reininghaus, Enkel von Johann Peter und Therese von Reininghaus, den testamentarisch niedergelegten letzten Wunsch seines Vaters Gustav I. von Reininghaus erfüllte oder ob er unter dem Einfluss seiner Mutter Maria oder seiner Großeltern handelte. Jedenfalls siedelte er im Jahr 1907 nach Deutschland um und wurde – seinem Studium an der Landwirtschaftlichen Akademie in Baden-Württemberg folgend – Landwirt. Der 23-jährige Gustav II. – zu dieser Zeit schon mit der 19-jährigen k. und k. Linienschiffskapitänstochter Ilse Engelmann verlobt – erwarb zum Zwecke des Umzugs von dem Münchner Brauereidirektor Karl Stahl im Jahr 1906 das westlich von München, sehr ländlich gelegene Gut Mauern im gleichnamigen Dorf. Das Wohnhaus ließ er, sehr wahrscheinlich mit der Familienplanung im Hinterkopf, umbauen, um dort im Mai 1907 gleich nach der langersehnten Hochzeit in Graz mit seiner Ilse einziehen zu können. Seine österreichische Staatsbürgerschaft behielt er trotzdem zeitlebens weiter. Auch die Verwandten aus Österreich kamen gerne zu Besuch nach Bayern, darunter Therese v. Reininghaus, Georg II. und Emy Mautner v. Markhof mit Marceline und Georg III. „Buwa“, Theodor I. und Martha Mautner v. Markhof, Ludwig Mautner v. Markhof, Johann Dietrich „Hans“ und Virginia „Gina“ v. Reininghaus, Hermann und Friederike „Frieda“ v. Künigl zu Ehrenburg und Warth, Reinhold und Maria Eisl, Hugo, Wilhelm „Kiki“ und Eberhard „Hardy“ v. Reininghaus, Paul und Maria Reininghaus mit Werner, Margit und Harald, Adele „Deli“ v. Hebra mit Ferdinand und Wilhelm „Willi“, Ludovika „Louise“ Urbansky v. Ostrymiecz sowie Elisabeth „Elsa“ und Edmund v. Cnobloch. Alle verbrachten im damals wie heute beliebten Ausflugsgebiet in der Nähe von Wörth- und Ammersee kleine Kurzurlaube.
Alle nahmen gelegentlich auch an Gustavs Jagdgesellschaften teil, wie Schwester Emy und die Vettern Peter I. v. Reininghaus und Philipp v. Künigl zu Ehrenburg und Warth. Schließlich hing am Gut Mauern auch eine stattliche Jagd, die er in den darauffolgenden Jahren stetig erweiterte. Zu seinen engen Jagdfreunden gehörten u. a. die Privatwald- und Gutsbesitzer Franz Freiherr von Perfall mit Familie sowie Karl Theodor Graf zu Toerring-Jettenbach. Selbst während des Ersten Weltkriegs, für den Gustav II. als Oberleutnant mit seinem damaligen k. und k. Dragoner-Regiment Kaiser Ferdinand Nr. 4 für Österreich mehrfach an die Front zitiert wurde, fanden kleinere Kriegsjagden statt. Zahlreiche Einträge im waidmännischen und familiären Gästebuch lassen darauf schließen, dass in Mauern nicht nur gerne gemeinsam gejagt, sondern auch entsprechend gefeiert wurde. Und auch über die Jagd hinaus pflegte Gustav II. regelmäßig seine Schießleidenschaft, war er doch Gründungsmitglied und Vorsitzender des Mauerner Schützenvereins Die Hölzlberger, dessen Zweck in der Satzung mit der „Unterhaltung durch Scheibenschießen und Veranstaltung sonstiger geselliger Vergnügungen“ beschrieben wurde.
Mit dem in Wien geborenen und in München lebenden Jagdmaler und Illustrator Rolf Winkler und dem in der damals nächstgelegenen Stadt Bruck (heute Fürstenfeldbruck) wohnenden Tier- und Landschaftsmaler Johann Daniel Holz verband Gustav II. neben ihrem gemeinsamen Jagdhobby auch eine enge Freundschaft, sodass er Holz sogar die Patenschaft für seinen ersten Sohn Dietrich „Dieter“ übertrug. Doch auch Gustav II. hatte künstlerisches Talent, wie seine kleinen Tierskizzen zeigen. Rolf Winkler wiederum zeichnete für die Familie mit feiner Tuschefeder das stattliche Gut Mauern, von dem seit 1991 nur noch das abgetrennte Wohnhaus übrigblieb. Bereits im Jahr 1954 zerstörte der Brand der Remise die ursprüngliche Silhouette des charakteristischen Doppelkrüppelwalmdachs, welches daraufhin nicht mehr rekonstruiert wurde. Winklers Zeichnung des gesamten Gutes diente früher als Druckvorlage für das Briefpapier von Gustav und Ilse v. Reininghaus. Außerdem zeichnete er auch das Reininghaus-Wappen detailgetreu in ihr Gästebuch und verfasste zu seinen Karikaturen oft lustig-ironische Gedichte. Die Landschaft mit den Tieren in und um Mauern bildeten für ihn und Johann D. Holz häufig die Motive für ihre Werke, wobei sie auch die Dragonervergangenheit ihres aus Graz/Steinfeld stammenden Freundes auf mehreren Grußkarten an ihn einbezogen.
Gustav II. beschäftigte sich nicht nur intensiv mit dem Ackerbau und der Getreidezucht, er wurde auch regelmäßig für die Nutzung innovativer technischer Errungenschaften in seiner Landwirtschaft gerühmt. Dies führte dazu, dass verschiedene „höhere Söhne“ in Mauern ihr Praktikum ableisteten.
Durch seine Leidenschaft für Pferde und das Spring- und Dressurreiten konnte er als Pferdezüchter auch eine willkommene Verbindung zwischen Hobby und Beruf herstellen. Einem der Lieblingspferde des ehemaligen Dragonerleutnants wurde vom „Reichsverband für Zucht und Prüfung deutschen Halbbluts“ die Aufnahme in das Verzeichnis für Turnierpferde bescheinigt. Die Familie veranstaltete gerne mal Ritterfeste hoch zu Ross und die Verwandten aus Österreich wurden standesgemäß im viersitzigen Schlitten inklusive Schellengeläut durch Mauern und Umgebung „kutschiert“. Und auch für die schneefreien Zeiten standen in der Mauerner Kutschenremise genügend Modelle für Ausfahrten und die Jagd zur Auswahl.
Vor dem Hintergrund der allgemeinen Wirtschaftskrise hatte sich ab Mitte der 20er Jahre die Lage der bayerischen Landwirtschaft jedoch fortschreitend verschlechtert, was auch Mauern zu spüren bekam. Große Treibjagden fanden ab 1928 nicht mehr statt. Gustav II. versuchte, den Betrieb so gut wie möglich aufrechtzuerhalten und engagierte sich mit Reden („Bauernnot!“– auf dem Bauerntage 1928 in Fürstenfeldbruck) und 1929 mit Radiovorträgen für die Stellung der Landwirte.
Virginia „Gina“ Laura Antonia Agujari (* Triest 27.2.1879 / † Semmering 24.11.1961) wurde als Tochter des italienischen Porträtmalers Tito Agujari geboren und heiratete am 21. Jänner 1896 in Hardt bei Graz, im Alter von 16 Jahren, Johann Dietrich „Hans“ von Reininghaus. Bereits neun Monate danach gebar sie ihren ersten Sohn Peter, der ab 1920 die Geschicke der Brauerei für fünf Jahrzehnte lenken sollte. Mit 20 Jahren war sie dreifache Mutter, bis 1906 folgten drei weitere Kinder. Im Winter 1902/1903 übersiedelte das Paar von Graz nach Wien, wo sie als „geistreiche, liebenswürdige Frau“ in kürzester Zeit ein beliebtes Mitglied der Gesellschaft wurde.
»Gina war 28 Jahre jung, bildhübsch, Mutter von sechs Kindern und die Gattin des Großunternehmers Hans von Reininghaus. Franz Conrad von Hötzendorf war 55 Jahre alt und verwitwet, als sich die beiden im Jänner 1907 anlässlich einer Abendgesellschaft im Haus des Baron Kalchberg in Wien trafen. Kalchberg hatte als ehemaliger Präsident des Österreichischen Lloyds auch einen kleinen Triestiner Kreis geladen. Dazu gehörten sowohl die geborene Triestinerin Gina Agujari, verheiratete Frau von Reininghaus, ihr Mann Hans und Franz Conrad von Hötzendorf, ehemals Brigadekommandant von Triest und seit wenigen Wochen Chef des Generalstabes. »Diese Frau wird mein Schicksal«, soll er am Nachhauseweg über Gina gesagt haben. Was an diesem Abend als launiger Ausspruch des mächtigen Generals durchging, sollte sich bald bewahrheiten. Zwei Monate später besuchte Conrad seine Angebetete in ihrer Wiener Wohnung in der Operngasse 8 und machte ihr einen Heiratsantrag. Sieben gute Gründe sprächen gegen die Annahme des Antrags, antwortete Gina: sechs Kinder und ein Ehemann. Als alter Soldat ließ er nicht locker und versuchte weiter, Ginas Herz zu erobern. Vermutlich nach einem Jahr gab Gina dem Werben nach. Franz Conrad von Hötzendorf war ein Ehrenmann. Er wollte keine Geliebte, sondern eine Ehefrau. Den Krieg galt es zu gewinnen, nicht einzelne Schlachten. Weiterkämpfen war die Devise. Er führte dabei auch einen schweren Kampf mit sich selbst. In über dreitausend Briefen, die er von 1907 bis 1915 schrieb, aber nicht abschickte, sondern in einem Tagebuch der Leiden sammelte, phantasierte er über Liebesglück und Liebesleid. Selbst Conrads Gönner, Thronfolger Franz Ferdinand, hatte im Jahr 1908 offenbar das Gefühl, dass sein General nicht ganz bei der Sache war. Im Oktober schrieb Franz Ferdinand an seinen Flügeladjudanten Alexander von Brosch: Bitte bändigen Sie mir nur den unglücklichen Conrad, der zum Schluss noch eine Mordsschlamastik arrangieren wird u. sich mit allen Leuten verzanken wird. Er soll doch dieses ewige Kriegsgehetze aufgeben. …. Bis heute sehen Militärhistoriker Conrads Amour fou kritisch. …. Die Beziehung mit Gina unterhielt er weiter. Hans von Reininghaus duldete die Ménage-à-trois. Erst als Conrad im Jahr 1915 seine Geliebte ein paar Tage ins Armeehauptquartier nach Teschen nachkommen ließ, war es dem Ehemann zu viel. Er verlangte die Scheidung. Die Hochzeit der frisch geschiedenen Frau von Reininghaus mit Conrad von Hötzendorf konnte erst nach einigen Winkelzügen stattfinden. Um heiraten zu können, musste Gina ungarische Staatsbürgerin und Protestantin werden, was in Wien für weiteren Unmut sorgte. Die spätere Kaiserin Zita soll stets wiederholt haben, keine Gräfin Conrad von Hötzendorf zu kennen, sondern nur eine Frau von Reininghaus.
Conrad von Hötzendorf war kein langes Glück mit Gina beschieden. Er starb nach zehnjähriger Ehe im Alter von 73 Jahren. Erst nach seinem Tod fand Gina im Nachlass ihres Ehemannes die besagten dreitausend Briefe sowie einen Abschiedsbrief mit folgenden Worten: » (…) Ich will Dich – auch wenn ich nicht mehr bin – glücklich wissen! Alles, was Du zu Deinem Glück zu tun vermagst, hat meinen Segen! Du hast ja gewusst, wie lieb ich Dich habe – aber das ganze Maß meiner Liebe hast Du vielleicht doch nicht erahnt – dazu hättest Du mich in den stillen, einsamen Stunden belauschen müssen, in denen ich sehnsuchtsvoll Deiner gedachte. So ist meine Liebe zu Dir von Stunde zu Stunde tiefer und inniger geworden. Deine Nähe war mir Seligkeit!«. Gina überlebte ihren Mann um dreieinhalb Jahrzehnte, sie wurde 82 Jahre alt und hat nicht wieder geheiratet. In den Dreißigerjahren verfasste sie ihre Memoiren.« …. Auszüge aus Wiedersehen im Küstenland, Episode „Zurück in eine glänzende Zukunft“
Gina hatte Franz Conrad von Hötzendorf im Mai 1907 gegenüber eingeräumt, dass sie ihren Mann nicht mehr liebe und mit Ende 1908 waren die beiden eine Liebesbeziehung eingegangen. Da Hans von Reininghaus sich selbst Freiheiten in der Ehe eingeräumt hatte und auch die Möglichkeit sah, persönliche gesellschaftliche Vorteile aus dem Verhältnis zu ziehen, duldete er dies. Mit Kriegsbeginn jedoch hatte sich das gesellschaftliche Leben in Wien verändert, wodurch Hans von Reininghaus nicht mehr im selben Ausmaß von der Beziehung seiner Frau profitierte. Und als nach Ginas Besuch in Conrads Hauptquartier der Klatsch weiter zunahm, verlangte er 1915 die Scheidung. Die gemeinsamen Kinder, die sich um das Glück ihrer Mutter sorgten, waren damit einverstanden.
Die Verbindung der verheirateten Frau von Reininghaus mit dem Generalstabschef stieß zur damaligen Zeit in weiten Kreisen auf Kritik und auch zeitgenössische Historiker schätzen ihren Einfluss auf sein Tun und Handeln im Ersten Weltkrieg als sehr groß ein. Die Bedeutung dieser Beziehung kann man nicht hoch genug veranschlagen; sie stand in den Jahren von 1907 bis zum Kriegsausbruch im Zentrum seines Lebens und verdrängte alle anderen Sorgen, selbst die militärischen und politischen Fragen, die auf seinen Schreibtisch gelangten. Er habe die Beziehung selbst im Juli 1914 mit „derart großer Beharrlichkeit gepflegt“, dass er „nur mit halbem Herzen“ bei der Sache gewesen sein konnte.
Als Gina Conrad von Hötzendorf 1935 in ihrer Autobiographie Mein Leben mit Conrad von Hötzendorf – sein geistiges Vermächtnis auch sehr private Aufzeichnungen von Conrad veröffentlichte, wurde dies von Zeitgenossen als „geradezu peinlich“ kritisiert. Da sie auch seine Meinung über wenig erfreuliche Verhältnisse in der österreichischen Heeres- und Staatsleitung wiedergab, war das Buch in Österreich verboten. In Folge wurde sogar das „Traditionsschutzgesetz“ erlassen.
Gina wurde auf dem Hietzinger Friedhof in Wien im historischen Ehrengrab ihres zweiten Ehemannes Franz Graf Conrad von Hötzendorf beigesetzt.
An den S. H. Herrn K. und K. Leutnant a. D. Gustav v. Reininghaus d. Z. Prag Korps Kommando
Absender: Hans v. Reininghaus Schl. Hardt bei Graz
Danke für d. Karte. Sehe alles ein, nur „nervös“ lasse ich unberufen nicht gelten. –Leider sind wir um Hardy (Anm.: Eberhard „Hardy“ v. Reininghaus, Sohn von Bruder Hugo) in großer Sorge – seit 18. v. D. „vermisst“ – angeblich in serbischer Kriegsgefangenschaft. Großmama weiß nichts! Lass von dir öfter was hören. 1000 Küsse v. Tante Gina, Kindern u. d. O. Hans
Lieber Gusti!
Besser spät als nie! Verzeihe, dass ich Dir heute erst für die so lieben Geburtstagswünsche danke, aber unsere Übersiedlung nach Wien, mit allem was darum und daran hing, trägt Schuld daran.
Jetzt sind wir endlich so weit, dass man zum Schreiben kommen kann. Vor allem lasse Dich aber auch zur glücklich überstanden(en) Operation beglückwünschen, hoffentlich hast Du auch alle Nachwehen schon hinter Dir.
Noch immer bedauere ich mit Gina, dass es nicht zu unserer Fahrt nach Mauern gekommen ist – jetzt trennt uns leider eine größere Entfernung. Wie schwer ich Tirol verlassen habe, kann ich Dir gar nicht schildern – aber es ist Ginas Wunsch in Wien zu leben, und in meinen Jahren hat man keinen Anspruch mehr auf Sonderwünsche. Die Großstadt ist mir ein Greuel; – sei froh, dass Du am Land lebst.
Sag Ilse meinen wärmsten Dank für ihr Gedenken – und nimm für Dich und all die Deinen meine herzlichsten Grüße entgegen.
Dein getreuer Onkel
Franz Conrad
Alle Transkriptionen Ulrike Reininghaus.
So sehr Johann Peter Reininghaus auch Arbeitsmensch war – gleichzeitig trug er immer einen Band von Mörikes Gedichten bei sich. So ist es auch kein Zufall, der ihm den großen steirischen Dichter Peter Rosegger buchstäblich in die Arme führte. Dr. Swoboda von der „Grazer Tagespost“ hatte ihm von der Begabung dieses Dorfkindes geschrieben, das nichts Anderes als Bücher lesen wollte und von der Ausdrucksmöglichkeit des Wortes wie besessen war. Auf Rosegger aufmerksam geworden, hatte Johann Peter ihm die Werke Schillers geschickt. So stand eines Tages dieser Bauernbub im Hofe der Brauerei vor seinem Spender. Johann Peter reichte diesem Spielmann Gottes die Hand. Der eine war beglückt, in der Sprache des Bauernkindes das zu finden, was er suchte, und der andere brauchte die feste Hand, die ihn verankerte, damit er auf sicherem Grund stehe, um von da aus sein Wirken zu beginnen. Emma Urban-Reininghaus/100 Jahre Reininghaus
Johann Peter schickte Rosegger nach Laibach zu einem Buchhändler in die Lehre, von wo er jedoch von großem Heimweh getrieben alsbald zurückkehrte. So behielt Johann Peter ihn in Graz, verhalf ihm zu einem Studium und – was vielleicht noch ausschlaggebender war – wurde ihm ein wirklicher Freund. Er nahm ihn in die Familie auf, wo sich Therese mütterlich des jungen Dichters annahm. Rosegger hat die tiefe Freundschaft und Verbundenheit zur Familie Reininghaus auch lebenslang in gedenkenden Schriften immer wieder dokumentiert.
„Heimgarten“, Graz.
Mein teurer Freund!
Ich und immer ich habe zu danken. Diesmal eigentlich vor Allem meine Kinder, denen du mit der Nebelbilderanstalt Anm.: ähnlich Laterna magica immense Freude bereitet hast, die alle übrigen ihrer Christbaumfreuden ganz und gar verdunkelte. Wir großen Kinder ergötzen uns nicht minder an den prächtigen Lichtbildern und [es] findet jeden Tag eine sehr gut besuchte Vorstellung statt. Also tausend Dank. Warst du beim Hypnotiseur? Ich will nächstens deine Meinung darüber hören. Es ist möglich, dass ich dieser Tage nach Krieglach gehe, dann sehe ich euch in diesem Jahr nicht mehr. Ich beschließe es mit dem innigen Wunsche, das kommende Jahr möge dir und deiner Familie, die du so treu liebst, zum Heile sein! Übrigens möchte ich diesmal den Silvesterabend daheim bei meinen Kindern zubringen, also nicht nach Krieglach gehen, wo am Ranuihof meine Schwiegereltern und meine Frau das letzte Mal Silvester feiern wollen.
Gott Grüße euch zum neuen Jahre!
Euer Peter Rosegger
Graz, 28.12.1888
„Heimgarten“, Graz.
Mein teurer Freund!
Deiner gestrigen, aus dem gewohnten Humor scharf hervorstechenden Äußerung nach zu schließen, hältst du den öffentlichen Vortrag der „Weiberpeitschen“ für indiskret. In diesem Falle würdest du sie missverstanden haben. Die den Männern entgegengesetzten moralischen Eigenschaften der Frauen sind seit jeher ein beliebter Gegenstand der männlichen Satire u. des drastischen Volkshumors gewesen. Große wie kleine Geister haben sich öffentlich in allen Formen damit befasst, und die Frauen, als die Klügeren, haben stets dazu geschmunzelt im vollen Bewusstsein, dass ihre Herrschaft u. ihr Wert in der Tat dadurch nicht geschmälert wird. Das einzige Gesetz des Satirikers in diesem Falle ist, dass er nicht bestimmte Merkmale bestimmter Frauen kennzeichnet, sondern dass er ihre allgemeinen Charakterfehler geißelt. Von diesem Grundsatze darf er nie abgehen, u. ich glaube denselben in meiner Satire streng befolgt zu haben. Wenn du, mein teurer Freund, dabei Anm.: nicht leserlich an die eigene Frau des vortragenden Dichters gedacht haben solltest, so versichere ich dich, dass keine einzige Strophe in der „Weiberpeitschen“ für meine Frau eine Anwendung finden kann, die über das Allgemeine hinausgeht, ja, dass die Satire gerade auf meine Frau gar nicht passt. Meine ehelichen Leiden – ich deutete sie dir ja einmal an, sind anderer Natur. Ich habe sie in der „Weiberpeitschen“ mit keiner Silbe gestreift. Wenn du die „Weiberpeitschen“ ruhig durchliest (sie steht im Februarheft des Heimgarten), so wirst du finden, dass alles schon tausendmal gesagt, gedruckt, gelesen worden ist, von Besseren, als ich bin, wenn ich auch zugebe, dass die Gedanken in der Volksmundart sich schneidiger ausnehmen als in der verwässerten Schriftsprache. Mir fällt jetzt nur ein, dass ich die Satire für alle Fälle mit den Worten hätte schließen können:
„Weg’n was ihm d’Weiber nit sein g’raten?
Der Stoff ist Schuld an all den Sachen.
A Männer-Ripp! Ich bitt euch gar schön!
Was lasst sich daraus Gutes machen?“
Das hätte dich ausgesöhnt, hätte aber doch zu viel Öl in die Wunden gegossen, welche die „Weiberpeitschen“ schlagen wollte. Denn Aufgabe der Satire ist es ja, zu geißeln, in eurem vorhandenen moralischen Gebreste einen brennenden Schmerz zu verursachen, damit man des Fehlers sich bewusst wird und darüber nachdenkt. Das öfter Nachdenken über die eigenen Charaktereigenschaften würde den Frauen gar nicht schaden. Müssen doch auch wir Männer unsere moralische Vervollkommnung durch Selbstforschung und Selbsterkenntnis unserer Fehler zu bezwecken suchen, und sind es gerade die Frauen, die uns darüber am leidenschaftlichsten belehren. Ich bin in einer französischen Zeitschrift einmal der „deutsche Frauenlob“ genannt worden. Nun das gäbe mir auch das Recht, einmal eine weniger erbauliche Wahrheit zu sagen. Ohnehin hebt die Weiberpeitsche in der Hand eines Mannes bald an zu grünen, zu blühen, bis sie plötzlich ein – Brautstrauß ist! Meine Frau hat, als ich ihr die „Weiberpeitschen“ vorlas, recht gelacht, also, verehrter Freund, tu auch du denselben Gefallen deinem
P. K. Rosegger
Graz, 25.2.1889
Heimgarten
Graz 29.5.1892
Mein treuer Freund!
Als ich mich heute an von dir verabschieden wollte, schliefst du u. eine Bitte, die ich dir unterbreiten wollte, musste unausgesprochen bleiben. Ich gebe im nächsten Spätherbste ein Buch heraus: „Allerlei Menschliches“, welches über allerhand wichtige menschliche gesellschaftliche, philosophische, literarische Dinge in ernsthafter Weise handeln wird. Es ist ein Buch, welches meinem innersten Wesen entsprungen ist und ich glaube, dass du fast durchgehend mit meinen Erwägungen und Ausführungen einverstanden sein wirst. Und weil mir dieses Buch besonders lieb ist, so möchte ich mit u. in demselben gerne ein kleines Freundesdenkmal setzen, wie es halt eben ein Port setzen kann. Mein erstes hochdeutsches Buch habe ich vor 22 Jahren deiner liebsten Frau gewidmet und sie hat die Widmung angenommen. Wenn ich dich nun schön bitte, die Widmung meines neuesten Werkes: „Allerlei Menschliches“ gütig anzunehmen – was wirst du sagen? Sage in Gottesnamen: Ja. Schau, ich möchte der Welt so gerne einmal zeigen, wie gern ich dich habe, u. nur solche Zueignung ist dafür das schlichteste und zugleich würdigste Mittel. Also wehre es mir nicht.
Die Hitze lähmt mich schier, ich schließe kurz. Gut Heil, mein edler Freund, für den Sommer!
Dein P. K. Rosegger
Metahof, d. 31.5.92
Lieber, teurer Freund!
Du hast in deinem lieben Briefe, welchen ich gestern erhielt, schon selbst angedeutet, dass du mich durch die Ehre – denn als solche kann ich es nur betrachten – welche du mir antun willst, und welche du so einfach als eine „Bitte“ bezeichnest, in Verlegenheit setzen würdest. Meine nicht, dass dies nur so eine Redensart von mir sei. Ich habe wirklich die Empfindung, dass Anm.: Folgendes ist durchgestrichen unser stilles, liebes, freundschaftliches Miteinander und u. Zusammen-Leben darunter leiden könnte, wenn es nun so gewissermaßen in die Öffentlichkeit gezogen würde. Anm.: Folgendes ist darübergeschrieben: die Welt nichts mit unserem lieben, freundschaftlichen Miteinander und Zusammenleben zu schaffen haben soll. Du willst mir, deinem uralten Freund, eine Freude machen, u. ich erkenne dies gewiss dankbar an, aber, liebes Peterl, es ist das zu viel für mich, wenn ich nun so auf einmal als Freund eines berühmten Dichters vor der Welt erscheinen soll – also glaube ich, wäre es besser, wir blieben genauso miteinander und beieinanderstehen, wie es bisher immer gewesen ist – unbefangen in treuer Freundschaft und Anhänglichkeit. Ich lege hier einen Wisch bei, auf dem dein Name steht. Der bedeutet, dass ich dir dieser Tage schreiben wollte, irgendetwas; es sollte auch eine Art Bitte sein, an dich, und dieser Wisch war das Erinnerungszeichen, nicht zu lange zu warten; denn die Zeit eilt schnell. Nun getraue ich mich kaum, dir meine Bitte vorzutragen, denn nach der Ehrenstellung, die du mir anweisen willst, bin ich nicht mehr so unbefangen wie früher. Wehren kann ich dir nicht, was du vorhast, aber ich musste dir auch das, was ich darüber denke und dabei empfinde, sagen. Gestern Abend stieg hier ein schweres Gewitter auf, was nach der herrschenden, abnormen Hitze sehr arg zu werden drohte. Nun ist es aber mit einem leichten Regen eingetreten; der gefürchtete steyrische Hagelschlag hat sich nicht eingestellt und die Luft doch abgekühlt. So hoffe, ich, wirst auch du nicht mehr von der argen Hitze zu leiden haben. Aber wenn nun das Gewitter sich zu einem kleinen Landregen ausbilden sollte, so werden die Menschen auch wieder jammern.
Zufrieden – scheint mir – sind nur zwei in der Welt: Gott und sein Peterl! Du!
Sei eilend und vielmals herzlich gegrüßt.
Dein alter treuer Freund
auch ein Peterl
Heimgarten
Krieglach, 5.6.1892
Mein teurer Freund!
Dein lieber Brief ist nicht ganz so, dass ich mir nun so ohne Weiteres erlauben dürfte, dir mein neues Buch „Allerlei Menschliches“ zuzueignen. Also wiederhole ich meine Bitte noch einmal. Das mir liebe Buch würde mir doppelt lieb werden, wenn es mit deinem Namen geschmückt wäre. Aber vergewaltigen möchte ich deinen Zartsinn, den ich ja sehr schätze, nicht. Also will ich es so machen: Wenn diese heutigen Zeilen unbeantwortet bleiben, dann unterlasse ich die Widmung; wenn du mir aber noch einmal schreibst, dass du „nicht als Freund eines berühmten Dichters vor der Welt erscheinen“ willst, dann unterlasse ich sie nicht – dann sollst du nur gestraft werden! Aber freilich, da du deinen angedeuteten Wunsch nur nicht ausgesprochen hast, habe ich kaum das Recht, den meinen so lebhaft zu bekommen. Den ersten Asthmasturm auf dem Lande habe ich bereits hinter mir. Der zweite dürfte an die Reihe kommen. Und doch bin ich froh, hier zu sein u. Ruhe zu haben. Dein Sohn Hans Anm.: Johann Dietrich „Hans“ v. Reininghaus, geb. 1867 ist ein Prachtjunge. Rührend ist’s, wie lieb er als Firmpath mit meinem Hansel Anm.: Sohn Hans Ludwig, geb. 1880 war, wie freundlich er mit dem Knaben den ganzen Vormittag sich abgegeben hat. Der Kleine ist dann auch ganz Feuer und Flamme für seinen Paten. Aber die herrliche goldene Uhr! Dem Knaben macht sie eine riesige Freude, aber mich drückt sie. Eine Kleinigkeit als Andenken wäre mehr als genug gewesen – doch ich muss immer mehr und noch mehr euer Schuldner sein, und du willst mir noch das einzige Mittelchen, das ich habe, nehmen, um meine Dankempfindung auch nur anzudeuten. Schau, ich habe ja nichts als das Wort u. mein Reichtum ist das Wort, und wie ich dir schon einmal geschrieben habe: Am Anfang war das Wort – und das Wort ist Fleisch geworden! So meine ich doch, dass es nicht ganz leerer Schall ist u. dass mein beabsichtigtes Unterfangen, durch ein Wort öffentlich zu sagen: Alter treuer Freund, ich verehre dich, ich hab’ dich gern – doch gerade kein müßiger Übermut ist.
Nun zieht ihr wohl bald auf euren schönen Landsitz, gleichsam auf dein steirisches Stückerl Westfälerland.
Gut Heil!
Dein Rosegger
Mein hochverehrter Freund!
Mich verlangt es, dich zu grüßen. Möge der Sommer dich auf deinem schönen, friedsamen Sommersitz erquicken. Schließen wir Ohr und Augen vor dem, was nicht gut und schön ist. So muss ich es machen, um nicht verzagt zu werden, denn mich hat’s wieder recht schlimm auf der Brust. Du wirst mir auch nicht mehr vorhalten können, dass ich zu viel sitze und arbeite; du wirst eher Ursache haben, mich auszuzanken, dass ich gar nichts mehr arbeite seit vielen Wochen.
Wenn’s das Befinden erlaubt, mache ich Bergpartien, das Angenehmste, was ich noch auf der Welt kann. Aber wenn dann wieder Husten und Atemnot ist, muss ich liegen. Dass ich nicht schlafen kann, ist das Schlimmste, helfe mir aber damit, dass ich an lauter angenehme Dinge und liebe Menschen denke und da bist du, mein Freund, nicht selten mein Genosse in schlaflosen Nächten.
Sepp und Hans sind noch in Graz, die übrigen sind wir alle hier versammelt u. ist somit nichts Schlimmes zu berichten. Lass mir einmal ein paar Zeilen schreiben, wie ihr alle beisammen seid und den Sommer zubringen wollt. Ich denke mir, dass du einen Teil deines Nachsommers damit zubringen wirst, dich über deine liebe Familie, über deine großen Lebensschöpfungen zu freuen u. interessante Memoiren niederzuschreiben. Ich habe im Vergleich zu dir so wenig erlebt u. so viel geschrieben!
Die herzlichsten Grüße von Haus zu Haus, besonders von deinem
Peter
Krieglach, 27.6.97
Hochverehrter Freund!
Es ist eigentlich banal, jemandem, den man sehr lieb hat, ausdrücklich Glück zu wünschen. Und andererseits ist’s doch gut, dass sich manchmal Gelegenheit ergibt, das, was man immerwährend empfindet, auszusprechen. Also mein verehrter, teurer Freund, ich wünsche dir noch eine lange und gesegnete Dauer deines fruchtreichen Erdenlebens! Bei uns nichts Neues – ich bin im Sommer mit einzelnen Familienmitgliedern viel in den steirischen, salzburgischen, tirolischen, ja selbst italienischen Alpen herumgestiegen. Habe mich dabei teilweise erholt, aber einen gewissen Rost noch nicht ganz von der Seele gebracht. Nun ist die Zeit, dass ich nicht mehr so viel gebückt am Schreibtisch sitze, denn mir macht seit einer Weile das Schreiben physisch große Anstrengung. In wenigen Wochen ziehen wir nach Graz, wo wir im Oktober wieder in unsere frühere Wohnung, Burggasse 12, übersiedeln, die uns vor 4 Jahren zu klein geworden war, nun aber durch Vereinigung mit einer Nachbarswohnung groß genug geworden ist. Mich hat’s immer wieder in mein trautes Zimmer zurückgezogen, wo ich so viele Jahre in Glück und Leid zugebracht. Nun wird´ ich’s mit Gotteswillen wiederhaben.
Tausend Grüße von Haus zu Haus. In der Hoffnung auf baldiges frohes Wiedersehen
Dein Peter Rosegger
Krieglach, 30.9.1897
Herr! Ihr könnt es nie und nimmer verantworten, was Ihr aus mir gemacht habt! Einen Trunkenbold! Morgen dürften in mir sich 3 Räusche collidieren: der von gestern, der von heute und der von morgen früh. Da zudem morgen auch meine Frau nach Krieglach abreisen dürfte, kann ich wahrscheinlich nicht zum Essen kommen. Sollte ich am nächsten Donnerstag abends nüchtern sein, so erscheine ich. Einstweilen tausend Dank für alle Spitze, Wichschen, Äffchen, Haarbeutel, Fetzen u. Mugels, die ich hinter mir habe und die mir noch bevorstehen. O Christkindl, was hast du da gemacht!
Vielen Dank! Mir hat der Mittwoch Anm.: durchgestrichen Donnerstag Abend sehr wohlbekommen. Wenn’s der Falb’sche Anm.: Rudolf Falb, Forscher und Meteorologe Schneesturm erlaubt, muss ich morgen nach Wien.
Herzlich grüßt dein
Graz 12.3.1892
Hochverehrter Freund! Herzlichen Dank für deine lieben Zeilen. Schone dich nur, dass du am nächsten Dienstag recht frisch und froh bist. – Ich komme jetzt wenig raus, Heimgarten drängt! – Deine liebe Frau hat uns wieder Bier schicken lassen. Vergelt´s Gott tausendmal!
Euer
Graz 20.4.1892
Sehr gerne, lieber Herr v. Reininghaus, erfülle ich Ihnen die kleine Bitte u. grüße Sie herzlichst.
Alle Transkriptionen Ulrike Reininghaus.
Die Wurzeln der Familien Reininghaus und Vollmann sind miteinander verwoben. Erhalten geblieben sind uns die diesbezüglichen Berichte (1908 und 1972) von Herrn C. D. Otto Vollmann und Dr. Kary Rokitansky, dem Urenkel von Johann Peter und Therese von Reininghaus, Enkel der Emilie Keil von Bündten und Sohn von Gertrude Rokitansky geb. Keil von Bündten.
Meine Damen und Herren!
Seit einiger Zeit klappt die Korrespondenz mit einigen Cousins, Cousinen und Onkeln nicht mehr. Grund ist unser Postdienst, der wie gewöhnlich nicht funktioniert.
Aber heute bin ich völlig am Ende, aufgrund der Kriegsereignisse im Kongo aller finanziellen Mittel beraubt, die Firmen sind geschlossen, alle Banken sind nicht mehr in Betrieb. Es gibt keine Hoffnung mehr in meinem Alter von mehr als 60 Jahren. Meine Geschäfte gehen überhaupt nicht. Ich habe Immobilien in Likasi: zwei Hotels und mein Haus. Die Hotels gehen nicht, da kein Geld im Umlauf ist und sie zudem von Staatsfunktionären besetzt sind, ebenso zahlen Firmen seit mehreren Jahren nicht mehr. Ich habe Kinder. Die anderen sind im Ausland, Studenten ohne Stipendium, sie kommen selbst zurecht.
Ich teile Ihnen mit, daß ich begonnen habe, meine Pension ins Sicherheitsamt für Übersee in Brüssel (O.S.S.O.M.) vorzubereiten, die bestritten wird von meinem Konto Nr. 310-1 187310-19 bei der Banque Bruxelles Lambert in Brüssel. Ich bitte jene, die über Mittel verfügen, mir zu helfen und etwas dorthin zu überweisen. Ich wäre ihnen sehr dankbar, danke im Voraus.
Ich habe nicht an die ganze Familie schreiben können und bitte daher, meine Nachricht jenen zu übermitteln, die den Brief nicht lesen konnten.
Von ganzem Herzen beste Grüße
Pierre Reininghaus-Tshitoko
Verfasst von Pierre von Reininghaus-Tshitoko
Mein Vater war mehrfacher Gutsbesitzer und hat sich als Kunsthistoriker durch Herausgabe einiger Fachbücher Ansehen und Interesse erworben. Bis zum Jahre 1913 hatten meine Eltern in einem Palais in Venedig bedeutende Kunstsammlungen, die zum Großteil durch einen verheerenden Brand zerstört wurden. Daraufhin kam es zur Übersiedlung auf das Gut „die Wickenburg“ in Eppan bei Bozen. In erster Ehe war mein Vater mit Paula Freiin von Jansekowitsch verheiratet; deren Vater-Maximilian Freiherr von Jansekowitsch – k. u. k. Geheimrat und Sektionschef a. D., hatte vormals die Position des Gouverneurs der privaten Landesbank für Bosnien und Herzegowina inne. Eine profilierte Persönlichkeit in der Monarchie. Dieser Ehe entsproß mein Halbbruder, Dr. Eberhard von Reininghaus (im ersten Weltkrieg Oberleutnant bei den Windischgraetz Dragonern). Er leitete danach als Vorsitzender des Vorstandes die Lebensversicherungsgesellschaft Phönix, nach deren Liquidierung die Münchener Rückversicherungsgesellschaft. Aus seiner Ehe mit Ludmilla Brunner stammt die Tochter Christel Duschek. Aus der zweiten Ehe meines Vaters mit meiner Mutter Edith Lanci entstammen meine Schwester Manon und ich. Der Vater meiner Mutter, Julius Lanci, war ein berühmter Universitätsprofessor; mein in der Monarchie auch sehr bekannter Großonkel, Leo Lanci, war k. u. k. Geheimrat und Präsident der ungarischen Nationalbank. Zu meiner Frau Franziska ist zu sagen, daß sie seit vielen Jahrzehnten Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe ist. Sie leitete mehrere Ambulatorien und gehörte in ihrer aktiven Zeit zu den profiliertesten Frauenärztinnen Wiens. Im Laufe ihrer Tätigkeit wurde sie durch Entschließung des Bundespräsidenten zuerst mit dem Berufstitel Medizinalrat und später Obermedizinalrat ausgezeichnet.
Verfasst von Manfred von Reininghaus
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