Im Rahmen meiner „Dauerrecherche“ für diese Webseite konnte ich die Nachrufe und Parten aus dem Zeitungsarchiv der ÖNB mit Details zu den Einsegnungen endlich für eine gezielte Suche nach Sterbeeinträgen bei Matricula Online nutzen. Als ehemalige Krankenschwester hatte ich außerdem schon immer eine berufsbedingte Neugier was Todesursachen betrifft. Mit der Ortsinformation „Dom- und Metropolkirche zum Heiligen Stefan“ aus dem Nachruf des Wiener Salonblatts für Adolf Ignaz Mautner v. Markhof war es dann nicht mehr weit zu seinem Kirchenbuch-Sterbeeintrag, inklusive der Todesursache „Herzlähmung“. Allerdings musste ich meine Kenntnisse im Entziffern der häufig fast unleserlichen Kurrent und Sütterlin Handschriften erheblich auffrischen. Und so hangelte ich mich weiter durch die digitalisierte Vergangenheit, von seinem Eintrag zu dem seiner Ehefrau, weiter zu deren Kindern sowie zu den Taufen, Trauungen und Sterbeeinträgen vieler weiterer Familienmitglieder. Es fanden sich auch Einträge von Kindern, die leider schon vor dem ersten Lebensjahr verstorben waren, deren Namen bislang aber nicht offiziell dokumentiert wurden.
Interessant sind außerdem die kleinen Infos und später eingefügten Anmerkungen, die viele dieser Matrikelverzeichnisse enthalten – Adressen, Konfessionen, Erläuterungen zu Adelsprädikaten und Namensführungen, Kirchenaustritte, Originalunterschriften von Paten und „Beiständen“, Testamentshinterlegungen, Berufsbezeichnungen, Großjährigkeitserklärungen für minderjährige Bräute, die Auswahl der Babynamen anhand der Paten etc.
Einige Beispiele:
Johann Peter Reininghaus durfte als Protestant zwar Therese Mautner heiraten, musste sich als „akatholischer Bräutigam“ aber verpflichten, die zukünftigen Kinder „christkatholisch“ zu erziehen.
Therese wiederum war bei der Hochzeit erst 18 Jahre alt, sodass ihr Vater Adolf Ignaz sein Einverständnis geben musste.
Auch Martha Eisl brauchte trotz ihrer fast 21 Jahre die Bewilligung von ihrem Bahngeneraldirektor-Vater Reinhold zur Heirat ihres Theodors.
Bei der 19-jährigen Emy v. Reininghaus dagegen brauchte es kein männliches Okay. Obwohl schon 18 Jahre tot, stand ihr Vater Gustav I. noch als „Fabrikant“ in der Rubrik Brauteltern – die Meinung der Mütter war damals wohl nicht gefragt.
Im Trauungseintrag von Georg I. Heinrich Mautner v. Markhof und seiner Braut von 1864 wurde dagegen explizit darauf hingewiesen, dass beide Väter plus Gattinnen „am Leben“ waren.
Besonders zwischen den Familien Mautner und Reininghaus gab es für die vielen neugeborenen Kinder einen regen Austausch an Patenonkeln und -tanten, woraus eine Häufigkeit bestimmter Namen resultierte, teilweise als Zweit- oder Drittnennung. Die zuständigen Kirchenpersonen machten bei den Eintragungen jedoch gerne mal kleine Fehler – am häufigsten schrieben sie Karl statt Carl und Viktor statt Victor. Die Adelstitel wurden oft nachträglich ergänzt, inklusive umfassender Erläuterungen zur Verleihung der Adelsprädikate an die jeweiligen Väter oder Großväter.
Das Schicksal früh verstorbener Kinder traf leider viele Eltern, darunter gleich beide Reininghaus-Brüder. Johann Peter und Therese bekamen 1861 zwischen den Zwillingen Emma/Martha und Sohn Hugo noch eine Tochter namens Margaretha, die mit 9 Monaten an Meningitis starb, während Julius und Emilie Reininghaus den Tod ihres nur 5 Monate alten dritten Kindes durch „Atemlähmung“ verkraften mussten. Ein Jahr später kam Sohn Fritz auf die Welt. Man findet die Inschriften „Unser liebes Gretchen“ und „Unsere liebe kleine Gabriele“ im Kapellenbau „Familie Reininghaus“ auf dem Grazer Friedhof St. Peter. Auch Carl Ferdinand Mautner v. Markhof und seine zweite Frau Editha waren betroffen – ihr erstes Kind kam 1875 „totgeboren“ auf die Welt. In der damaligen Zeit für Carl Ferdinand wahrscheinlich umso tragischer, weil es ein Sohn war. Hatte er doch aus seiner ersten Ehe 6 Töchter und bislang mit Victor „nur“ einen männlichen Nachkommen und bekam danach mit Editha 3 weitere Töchter. August Mautner v. Markhofs erster Sohn überlebte übrigens nur 4 Wochen.
So abenteuerlich Todesursachen wie „Hirnschlagfluss“ oder „Zungenentartung“ auch klingen mögen, machen sie einen eher nachdenklich bis traurig, wenn man bedenkt, dass die „Zuckerharnruhr“ von Georg I. Heinrich Mautner v. Markhof nichts anderes war als Diabetes und ihm heute wohl ein bisschen Insulin und ein paar Ernährungstipps geholfen hätten älter als 63 Jahre zu werden. Für andere Vorfahren kamen dagegen Antibiotika, Chemotherapie, Blutdrucksenker und Betablocker zu spät. So kollabierte Helene, die Witwe von Victor Mautner v. Markhof, mit 59 Jahren filmreif im Foyer des Wiener Opernkinos und starb noch vor Ort, was laut Sterbeeintrag durch „Herzfleischentartung/Herzklappenfehler“ verursacht worden sein soll. Leider gab es auch diverse Suizide, darunter den Fenstersturz von August Mautner v. Markhof im Alter von nur 40 Jahren, im Sterbebuch bekanntermaßen als „Hirnlähmung“ getarnt, während man bei seinem Bruder Carl Ferdinand schonungslos „Selbstmord durch Erschießen“ eintrug. Die gleiche Art zu sterben wählte auch der junge Oskar, Ludwig Mautner v. Markhofs zweiter Sohn aus dritter Ehe. Tragischer Weise erschoss dieser sich mit 14 Jahren, ausgerechnet „am öffentlichen Klosett“ am Graben, der laut wien.info „ersten und mit Abstand schönsten im Jugendstil errichteten unterirdischen Bedürfnisanstalt der Stadt“. Sein alter Vater starb ein Jahr später mit 82 Jahren, ganz unspektakulär an „Gefäßverkalkung“.
Fazit: Bei der beachtlichen Größe der Familie ist ein Ende dieser Recherche nicht abzusehen. Die Digitalisierung der Kirchenbücher läuft weiter und es ist zu hoffen, dass zukünftig auch die Evangelische Kirche und noch viele andere Institutionen im In- und Ausland mit ihren Dokumenten nachziehen, sodass noch mehr Informationen aus den Tiefen der Vergangenheit auftauchen.
Trauungsregister der Familien Mautner Markhof und Reininghaus
Sterberegister der Familien Mautner Markhof und Reininghaus
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