So sehr Johann Peter Reininghaus auch Arbeitsmensch war – gleichzeitig trug er immer einen Band von Mörikes Gedichten bei sich. So ist es auch kein Zufall, der ihm den großen steirischen Dichter Peter Rosegger buchstäblich in die Arme führte. Dr. Swoboda von der „Grazer Tagespost“ hatte ihm von der Begabung dieses Dorfkindes geschrieben, das nichts Anderes als Bücher lesen wollte und von der Ausdrucksmöglichkeit des Wortes wie besessen war. Auf Rosegger aufmerksam geworden, hatte Johann Peter ihm die Werke Schillers geschickt. So stand eines Tages dieser Bauernbub im Hofe der Brauerei vor seinem Spender. Johann Peter reichte diesem Spielmann Gottes die Hand. Der eine war beglückt, in der Sprache des Bauernkindes das zu finden, was er suchte, und der andere brauchte die feste Hand, die ihn verankerte, damit er auf sicherem Grund stehe, um von da aus sein Wirken zu beginnen. Emma Urban-Reininghaus/100 Jahre Reininghaus
Johann Peter schickte Rosegger nach Laibach zu einem Buchhändler in die Lehre, von wo er jedoch von großem Heimweh getrieben alsbald zurückkehrte. So behielt Johann Peter ihn in Graz, verhalf ihm zu einem Studium und – was vielleicht noch ausschlaggebender war – wurde ihm ein wirklicher Freund. Er nahm ihn in die Familie auf, wo sich Therese mütterlich des jungen Dichters annahm. Rosegger hat die tiefe Freundschaft und Verbundenheit zur Familie Reininghaus auch lebenslang in gedenkenden Schriften immer wieder dokumentiert.
„Heimgarten“, Graz.
Mein teurer Freund!
Ich und immer ich habe zu danken. Diesmal eigentlich vor Allem meine Kinder, denen du mit der Nebelbilderanstalt Anm.: ähnlich Laterna magica immense Freude bereitet hast, die alle übrigen ihrer Christbaumfreuden ganz und gar verdunkelte. Wir großen Kinder ergötzen uns nicht minder an den prächtigen Lichtbildern und [es] findet jeden Tag eine sehr gut besuchte Vorstellung statt. Also tausend Dank. Warst du beim Hypnotiseur? Ich will nächstens deine Meinung darüber hören. Es ist möglich, dass ich dieser Tage nach Krieglach gehe, dann sehe ich euch in diesem Jahr nicht mehr. Ich beschließe es mit dem innigen Wunsche, das kommende Jahr möge dir und deiner Familie, die du so treu liebst, zum Heile sein! Übrigens möchte ich diesmal den Silvesterabend daheim bei meinen Kindern zubringen, also nicht nach Krieglach gehen, wo am Ranuihof meine Schwiegereltern und meine Frau das letzte Mal Silvester feiern wollen.
Gott Grüße euch zum neuen Jahre!
Euer Peter Rosegger
Graz, 28.12.1888
„Heimgarten“, Graz.
Mein teurer Freund!
Deiner gestrigen, aus dem gewohnten Humor scharf hervorstechenden Äußerung nach zu schließen, hältst du den öffentlichen Vortrag der „Weiberpeitschen“ für indiskret. In diesem Falle würdest du sie missverstanden haben. Die den Männern entgegengesetzten moralischen Eigenschaften der Frauen sind seit jeher ein beliebter Gegenstand der männlichen Satire u. des drastischen Volkshumors gewesen. Große wie kleine Geister haben sich öffentlich in allen Formen damit befasst, und die Frauen, als die Klügeren, haben stets dazu geschmunzelt im vollen Bewusstsein, dass ihre Herrschaft u. ihr Wert in der Tat dadurch nicht geschmälert wird. Das einzige Gesetz des Satirikers in diesem Falle ist, dass er nicht bestimmte Merkmale bestimmter Frauen kennzeichnet, sondern dass er ihre allgemeinen Charakterfehler geißelt. Von diesem Grundsatze darf er nie abgehen, u. ich glaube denselben in meiner Satire streng befolgt zu haben. Wenn du, mein teurer Freund, dabei Anm.: nicht leserlich an die eigene Frau des vortragenden Dichters gedacht haben solltest, so versichere ich dich, dass keine einzige Strophe in der „Weiberpeitschen“ für meine Frau eine Anwendung finden kann, die über das Allgemeine hinausgeht, ja, dass die Satire gerade auf meine Frau gar nicht passt. Meine ehelichen Leiden – ich deutete sie dir ja einmal an, sind anderer Natur. Ich habe sie in der „Weiberpeitschen“ mit keiner Silbe gestreift. Wenn du die „Weiberpeitschen“ ruhig durchliest (sie steht im Februarheft des Heimgarten), so wirst du finden, dass alles schon tausendmal gesagt, gedruckt, gelesen worden ist, von Besseren, als ich bin, wenn ich auch zugebe, dass die Gedanken in der Volksmundart sich schneidiger ausnehmen als in der verwässerten Schriftsprache. Mir fällt jetzt nur ein, dass ich die Satire für alle Fälle mit den Worten hätte schließen können:
„Weg’n was ihm d’Weiber nit sein g’raten?
Der Stoff ist Schuld an all den Sachen.
A Männer-Ripp! Ich bitt euch gar schön!
Was lasst sich daraus Gutes machen?“
Das hätte dich ausgesöhnt, hätte aber doch zu viel Öl in die Wunden gegossen, welche die „Weiberpeitschen“ schlagen wollte. Denn Aufgabe der Satire ist es ja, zu geißeln, in eurem vorhandenen moralischen Gebreste einen brennenden Schmerz zu verursachen, damit man des Fehlers sich bewusst wird und darüber nachdenkt. Das öfter Nachdenken über die eigenen Charaktereigenschaften würde den Frauen gar nicht schaden. Müssen doch auch wir Männer unsere moralische Vervollkommnung durch Selbstforschung und Selbsterkenntnis unserer Fehler zu bezwecken suchen, und sind es gerade die Frauen, die uns darüber am leidenschaftlichsten belehren. Ich bin in einer französischen Zeitschrift einmal der „deutsche Frauenlob“ genannt worden. Nun das gäbe mir auch das Recht, einmal eine weniger erbauliche Wahrheit zu sagen. Ohnehin hebt die Weiberpeitsche in der Hand eines Mannes bald an zu grünen, zu blühen, bis sie plötzlich ein – Brautstrauß ist! Meine Frau hat, als ich ihr die „Weiberpeitschen“ vorlas, recht gelacht, also, verehrter Freund, tu auch du denselben Gefallen deinem
P. K. Rosegger
Graz, 25.2.1889
Heimgarten
Graz 29.5.1892
Mein treuer Freund!
Als ich mich heute an von dir verabschieden wollte, schliefst du u. eine Bitte, die ich dir unterbreiten wollte, musste unausgesprochen bleiben. Ich gebe im nächsten Spätherbste ein Buch heraus: „Allerlei Menschliches“, welches über allerhand wichtige menschliche gesellschaftliche, philosophische, literarische Dinge in ernsthafter Weise handeln wird. Es ist ein Buch, welches meinem innersten Wesen entsprungen ist und ich glaube, dass du fast durchgehend mit meinen Erwägungen und Ausführungen einverstanden sein wirst. Und weil mir dieses Buch besonders lieb ist, so möchte ich mit u. in demselben gerne ein kleines Freundesdenkmal setzen, wie es halt eben ein Port setzen kann. Mein erstes hochdeutsches Buch habe ich vor 22 Jahren deiner liebsten Frau gewidmet und sie hat die Widmung angenommen. Wenn ich dich nun schön bitte, die Widmung meines neuesten Werkes: „Allerlei Menschliches“ gütig anzunehmen – was wirst du sagen? Sage in Gottesnamen: Ja. Schau, ich möchte der Welt so gerne einmal zeigen, wie gern ich dich habe, u. nur solche Zueignung ist dafür das schlichteste und zugleich würdigste Mittel. Also wehre es mir nicht.
Die Hitze lähmt mich schier, ich schließe kurz. Gut Heil, mein edler Freund, für den Sommer!
Dein P. K. Rosegger
Metahof, d. 31.5.92
Lieber, teurer Freund!
Du hast in deinem lieben Briefe, welchen ich gestern erhielt, schon selbst angedeutet, dass du mich durch die Ehre – denn als solche kann ich es nur betrachten – welche du mir antun willst, und welche du so einfach als eine „Bitte“ bezeichnest, in Verlegenheit setzen würdest. Meine nicht, dass dies nur so eine Redensart von mir sei. Ich habe wirklich die Empfindung, dass Anm.: Folgendes ist durchgestrichen unser stilles, liebes, freundschaftliches Miteinander und u. Zusammen-Leben darunter leiden könnte, wenn es nun so gewissermaßen in die Öffentlichkeit gezogen würde. Anm.: Folgendes ist darübergeschrieben: die Welt nichts mit unserem lieben, freundschaftlichen Miteinander und Zusammenleben zu schaffen haben soll. Du willst mir, deinem uralten Freund, eine Freude machen, u. ich erkenne dies gewiss dankbar an, aber, liebes Peterl, es ist das zu viel für mich, wenn ich nun so auf einmal als Freund eines berühmten Dichters vor der Welt erscheinen soll – also glaube ich, wäre es besser, wir blieben genauso miteinander und beieinanderstehen, wie es bisher immer gewesen ist – unbefangen in treuer Freundschaft und Anhänglichkeit. Ich lege hier einen Wisch bei, auf dem dein Name steht. Der bedeutet, dass ich dir dieser Tage schreiben wollte, irgendetwas; es sollte auch eine Art Bitte sein, an dich, und dieser Wisch war das Erinnerungszeichen, nicht zu lange zu warten; denn die Zeit eilt schnell. Nun getraue ich mich kaum, dir meine Bitte vorzutragen, denn nach der Ehrenstellung, die du mir anweisen willst, bin ich nicht mehr so unbefangen wie früher. Wehren kann ich dir nicht, was du vorhast, aber ich musste dir auch das, was ich darüber denke und dabei empfinde, sagen. Gestern Abend stieg hier ein schweres Gewitter auf, was nach der herrschenden, abnormen Hitze sehr arg zu werden drohte. Nun ist es aber mit einem leichten Regen eingetreten; der gefürchtete steyrische Hagelschlag hat sich nicht eingestellt und die Luft doch abgekühlt. So hoffe, ich, wirst auch du nicht mehr von der argen Hitze zu leiden haben. Aber wenn nun das Gewitter sich zu einem kleinen Landregen ausbilden sollte, so werden die Menschen auch wieder jammern.
Zufrieden – scheint mir – sind nur zwei in der Welt: Gott und sein Peterl! Du!
Sei eilend und vielmals herzlich gegrüßt.
Dein alter treuer Freund
auch ein Peterl
Heimgarten
Krieglach, 5.6.1892
Mein teurer Freund!
Dein lieber Brief ist nicht ganz so, dass ich mir nun so ohne Weiteres erlauben dürfte, dir mein neues Buch „Allerlei Menschliches“ zuzueignen. Also wiederhole ich meine Bitte noch einmal. Das mir liebe Buch würde mir doppelt lieb werden, wenn es mit deinem Namen geschmückt wäre. Aber vergewaltigen möchte ich deinen Zartsinn, den ich ja sehr schätze, nicht. Also will ich es so machen: Wenn diese heutigen Zeilen unbeantwortet bleiben, dann unterlasse ich die Widmung; wenn du mir aber noch einmal schreibst, dass du „nicht als Freund eines berühmten Dichters vor der Welt erscheinen“ willst, dann unterlasse ich sie nicht – dann sollst du nur gestraft werden! Aber freilich, da du deinen angedeuteten Wunsch nur nicht ausgesprochen hast, habe ich kaum das Recht, den meinen so lebhaft zu bekommen. Den ersten Asthmasturm auf dem Lande habe ich bereits hinter mir. Der zweite dürfte an die Reihe kommen. Und doch bin ich froh, hier zu sein u. Ruhe zu haben. Dein Sohn Hans Anm.: Johann Dietrich „Hans“ v. Reininghaus, geb. 1867 ist ein Prachtjunge. Rührend ist’s, wie lieb er als Firmpath mit meinem Hansel Anm.: Sohn Hans Ludwig, geb. 1880 war, wie freundlich er mit dem Knaben den ganzen Vormittag sich abgegeben hat. Der Kleine ist dann auch ganz Feuer und Flamme für seinen Paten. Aber die herrliche goldene Uhr! Dem Knaben macht sie eine riesige Freude, aber mich drückt sie. Eine Kleinigkeit als Andenken wäre mehr als genug gewesen – doch ich muss immer mehr und noch mehr euer Schuldner sein, und du willst mir noch das einzige Mittelchen, das ich habe, nehmen, um meine Dankempfindung auch nur anzudeuten. Schau, ich habe ja nichts als das Wort u. mein Reichtum ist das Wort, und wie ich dir schon einmal geschrieben habe: Am Anfang war das Wort – und das Wort ist Fleisch geworden! So meine ich doch, dass es nicht ganz leerer Schall ist u. dass mein beabsichtigtes Unterfangen, durch ein Wort öffentlich zu sagen: Alter treuer Freund, ich verehre dich, ich hab’ dich gern – doch gerade kein müßiger Übermut ist.
Nun zieht ihr wohl bald auf euren schönen Landsitz, gleichsam auf dein steirisches Stückerl Westfälerland.
Gut Heil!
Dein Rosegger
Mein hochverehrter Freund!
Mich verlangt es, dich zu grüßen. Möge der Sommer dich auf deinem schönen, friedsamen Sommersitz erquicken. Schließen wir Ohr und Augen vor dem, was nicht gut und schön ist. So muss ich es machen, um nicht verzagt zu werden, denn mich hat’s wieder recht schlimm auf der Brust. Du wirst mir auch nicht mehr vorhalten können, dass ich zu viel sitze und arbeite; du wirst eher Ursache haben, mich auszuzanken, dass ich gar nichts mehr arbeite seit vielen Wochen.
Wenn’s das Befinden erlaubt, mache ich Bergpartien, das Angenehmste, was ich noch auf der Welt kann. Aber wenn dann wieder Husten und Atemnot ist, muss ich liegen. Dass ich nicht schlafen kann, ist das Schlimmste, helfe mir aber damit, dass ich an lauter angenehme Dinge und liebe Menschen denke und da bist du, mein Freund, nicht selten mein Genosse in schlaflosen Nächten.
Sepp und Hans sind noch in Graz, die übrigen sind wir alle hier versammelt u. ist somit nichts Schlimmes zu berichten. Lass mir einmal ein paar Zeilen schreiben, wie ihr alle beisammen seid und den Sommer zubringen wollt. Ich denke mir, dass du einen Teil deines Nachsommers damit zubringen wirst, dich über deine liebe Familie, über deine großen Lebensschöpfungen zu freuen u. interessante Memoiren niederzuschreiben. Ich habe im Vergleich zu dir so wenig erlebt u. so viel geschrieben!
Die herzlichsten Grüße von Haus zu Haus, besonders von deinem
Peter
Krieglach, 27.6.97
Hochverehrter Freund!
Es ist eigentlich banal, jemandem, den man sehr lieb hat, ausdrücklich Glück zu wünschen. Und andererseits ist’s doch gut, dass sich manchmal Gelegenheit ergibt, das, was man immerwährend empfindet, auszusprechen. Also mein verehrter, teurer Freund, ich wünsche dir noch eine lange und gesegnete Dauer deines fruchtreichen Erdenlebens! Bei uns nichts Neues – ich bin im Sommer mit einzelnen Familienmitgliedern viel in den steirischen, salzburgischen, tirolischen, ja selbst italienischen Alpen herumgestiegen. Habe mich dabei teilweise erholt, aber einen gewissen Rost noch nicht ganz von der Seele gebracht. Nun ist die Zeit, dass ich nicht mehr so viel gebückt am Schreibtisch sitze, denn mir macht seit einer Weile das Schreiben physisch große Anstrengung. In wenigen Wochen ziehen wir nach Graz, wo wir im Oktober wieder in unsere frühere Wohnung, Burggasse 12, übersiedeln, die uns vor 4 Jahren zu klein geworden war, nun aber durch Vereinigung mit einer Nachbarswohnung groß genug geworden ist. Mich hat’s immer wieder in mein trautes Zimmer zurückgezogen, wo ich so viele Jahre in Glück und Leid zugebracht. Nun wird´ ich’s mit Gotteswillen wiederhaben.
Tausend Grüße von Haus zu Haus. In der Hoffnung auf baldiges frohes Wiedersehen
Dein Peter Rosegger
Krieglach, 30.9.1897
Herr! Ihr könnt es nie und nimmer verantworten, was Ihr aus mir gemacht habt! Einen Trunkenbold! Morgen dürften in mir sich 3 Räusche collidieren: der von gestern, der von heute und der von morgen früh. Da zudem morgen auch meine Frau nach Krieglach abreisen dürfte, kann ich wahrscheinlich nicht zum Essen kommen. Sollte ich am nächsten Donnerstag abends nüchtern sein, so erscheine ich. Einstweilen tausend Dank für alle Spitze, Wichschen, Äffchen, Haarbeutel, Fetzen u. Mugels, die ich hinter mir habe und die mir noch bevorstehen. O Christkindl, was hast du da gemacht!
Vielen Dank! Mir hat der Mittwoch Anm.: durchgestrichen Donnerstag Abend sehr wohlbekommen. Wenn’s der Falb’sche Anm.: Rudolf Falb, Forscher und Meteorologe Schneesturm erlaubt, muss ich morgen nach Wien.
Herzlich grüßt dein
Graz 12.3.1892
Hochverehrter Freund! Herzlichen Dank für deine lieben Zeilen. Schone dich nur, dass du am nächsten Dienstag recht frisch und froh bist. – Ich komme jetzt wenig raus, Heimgarten drängt! – Deine liebe Frau hat uns wieder Bier schicken lassen. Vergelt´s Gott tausendmal!
Euer
Graz 20.4.1892
Sehr gerne, lieber Herr v. Reininghaus, erfülle ich Ihnen die kleine Bitte u. grüße Sie herzlichst.
Alle Transkriptionen Ulrike Reininghaus.
Peter Rosegger und die Familie Reininghaus
/in Reininghaus/Linie 1 /von Beate HemmerleinSo sehr Johann Peter Reininghaus auch Arbeitsmensch war – gleichzeitig trug er immer einen Band von Mörikes Gedichten bei sich. So ist es auch kein Zufall, der ihm den großen steirischen Dichter Peter Rosegger buchstäblich in die Arme führte. Dr. Swoboda von der „Grazer Tagespost“ hatte ihm von der Begabung dieses Dorfkindes geschrieben, das nichts Anderes als Bücher lesen wollte und von der Ausdrucksmöglichkeit des Wortes wie besessen war. Auf Rosegger aufmerksam geworden, hatte Johann Peter ihm die Werke Schillers geschickt. So stand eines Tages dieser Bauernbub im Hofe der Brauerei vor seinem Spender. Johann Peter reichte diesem Spielmann Gottes die Hand. Der eine war beglückt, in der Sprache des Bauernkindes das zu finden, was er suchte, und der andere brauchte die feste Hand, die ihn verankerte, damit er auf sicherem Grund stehe, um von da aus sein Wirken zu beginnen. Emma Urban-Reininghaus/100 Jahre Reininghaus
Johann Peter schickte Rosegger nach Laibach zu einem Buchhändler in die Lehre, von wo er jedoch von großem Heimweh getrieben alsbald zurückkehrte. So behielt Johann Peter ihn in Graz, verhalf ihm zu einem Studium und – was vielleicht noch ausschlaggebender war – wurde ihm ein wirklicher Freund. Er nahm ihn in die Familie auf, wo sich Therese mütterlich des jungen Dichters annahm. Rosegger hat die tiefe Freundschaft und Verbundenheit zur Familie Reininghaus auch lebenslang in gedenkenden Schriften immer wieder dokumentiert.
Brief an Johann Peter von Reininghaus, 28.12.1888
„Heimgarten“, Graz.
Mein teurer Freund!
Ich und immer ich habe zu danken. Diesmal eigentlich vor Allem meine Kinder, denen du mit der Nebelbilderanstalt Anm.: ähnlich Laterna magica immense Freude bereitet hast, die alle übrigen ihrer Christbaumfreuden ganz und gar verdunkelte. Wir großen Kinder ergötzen uns nicht minder an den prächtigen Lichtbildern und [es] findet jeden Tag eine sehr gut besuchte Vorstellung statt. Also tausend Dank. Warst du beim Hypnotiseur? Ich will nächstens deine Meinung darüber hören. Es ist möglich, dass ich dieser Tage nach Krieglach gehe, dann sehe ich euch in diesem Jahr nicht mehr. Ich beschließe es mit dem innigen Wunsche, das kommende Jahr möge dir und deiner Familie, die du so treu liebst, zum Heile sein! Übrigens möchte ich diesmal den Silvesterabend daheim bei meinen Kindern zubringen, also nicht nach Krieglach gehen, wo am Ranuihof meine Schwiegereltern und meine Frau das letzte Mal Silvester feiern wollen.
Gott Grüße euch zum neuen Jahre!
Euer Peter Rosegger
Graz, 28.12.1888
Brief an Johann Peter von Reininghaus, 25.02.1889
„Heimgarten“, Graz.
Mein teurer Freund!
Deiner gestrigen, aus dem gewohnten Humor scharf hervorstechenden Äußerung nach zu schließen, hältst du den öffentlichen Vortrag der „Weiberpeitschen“ für indiskret. In diesem Falle würdest du sie missverstanden haben. Die den Männern entgegengesetzten moralischen Eigenschaften der Frauen sind seit jeher ein beliebter Gegenstand der männlichen Satire u. des drastischen Volkshumors gewesen. Große wie kleine Geister haben sich öffentlich in allen Formen damit befasst, und die Frauen, als die Klügeren, haben stets dazu geschmunzelt im vollen Bewusstsein, dass ihre Herrschaft u. ihr Wert in der Tat dadurch nicht geschmälert wird. Das einzige Gesetz des Satirikers in diesem Falle ist, dass er nicht bestimmte Merkmale bestimmter Frauen kennzeichnet, sondern dass er ihre allgemeinen Charakterfehler geißelt. Von diesem Grundsatze darf er nie abgehen, u. ich glaube denselben in meiner Satire streng befolgt zu haben. Wenn du, mein teurer Freund, dabei Anm.: nicht leserlich an die eigene Frau des vortragenden Dichters gedacht haben solltest, so versichere ich dich, dass keine einzige Strophe in der „Weiberpeitschen“ für meine Frau eine Anwendung finden kann, die über das Allgemeine hinausgeht, ja, dass die Satire gerade auf meine Frau gar nicht passt. Meine ehelichen Leiden – ich deutete sie dir ja einmal an, sind anderer Natur. Ich habe sie in der „Weiberpeitschen“ mit keiner Silbe gestreift. Wenn du die „Weiberpeitschen“ ruhig durchliest (sie steht im Februarheft des Heimgarten), so wirst du finden, dass alles schon tausendmal gesagt, gedruckt, gelesen worden ist, von Besseren, als ich bin, wenn ich auch zugebe, dass die Gedanken in der Volksmundart sich schneidiger ausnehmen als in der verwässerten Schriftsprache. Mir fällt jetzt nur ein, dass ich die Satire für alle Fälle mit den Worten hätte schließen können:
„Weg’n was ihm d’Weiber nit sein g’raten?
Der Stoff ist Schuld an all den Sachen.
A Männer-Ripp! Ich bitt euch gar schön!
Was lasst sich daraus Gutes machen?“
Das hätte dich ausgesöhnt, hätte aber doch zu viel Öl in die Wunden gegossen, welche die „Weiberpeitschen“ schlagen wollte. Denn Aufgabe der Satire ist es ja, zu geißeln, in eurem vorhandenen moralischen Gebreste einen brennenden Schmerz zu verursachen, damit man des Fehlers sich bewusst wird und darüber nachdenkt. Das öfter Nachdenken über die eigenen Charaktereigenschaften würde den Frauen gar nicht schaden. Müssen doch auch wir Männer unsere moralische Vervollkommnung durch Selbstforschung und Selbsterkenntnis unserer Fehler zu bezwecken suchen, und sind es gerade die Frauen, die uns darüber am leidenschaftlichsten belehren. Ich bin in einer französischen Zeitschrift einmal der „deutsche Frauenlob“ genannt worden. Nun das gäbe mir auch das Recht, einmal eine weniger erbauliche Wahrheit zu sagen. Ohnehin hebt die Weiberpeitsche in der Hand eines Mannes bald an zu grünen, zu blühen, bis sie plötzlich ein – Brautstrauß ist! Meine Frau hat, als ich ihr die „Weiberpeitschen“ vorlas, recht gelacht, also, verehrter Freund, tu auch du denselben Gefallen deinem
P. K. Rosegger
Graz, 25.2.1889
Brief an Johann Peter von Reininghaus, 29.5.1892
Heimgarten
Graz 29.5.1892
Mein treuer Freund!
Als ich mich heute an von dir verabschieden wollte, schliefst du u. eine Bitte, die ich dir unterbreiten wollte, musste unausgesprochen bleiben. Ich gebe im nächsten Spätherbste ein Buch heraus: „Allerlei Menschliches“, welches über allerhand wichtige menschliche gesellschaftliche, philosophische, literarische Dinge in ernsthafter Weise handeln wird. Es ist ein Buch, welches meinem innersten Wesen entsprungen ist und ich glaube, dass du fast durchgehend mit meinen Erwägungen und Ausführungen einverstanden sein wirst. Und weil mir dieses Buch besonders lieb ist, so möchte ich mit u. in demselben gerne ein kleines Freundesdenkmal setzen, wie es halt eben ein Port setzen kann. Mein erstes hochdeutsches Buch habe ich vor 22 Jahren deiner liebsten Frau gewidmet und sie hat die Widmung angenommen. Wenn ich dich nun schön bitte, die Widmung meines neuesten Werkes: „Allerlei Menschliches“ gütig anzunehmen – was wirst du sagen? Sage in Gottesnamen: Ja. Schau, ich möchte der Welt so gerne einmal zeigen, wie gern ich dich habe, u. nur solche Zueignung ist dafür das schlichteste und zugleich würdigste Mittel. Also wehre es mir nicht.
Die Hitze lähmt mich schier, ich schließe kurz. Gut Heil, mein edler Freund, für den Sommer!
Dein P. K. Rosegger
Johann Peter von Reininghaus Brief (Entwurf) an Peter Rosegger, 31.5.1892
Metahof, d. 31.5.92
Lieber, teurer Freund!
Du hast in deinem lieben Briefe, welchen ich gestern erhielt, schon selbst angedeutet, dass du mich durch die Ehre – denn als solche kann ich es nur betrachten – welche du mir antun willst, und welche du so einfach als eine „Bitte“ bezeichnest, in Verlegenheit setzen würdest. Meine nicht, dass dies nur so eine Redensart von mir sei. Ich habe wirklich die Empfindung, dass Anm.: Folgendes ist durchgestrichen unser stilles, liebes, freundschaftliches Miteinander und u. Zusammen-Leben darunter leiden könnte, wenn es nun so gewissermaßen in die Öffentlichkeit gezogen würde. Anm.: Folgendes ist darübergeschrieben: die Welt nichts mit unserem lieben, freundschaftlichen Miteinander und Zusammenleben zu schaffen haben soll. Du willst mir, deinem uralten Freund, eine Freude machen, u. ich erkenne dies gewiss dankbar an, aber, liebes Peterl, es ist das zu viel für mich, wenn ich nun so auf einmal als Freund eines berühmten Dichters vor der Welt erscheinen soll – also glaube ich, wäre es besser, wir blieben genauso miteinander und beieinanderstehen, wie es bisher immer gewesen ist – unbefangen in treuer Freundschaft und Anhänglichkeit. Ich lege hier einen Wisch bei, auf dem dein Name steht. Der bedeutet, dass ich dir dieser Tage schreiben wollte, irgendetwas; es sollte auch eine Art Bitte sein, an dich, und dieser Wisch war das Erinnerungszeichen, nicht zu lange zu warten; denn die Zeit eilt schnell. Nun getraue ich mich kaum, dir meine Bitte vorzutragen, denn nach der Ehrenstellung, die du mir anweisen willst, bin ich nicht mehr so unbefangen wie früher. Wehren kann ich dir nicht, was du vorhast, aber ich musste dir auch das, was ich darüber denke und dabei empfinde, sagen. Gestern Abend stieg hier ein schweres Gewitter auf, was nach der herrschenden, abnormen Hitze sehr arg zu werden drohte. Nun ist es aber mit einem leichten Regen eingetreten; der gefürchtete steyrische Hagelschlag hat sich nicht eingestellt und die Luft doch abgekühlt. So hoffe, ich, wirst auch du nicht mehr von der argen Hitze zu leiden haben. Aber wenn nun das Gewitter sich zu einem kleinen Landregen ausbilden sollte, so werden die Menschen auch wieder jammern.
Zufrieden – scheint mir – sind nur zwei in der Welt: Gott und sein Peterl! Du!
Sei eilend und vielmals herzlich gegrüßt.
Dein alter treuer Freund
auch ein Peterl
Brief an Johann Peter von Reininghaus, 5.6.1892
Heimgarten
Krieglach, 5.6.1892
Mein teurer Freund!
Dein lieber Brief ist nicht ganz so, dass ich mir nun so ohne Weiteres erlauben dürfte, dir mein neues Buch „Allerlei Menschliches“ zuzueignen. Also wiederhole ich meine Bitte noch einmal. Das mir liebe Buch würde mir doppelt lieb werden, wenn es mit deinem Namen geschmückt wäre. Aber vergewaltigen möchte ich deinen Zartsinn, den ich ja sehr schätze, nicht. Also will ich es so machen: Wenn diese heutigen Zeilen unbeantwortet bleiben, dann unterlasse ich die Widmung; wenn du mir aber noch einmal schreibst, dass du „nicht als Freund eines berühmten Dichters vor der Welt erscheinen“ willst, dann unterlasse ich sie nicht – dann sollst du nur gestraft werden! Aber freilich, da du deinen angedeuteten Wunsch nur nicht ausgesprochen hast, habe ich kaum das Recht, den meinen so lebhaft zu bekommen. Den ersten Asthmasturm auf dem Lande habe ich bereits hinter mir. Der zweite dürfte an die Reihe kommen. Und doch bin ich froh, hier zu sein u. Ruhe zu haben. Dein Sohn Hans Anm.: Johann Dietrich „Hans“ v. Reininghaus, geb. 1867 ist ein Prachtjunge. Rührend ist’s, wie lieb er als Firmpath mit meinem Hansel Anm.: Sohn Hans Ludwig, geb. 1880 war, wie freundlich er mit dem Knaben den ganzen Vormittag sich abgegeben hat. Der Kleine ist dann auch ganz Feuer und Flamme für seinen Paten. Aber die herrliche goldene Uhr! Dem Knaben macht sie eine riesige Freude, aber mich drückt sie. Eine Kleinigkeit als Andenken wäre mehr als genug gewesen – doch ich muss immer mehr und noch mehr euer Schuldner sein, und du willst mir noch das einzige Mittelchen, das ich habe, nehmen, um meine Dankempfindung auch nur anzudeuten. Schau, ich habe ja nichts als das Wort u. mein Reichtum ist das Wort, und wie ich dir schon einmal geschrieben habe: Am Anfang war das Wort – und das Wort ist Fleisch geworden! So meine ich doch, dass es nicht ganz leerer Schall ist u. dass mein beabsichtigtes Unterfangen, durch ein Wort öffentlich zu sagen: Alter treuer Freund, ich verehre dich, ich hab’ dich gern – doch gerade kein müßiger Übermut ist.
Nun zieht ihr wohl bald auf euren schönen Landsitz, gleichsam auf dein steirisches Stückerl Westfälerland.
Gut Heil!
Dein Rosegger
Brief an Johann Peter von Reininghaus, 27.06.1897
Mein hochverehrter Freund!
Mich verlangt es, dich zu grüßen. Möge der Sommer dich auf deinem schönen, friedsamen Sommersitz erquicken. Schließen wir Ohr und Augen vor dem, was nicht gut und schön ist. So muss ich es machen, um nicht verzagt zu werden, denn mich hat’s wieder recht schlimm auf der Brust. Du wirst mir auch nicht mehr vorhalten können, dass ich zu viel sitze und arbeite; du wirst eher Ursache haben, mich auszuzanken, dass ich gar nichts mehr arbeite seit vielen Wochen.
Wenn’s das Befinden erlaubt, mache ich Bergpartien, das Angenehmste, was ich noch auf der Welt kann. Aber wenn dann wieder Husten und Atemnot ist, muss ich liegen. Dass ich nicht schlafen kann, ist das Schlimmste, helfe mir aber damit, dass ich an lauter angenehme Dinge und liebe Menschen denke und da bist du, mein Freund, nicht selten mein Genosse in schlaflosen Nächten.
Sepp und Hans sind noch in Graz, die übrigen sind wir alle hier versammelt u. ist somit nichts Schlimmes zu berichten. Lass mir einmal ein paar Zeilen schreiben, wie ihr alle beisammen seid und den Sommer zubringen wollt. Ich denke mir, dass du einen Teil deines Nachsommers damit zubringen wirst, dich über deine liebe Familie, über deine großen Lebensschöpfungen zu freuen u. interessante Memoiren niederzuschreiben. Ich habe im Vergleich zu dir so wenig erlebt u. so viel geschrieben!
Die herzlichsten Grüße von Haus zu Haus, besonders von deinem
Peter
Krieglach, 27.6.97
Brief an Johann Peter von Reininghaus, 30.09.1897
Hochverehrter Freund!
Es ist eigentlich banal, jemandem, den man sehr lieb hat, ausdrücklich Glück zu wünschen. Und andererseits ist’s doch gut, dass sich manchmal Gelegenheit ergibt, das, was man immerwährend empfindet, auszusprechen. Also mein verehrter, teurer Freund, ich wünsche dir noch eine lange und gesegnete Dauer deines fruchtreichen Erdenlebens! Bei uns nichts Neues – ich bin im Sommer mit einzelnen Familienmitgliedern viel in den steirischen, salzburgischen, tirolischen, ja selbst italienischen Alpen herumgestiegen. Habe mich dabei teilweise erholt, aber einen gewissen Rost noch nicht ganz von der Seele gebracht. Nun ist die Zeit, dass ich nicht mehr so viel gebückt am Schreibtisch sitze, denn mir macht seit einer Weile das Schreiben physisch große Anstrengung. In wenigen Wochen ziehen wir nach Graz, wo wir im Oktober wieder in unsere frühere Wohnung, Burggasse 12, übersiedeln, die uns vor 4 Jahren zu klein geworden war, nun aber durch Vereinigung mit einer Nachbarswohnung groß genug geworden ist. Mich hat’s immer wieder in mein trautes Zimmer zurückgezogen, wo ich so viele Jahre in Glück und Leid zugebracht. Nun wird´ ich’s mit Gotteswillen wiederhaben.
Tausend Grüße von Haus zu Haus. In der Hoffnung auf baldiges frohes Wiedersehen
Dein Peter Rosegger
Krieglach, 30.9.1897
Peter Rosegger Visitenkarten mit Nachrichten für Johann Peter von Reininghaus, 1892
Herr! Ihr könnt es nie und nimmer verantworten, was Ihr aus mir gemacht habt! Einen Trunkenbold! Morgen dürften in mir sich 3 Räusche collidieren: der von gestern, der von heute und der von morgen früh. Da zudem morgen auch meine Frau nach Krieglach abreisen dürfte, kann ich wahrscheinlich nicht zum Essen kommen. Sollte ich am nächsten Donnerstag abends nüchtern sein, so erscheine ich. Einstweilen tausend Dank für alle Spitze, Wichschen, Äffchen, Haarbeutel, Fetzen u. Mugels, die ich hinter mir habe und die mir noch bevorstehen. O Christkindl, was hast du da gemacht!
Vielen Dank! Mir hat der Mittwoch Anm.: durchgestrichen Donnerstag Abend sehr wohlbekommen. Wenn’s der Falb’sche Anm.: Rudolf Falb, Forscher und Meteorologe Schneesturm erlaubt, muss ich morgen nach Wien.
Herzlich grüßt dein
Graz 12.3.1892
Hochverehrter Freund! Herzlichen Dank für deine lieben Zeilen. Schone dich nur, dass du am nächsten Dienstag recht frisch und froh bist. – Ich komme jetzt wenig raus, Heimgarten drängt! – Deine liebe Frau hat uns wieder Bier schicken lassen. Vergelt´s Gott tausendmal!
Euer
Graz 20.4.1892
Sehr gerne, lieber Herr v. Reininghaus, erfülle ich Ihnen die kleine Bitte u. grüße Sie herzlichst.
„Auf alle Wiegen sollt man’s schreiben, in alle Särge sollt’ man’s schneiden. Just so, wie’s die Menschen treiben, just so müssen sie’s auch leiden.“ Peter Rosegger am Todestag von Johann Peter v. Reininghaus
Alle Transkriptionen Ulrike Reininghaus.
Abfindungserklärung von Paul und Fritz Reininghaus
/in Reininghaus/Linie 5 /von Beate HemmerleinAm 25. Oktober 1889 verfassten die beiden Söhne von Julius Reininghaus, Paul und Fritz, eine Abfindungserklärung an Johann Peter von Reininghaus. Trotz dieser Erklärung führte Fritz Reininghaus ab 1908 einen jahrelangen Rechtsstreit mit Therese von Reininghaus und mehreren Mitgliedern der Familie Mautner Markhof.
An unseren lieben Onkel Peter von Reininghaus, Graz
Wir unterfertigten Paul und Fritz Reininghaus als Erben nach unseren Eltern Julius und Emilie Reininghaus bestätigen hiermit auch im eigenen Namen aus dem Rechtsumstande des Verkaufes der unserem Vater, respektive uns Erben gehörig gewesenen Anteilsrechte an dem Gesellschafter-Vermögen der Firma Brüder Reininghaus die endgiltige Nachtragszahlung von zusammen fl. Ö. W. 524.000,- zur Teilung in zwei gleiche Teile à jew fl. Ö. W. 262.000 – schreibe zweihundertsechzig zweitausend Gulden Ö. W. in Baren und zwar durch die Österreichische Credit-Anstalt in Wien am 14. Oktober 1889 zugezählt erhalten zu haben.
In Würdigung des Umstandes, daß eine genaue Bezifferung nicht leicht möglich war, hast du Onkel dich mit verwandtschaftlicher Bereitwilligkeit zu einem Vergleiche bestimmen lassen und resultierte daraus der obige Ausgleichsbetrag von zusammen fünfhundertzwanzig und vier tausend Gulden Ö. W.
Auch erblicken wir nunmehr in der schon im Vorjahre von dir lieber Onkel beabsichtigten Zuweisung eines bedeutenden Vermögens-Betrages bereits eine von deiner Seite ausgegangene Anregung zur Ordnung dieser Angelegenheit und konnten wir uns nur in einem gewissen Gefühle der Unsicherheit über deine damalige, jedenfalls aber liebevolle Intention zur Annahme nicht entschließen.
Es ist ebenso bekannt, dass unsere nach dem Tode des Vaters aufgestellten Interessen-Vertreter alsbald nach diesem Zeitpunkte eine definitive Auseinandersetzung in obigem Sinn keineswegs gewärtigen, sondern dass sowohl die Ermittlung als Befriedigung unserer Rechte erst der späteren Zukunft überlassen worden ist.
Wir Unterzeichneten erklärten uns somit durch die obige Auseinandersetzungsziffer, beziehungsweise obige Zahlung für vollkommen befriedigt und erklären infolgedessen ohne Rückhalt, dass weder wir noch unsere Erben weitere Ansprüche oder Forderungen an dich, deine Gattin, deine Erben oder an die Firma Brüder Reininghaus aus diesen vollkommen gelösten Rechtsverhältnissen stellen können oder stellen werden.
Paul Reininghaus m/p / Paul Reininghaus als Bevollmächtigter von Fritz Reininghaus
Abfindungserklärung von Julius Reininghaus Söhnen Paul & Fritz an Johann Peter von Reininghaus, Wien 25.10.1889
Fritz Reininghaus und der Prozess gegen die Familie
/in Reininghaus/Linie 5 /von Beate HemmerleinAb 1908 führte Fritz Reininghaus einen jahrelangen Rechtsstreit mit Therese von Reininghaus und mehreren Mitgliedern der Familie Mautner Markhof. Ein kurzer Auszug aus einem von ihm 1929 verfassten Rundschreiben an die Erben und Erbeserben von Adolf Ignaz Mautner von Markhof soll einen ersten Einblick in die Argumentation geben.
… Einige Jahre nach dem Steinfelder Vergleichsabschluß wurde ich von befreundeter Seite darauf aufmerksam gemacht, es seien Gerüchte im Umlauf, als wäre auch diese Nachtragszahlung nur eine freiwillige familiäre Leistung gewesen; dies mit dem Rate, ich solle den Anlass dieser Nachtragszahlung in einem Promemoria festlegen. Ich wollte diesen Rat befolgen. Als ich nun, mich hierzu vorzubereiten, in die den Verlaß betreffenden Akten bei Gericht Einsicht nahm, erfuhr ich zu meiner Verblüffung, daß ich und meine Brüder nach dem Tode unseres Vaters überdies berechtigt gewesen wären, die Steinfelder Gesellschaft mit Peter Reininghaus fortzusetzen, und daß der dieses Recht feststellende Gesellschaftsvertrag zwischen meinem Vater Julius und seinem Bruder Peter dem Abhandlungsgericht gar nicht vorgelegt worden war, und dann in Konsequenz dieses Umstandes, daß uns Julius Reininghaus´schen Erben durch die Nichtbeachtung dieses unseres Rechtes uns noch viel größere Vermögenswerte entgangen sind, als jene, derentwegen jene vorerwähnte vergleichsweise Nachzahlung im Jahre 1890 erfolgt war. Und dieserhalb habe ich dann eingangs erwähnten Schadenersatzprozeß gegen einige der Erben nach meinem seinerzeitigen Kurator, Adolf Mautner, und nach dem Mitgesellschafter meines Vaters, Peter Reininghaus geführt. … Fritz Reininghaus, August 1929
Rundschreiben von Fritz Reininghaus an die Erben von Adolf Ignaz Mautner von Markhof
/in Reininghaus/Linie 5 /von Beate Hemmerlein„Und wenn das Recht dadurch zermalmt wird, daß ein Fels darauf gewälzt wird, wird dieser Felsbrock selbst zu seinem Gedenkstein.“ Rabenstein, im August 1929
Im August 1929, vier Jahre vor seinem Tod, verfasste Fritz Reininghaus noch ein erklärendes Rundschreiben, das seine Sichtweise über das ihm mutmaßlich vorenthaltende Erbe ausführlich dokumentiert. Sein Nachlass soll gewürdigt werden, es darf sich jeder Nachkomme seine eigene Meinung darüber bilden.
Rundschreiben von Fritz Reininghaus an die Erben von Adolf Ignaz Mautner von Markhof, August 1929
Die Geschichte der Familien Reininghaus – Vollmann
/in Reininghaus/Linie 1 /von Beate HemmerleinDie Wurzeln der Familien Reininghaus und Vollmann sind miteinander verwoben. Erhalten geblieben sind uns die diesbezüglichen Berichte (1908 und 1972) von Herrn C. D. Otto Vollmann und Dr. Kary Rokitansky, dem Urenkel von Johann Peter und Therese von Reininghaus, Enkel der Emilie Keil von Bündten und Sohn von Gertrude Rokitansky geb. Keil von Bündten.
Im Gedenken an unsere lieben Verstorbenen
/in Grabverein /von Frances Mautner MarkhofLiebe Verwandte!
Manche von uns besuchen sie wöchentlich, manche einmal im Jahr, manche niemals – die Orte, an denen unsere (Ur)Großeltern, Onkeln und Tanten, Eltern, Ehemänner und Ehefrauen oder auch Geschwister und vielleicht sogar Kinder ihre letzte Ruhe gefunden haben. Wie oft auch immer wir uns die Zeit dazu nehmen, sie sind und bleiben besondere Orte und sie bedürfen unserer Aufmerksamkeit. Wenn wir vor ihnen stehen, gedenken wir der lieben Verstorbenen, verharren in Stille, freuen uns über Blumen, entzünden eine Kerze. Wir betrachten die Inschriften, bewundern die kunstvollen Grabsteine und Ornamente und schmücken sie ab und zu mit einem Kranz – jeder für sich selbst und doch auch für alle.
Genauso wie wir uns über einen tadellosen Zustand der Ruhestätten freuen, so empfinden wir es als Ärgernis, wenn sie verwahrlost, ungepflegt oder beschädigt sind. Aus diesem Grund haben einige Familienmitglieder die Initiative ergriffen und den Verein ins Leben gerufen.
Alle, an die wir uns mit diesem Verein wenden, sind durch Vorfahren oder nahe Verwandte nicht nur familiär, sondern auch emotional mit diesen Gräbern verbunden. Der Verein steht daher allen Familienmitgliedern offen und soll unsere Bemühungen für diese Orte des Gedenkens an unsere geliebten Verstorbenen bündeln. Er wird daher nicht nur die Pflege und Erhaltung in den Mittelpunkt seiner Tätigkeit stellen, sondern – so hoffen wir – auch dem Zusammenhalt unserer Familienmitglieder dienen.
Wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen, so bin ich sicher, dass es uns gelingen wird, alle diese wundervollen Ruhestätten entsprechend instand zu setzen und zu pflegen, damit wir und zukünftige Generationen sich stets daran erfreuen können.
Frances Mautner Markhof
Obfrau MMFG
Verfasst von Frances Mautner Markhof
Verein zur Erhaltung der Mautner Markhof´schen Familiengräber
/in Grabverein /von Frances Mautner MarkhofWir freuen uns im Namen des Vorstandes mitteilen zu dürfen, dass mit 25.4.2013 der Verein zur Erhaltung der Mautner Markhof´schen Familiengräber ins Leben gerufen wurde. Dieser Verein soll ein würdiges Gedenken an unsere lieben verstorbenen Familienmitglieder und Vorfahren sicherstellen und eine gemeinsame Basis für den Erhalt der historisch wertvollen Grabanlagen der Familie Mautner Markhof schaffen. Die Grabnutzungsrechte dieser Gräber wurden an den Verein übertragen.
Von nun an wird sich der Verein, sämtliche Funktionen werden ehrenamtlich ausgeführt, um die Betreuung, Verwaltung und Renovierung der Grabanlagen am Wiener Zentralfriedhof, Friedhof Stammersdorf und Friedhof Hietzing kümmern. Die damit verbundenen Kosten wurden seit Anbeginn von einigen wenigen Familienzweigen getragen. Nach Auflösung der Mautner Markhof´schen Nahrungs- und Genussmittelbeteiligungs-AG wurden sämtliche Grabbetreuungsaufgaben von einzelnen Familienmitgliedern erledigt. In Zukunft sollen diese Aufgaben auf eine breitere Familienbasis, unter Einbeziehung vor allem der jeweils nächsten beiden Generationen, gestellt werden. Hierfür bedarf der Verein aktiver Unterstützung.
Unsere gemeinsamen Wurzeln verbinden uns alle, so wie auch die Tätigkeit des Vereins uns alle betrifft und uns allen dient. Es liegt an uns und unseren Nachkommen, den Erhalt der Familiengräber zu sichern und für die Pflege der Grabanlagen unserer lieben Verstorbenen zu sorgen.
Der Vorstand hat einen Jahresmitgliedsbeitrag von € 120,- pro Person festgelegt. Mit Einzahlung des Beitrages und Einsendung der Beitrittserklärung ist der Beitritt erfolgt. Eltern steht es frei für ihre minderjährigen Kinder den Mitgliedsbeitrag zu leisten. Darüberhinausgehende Spenden sind herzlich willkommen.
Wir hoffen auf die Unterstützung vieler Familienmitglieder und danken im Namen des Vorstandes.
Frances Mautner Markhof
Obfrau
und
Heinrich Mautner Markhof
Stv. der Obfrau
Verfasst von Frances Mautner Markhof
Von Irgendwo in alle Welt
/in Familienchronik /von Georg (IV.) J. E. Mautner MarkhofDie Geschichte der Familie Mautner Markhof – von 1690 bis 1997. Eine abenteuerliche Familiensaga, welche nicht nur den Zeitgeist dreier Jahrhunderte, sondern auch die Turbulenzen der industriellen Gründerzeit widerspiegelt.
Von Irgendwo in alle Welt
Verfasst von Georg (IV.) J. E. Mautner Markhof
Mautner von Markhof-Stiftung 1889
/in Adolf Ignaz Ritter Mautner von Markhof /von Beate HemmerleinDie Mautner von Markhof´sche Stiftung zur Speisung armer Schulkinder in Baden
Am 5. September 1889 erwirbt Adolf Ignaz Ritter Mautner von Markhof von Henriette Gräfin Christalnigg in Baden eine Villa mit Garten, um sie der Stadtgemeinde für eine zu errichtende Stiftung zu übergeben. Er ordnete alles selbst im Detail an, engagierte auch Kindergärtnerin und Haushälterin für Betreuung der Wirtschaft und Bereitung der Speisen. Er hatte die Absicht, die ganze Anstalt selbst oder durch seine Bevollmächtigten zu leiten. Bereits am 15. November 1889 begann er – noch auf eigene Kosten – mit dem Betrieb, als ihn der Tod am Weihnachtsabend desselben Jahres, im 88. Lebensjahr, ereilte.
Auszüge aus dem Stiftbrief vom 27. Juni 1891
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Mautner von Markhof-Stiftung in Baden bei Wien
Einverleibung der Mautner Markhof-Stiftung 1889 Baaden in die NS-Volkswohlfahrt, 1939
Heute denkmalgeschütztes Objekt der Gemeinde Baden
Das Armenhaus in Smiřice
/in Adolf Ignaz Ritter Mautner von Markhof /von Beate Hemmerlein„Pietà/Pietät“ im Sinne andächtig dankbarer Erinnerung an empfangene Wohltaten war ein Grundzug des Charakters von Adolf Ignaz Mautner von Markhof. So kam es auch, dass sein Streben stets darauf gerichtet war, seinen geliebten Eltern ein bleibendes Denkmal zu setzen. Dass infolge seiner Weltanschauung ein solches Denkmal kein prunkvolles Monument, sondern ein Humanitäres, den Mitbürgern zugute kommendes sein musste, war selbstverständlich. Dem Drang seines Herzens folgend, die Eltern zu ehren und den Bürgern seiner Vaterstadt eine für alle Zeiten bleibende Wohltat zukommen zu lassen, erstand er sein Geburtshaus in Smiřice, in dem seine Eltern bis zu ihrem Tode gewohnt hatten. Er bestimmte dasselbe für verarmte Gemeindemitglieder beiderlei Geschlechts, jeglicher Konfession und Nationalität. Dieser seiner Lieblingsstiftung galt von diesem Moment an seine Hauptsorge und er bedachte sie in Folge in geradezu rührender Weise. So wählte er zu Weihnachten nicht nur die Gaben selbst aus, sondern stiftete auch ein allgemeines Kapital, aus dessen Zinsertrag eine Beteiligung der Pfründner zu diesem Zeitpunkt zu erfolgen hatte. Nicht nur sorgte er in den Wintermonaten für Holz zur Beheizung, sondern kaufte auch neue Grundstücke hinzu, um für jeden Insassen einen kleinen Küchengarten anlegen zu können. Als infolge von Feuchtigkeit die Wohnungen in den alten Gemäuern für die Gesundheit der Untergebrachten gefährlich zu werden drohten und die getroffenen Gegenmaßnahmen keine gründliche Abhilfe versprachen, fasste er den Entschluss, das ganze Gebäude durch ein neues zu ersetzen, das allen Bedürfnissen entsprach. Mit größtem Eifer betrieb der den Bau des neuen Armenhauses, dem er einen Kindergarten* hinzugefügt hatte, befasste sich selbst mit der Planung aller Details und vermehrte stets die ursprünglich veranschlagte Summe zum Zwecke weiterer Verschönerung und größerem Komforts. So fügte er dem ursprünglichen Entwurf einen Uhrturm hinzu, setzte sich eingehend mit der Auswahl passender Möbelstücke auseinander, mit den aufzustellenden Laternen, einem Schutzgitter zur Straße hin, und alles mit einer Eile, gleichsam in einer Vorahnung, dass dies sein letzter großer Wohltätigkeitsakt auf Erden sein könnte. In seiner liebevollen Fürsorge ging er so weit, dass er schließlich auch für alle Bewohner eigene Kleidung anfertigen ließ. Er ordnete eingehend die bei der Schlusssteinlegung üblichen Festlichkeiten an, stellte alle Mittel für die Feierlichkeiten zur Verfügung und war eifrigst darum bemüht, die ganze Stiftung unter das Protektorat eines Mitgliedes des Kaiserhauses zu stellen. Schließlich erlebte er mit Freude sein Werk vollendet zu wissen, wenn auch nicht selbst zu sehen, denn leider hinderten ihn Alter und Ungunst der Jahreszeit persönlich am 15. Oktober 1889 an der Einweihungsfeier des Hauses teilzunehmen. Er ließ sich dabei von einer großen Anzahl männlicher Familienmitglieder vertreten und feierte zur selben Stunde in seinem eigenen Wohnsitz ein Familienfest, zu welchem alle in Wien lebenden Mitglieder berufen wurden, und bei welchem Adolf Ignaz mit eindringlichen Worten Zweck und Bedeutung seiner Stiftung betonte. So war sein eifriges Bestreben auch darauf gerichtet, andere zu gleichem Vorgehen anzuregen und unter Vorweisung des Modells seines Elternhauses und der Pläne des neuen Armenhauses recht deutlich zu versinnbildlichen, wie durch Fleiß und Wille auch bei kleinen Anfängen Großes geleistet werden konnte.
„Auch ein Greisenasyl in Smiric hat viel Gutes geleistet. Ich habe einmal im Auftrage meines Vaters dieses Asyl aufgesucht und an alle Insassen Geldbeträge verteilt. Ich werde nie vergessen, mit welchem Jubel und Freude die alten Leutchen mich umringten und sich freuten einen Enkel ihres großen Wohltäters zu sehen. Das war, bevor sie wussten, dass sie auch Geschenke bekommen werden.“ 1
1 Theodor I. Mautner Markhof, „So war´s“
* Der Kindergarten in Smiřice wurde 1889 gegründet und am 2. Dezember 1889 mit 39 Kindern eröffnet. Er befindet sich im Gebäude des damaligen städtischen Armenhauses in der heutigen Mlýnská-Straße Nr. 111. In den Einträgen zu den Basisfonds, die der Gründeranzeige gewidmet sind bestimmte Adolf Ignaz auch die Einrichtung und den Unterhalt eines Babysitters. Anfang Dezember begann die städtische Küche zu arbeiten und versorgte täglich 50 Schulkinder und 20 arme Stadtbewohner mit einem Mittagessen.