Kammersänger Direktor Eberhard Freiherr von Waechter, geb. 8. 7. 1929, gest. 29.3.1992. Aus seiner Ehe mit Franziska Maria Gräfin Marenzi stammen sechs Kinder.
Seine Witwe Franziska berichtet von seiner unerschöpflichen Energie (ein Erbteil seiner Mutter) und bewunderte seine unglaubliche Konzentrationsfähigkeit, seine Beobachtungsgabe und seine Schlagfertigkeit -stets fiel ihm sofort eine passende Antwort ein. Seine ganze Liebe galt der Oper; er war mit Leib und Seele Sänger und ein echtes Theaterblut. Franziska Waechter erinnert sich an endlose, durch Jahrzehnte geführte Diskussionen, wie man die Staatsoper besser führen könnte. Als Eberhard Volksopern- und später Staatsoperndirektor wurde, ging es ihm nicht um die Stellung als solche, er wollte einfach die Oper (auch in wirtschaftlicher Hinsicht) gut führen und seine Ideen verwirklichen.
Einen Tag vor seinem Tod sagte er noch: „Ich habe im Leben alles erreicht, was ich erreichen wollte“.
Das Opernjournal der Wiener Staatsoper brachte im März 1997 anlässlich seines fünften Todestages Beiträge aus seinem Freundeskreis. Einige Auszüge daraus:
Es war schon ein warmer Frühlingstag, jener Sonntag, der 29. März 1992. Nach einer Wohltätigkeitsmatinee in der Staatsoper saßen wir in einem Wiener Hotel zum Mittagessen beisammen. Eberhard Waechter war von ansteckend guter Laune, hatte viel und mit größtem Appetit gegessen, lachte viel und laut, so wie nur er es konnte. Vierzehn Tage zuvor hatte er die Witwe des beim Langlaufen verstorbenen Orchesterbetriebsrates mit den Worten getröstet, wie sehr er ihren Mann beneidete, dass er plötzlich und schmerzlos in der Natur gestorben sei. Wenn er sich selbst es aussuchen könnte, sagte er, würde er aber lieber im Wald als im Schnee sterben. Nach unserem Mittagessen an jenem Sonntag ging er im Wienerwald spazieren und starb den Sekundentod. Sein Wunsch ist in Erfüllung gegangen: Er verließ uns plötzlich, glücklich und bei voller Kraft. Er hinterließ uns die Erinnerung an einen großen Menschen. An einen Menschen, dessen Wort immer galt, für den die Anliegen anderer vordringlich waren; einen Menschen, der Arbeit, Fleiß, Aufrichtigkeit und Hingabe, aber auch Talent, Schaffenskraft, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit über alles schätzte. Er war ein Demokrat bis ins Mark, ein begeisterter Österreicher und ein Wiener, den schon in St. Pölten das Heimweh plagte. Sein Leben galt seiner großen Familie und der Wiener Staats- und Volksoper. Er hatte in beiden Häusern als Sänger das Höchste erreicht. Als deren Direktor hatte er sie tiefgreifend verändert und geprägt, insbesondere in seinem Bemühen, der Staatsoper ihre Identität wiederzugeben.
Ioan Holender
Wir wollten an diesem 29. März viel Spaß haben. Otti Schenk und ich gaben eine Benefizmatinee in der Staatsoper, ich glaube zur Schaffung eines Österreich-Lehrstuhls an der Hebräischen Universität Jerusalem. Otti sprühte vor Humor. Ich war stolz. dass ich die verschollene Operette ,,Des Teufels Weib“ von Adolf Müller jun. ausgegraben hatte, aus der Heinz Zednik ein kleines Chanson blendend sang, Text von Theodor Herzl. Eberhard Waechter hörte aus seiner Loge zu; nahe Freunde glaubten, eine besondere Müdigkeit an ihm bemerkt zu haben. Nach der Matinee ging es zu einem großen Festessen in das Hilton. Hier war Eberhard inmitten zahlloser Gäste bei tollster Laune, lustig, übermütig und oftmaliger Besucher des langen Buffets. Ich saß an seinem Tisch, gemeinsam mit Otti, Senta Wengraf, … Unsere Kunstgespräche liefen heiß, Eberhard steuerte viel zynischen und kaustischen Witz bei, an diesem Tisch ging es mehr als animiert zu. Langsam verschwanden nach dem Essen die Gäste. Zunächst Otti und Senta zu ihrer Nachmittagsvorstellung von „Othello darf nicht platzen“ in den Kammerspielen, Holender pendelte, Pappas blieb, ich hatte noch kurz Gelegenheit, mit Eberhard über seine Idee zu meiner Robert-Stolz-Revue „Servus Du“ an der Volksoper zu sprechen. Dann gab Eberhard das Signal zum Aufbruch. Er entschuldigte sein Verschwinden mit seiner großen Naturliebe, er wollte noch bei lichtem Tage mit seiner Frau im Wienerwald spazieren gehen. Nach diesem Abschied ging ich nach Hause, um zu schlafen. Gegen 18 Uhr rief mich Senta Wengraf aus den Kammerspielen an. Wir verstummten in sprachlosem Entsetzen und ungläubiger Trauer über das Unfassbare, das sich auf jenem Spaziergang im Wienerwald ereignet hatte.
Marcel Prawy
Verfasst von Christa Nekolar