Gustav I.

Gustav Peter Georg Ritter Mautner von Markhof / 16.11.1909 – 7.10.1970

Dipl.-Ing. Gustav I. Mautner Markhof war der Sohn von Georg II. Anton und Emilie Mautner von Markhof (geb. von Reininghaus). Seine frühe Kindheit verbrachte er im „Mautner Schlössl“ in Floridsdorf und am Familiensitz „Zwei Eichen“ in Gaaden. Von seinen Eltern und Geschwistern wurde er „Puzzi“ genannt.

Gustav I. absolvierte die Realschule in Wien VII. Handwerklich schon immer sehr talentiert, durchlief er während seiner Schulzeit ein Praktikum in der Schlosserei der St. Georgs-Brauerei und studierte anschließend Maschinenbau an der Technischen Hochschule in Wien, wo er sein Studium 1933 mit der Graduierung zum Diplom-Ingenieur abschloss, um gleich danach ins Familienunternehmen einzutreten. Im selben Jahr, am 8.8.1933 ehelichte er in Baden bei Wien Christine „Christl“ Louise Seeliger (1910 – 1993), eine Nachfahrin des berühmten deutschen Astronomen Professor Hugo von Seeliger, dem Entdecker des Oppositionseffekts (Seeliger Effekt) und Namensgeber des Seeliger Kraters am Mond. Gemeinsam mit ihren beiden Söhnen Gustav II. und Michael lebten sie am Betriebsgelände der Brauerei Schwechat.

Seine wirtschaftliche Laufbahn begann 1934 als Gesellschafter der Th. & G. Mautner Markhof GmbH (bis 1956) und ab 1935 an der Seite seines Bruders Georg III. und seiner Cousins Gerhard und Manfred I. als Mitglied des sogenannten Viererzugs. Am 1.1.1936 übernahm er die Funktion eines Verwaltungsrates der Schwechater Brauerei, gleich danach, am 17.1.1936, trat er als öffentlicher Gesellschafter in die Vereinigten Mautner Markhof’schen Presshefe Fabriken ein und bekleidete ab 1938 die Position eines Vorstandsmitglieds in Schwechat. Während des Zweiten Weltkrieges war er neun Monate lang eingerückt und wurde dann in der Zeit von 1941 – 1945 zur I.G. Farben-Industrie in Ludwigshafen/Rhein dienstverpflichtet. Von 1966 – 1968 lenkte er als Vorstandsvorsitzender der Stadlauer Malzfabrik AG ihre Geschicke. Ab 1968 bis zu seinem Ableben war er Vorstandsvorsitzender der Brauerei Schwechat AG.

In den Jahren 1935 bis 1966 oblag ihm die technische Gesamtleitung der Brauerei Schwechat und alle diesbezüglichen Neuerungen, die Schwechat zu einer der modernsten Brauereien ihrer Zeit gemacht hatten, trugen seine Handschrift. So hatte er sich auch um ihren Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg große Verdienste erworben. Besonders die Modernisierungen in maschineller und verfahrenstechnischer Hinsicht, die durch die Umstellung des Produktionsschwerpunktes von Fassbier auf Flaschenbier erforderlich wurden, sind sein Werk.

Er war auch für die technische Umsetzung des Projekts Cervejaria Vienense in Brasilien verantwortlich. Nachdem diese Brauerei in den Jahren 1951 – 1953 unter der Leitung von Marius Mautner Markhof aufgebaut wurde, reiste Gustav I. 1953 für die Inbetriebnahme der Produktion vor Ort. Der Verkauf des brasilianischen Lager Biers „Vienense“ startete am 20.11.1953.

Dipl.-Ing. Gustav Mautner Markhof war jedoch nicht nur österreichischer Industrieller und Techniker, sondern war auch als Erfinder schöpferisch tätig. Schon während seines Studiums hatte er begonnen, sich den vielseitigen technischen Problemen der St. Georgs-Brauerei zu widmen.  Er entwickelte ein neuartiges Verfahren und Gerät zur Kontrolle des Wachstums von mikrobiellen Kulturen, welches am 28.11.1961 vom United States Patent Office als Patent US3010881A registriert wurde. Seine Erfindung über die Regelung von Hefegärung wurde in fast allen Staaten patentiert und wird bis heute in vielen Hefefabriken des In- und Auslandes angewendet. Sie dient der Steuerung des Wachstums von aeroben mikrobiellen Kulturen, die eine volatile Substanz produzieren, insbesondere der Kontrolle der Nährstoffzufuhr des produzierten Alkohols.

Sein großes Interesse an allen Problemen der technischen und kaufmännischen Betriebsführung blieb auch der Öffentlichkeit nicht verborgen. So wurde er zu diversen Institutionen berufen:

Dipl.-Ing. Gustav Mautner Markhof hat viele Vorträge gehalten und wissenschaftlichen Beiträge publiziert. 1951 wurde er von der amerikanischen Industriellenvereinigung und der Marschallplan-Organisation dazu eingeladen, als einer von 250 europäische Industriellen am renommierten europäisch-amerikanischen Industriekongress teilzunehmen. Vier Wochen lang besuchte er, begleitet von seiner Frau Christl, verschieden Brauereien und Firmen, darunter auch das Crown Cork Seal Co. in Baltimore, die Brauerei von Anhäuser-Busch in Newark und die Rheingoldbrauerei genannt „Liebmann Brewery“ in Brooklyn. Über die daraus gewonnenen Erkenntnisse berichtete er 1952 für die internationale Fachzeitschrift Brau-Gärungs- und Kältetechnik in seinem Artikel „Bier in Amerika“. Er handelt von der Herstellung eines haltbaren, sehr stabilen Bieres ohne Pasteurisierungsgeschmack, sowie der technischen Durchbildung der Flaschenabfüllung in den USA.

Gustav I. war langjähriges Mitglied (ab 1951) des Österreichischen Alpenvereins. Er liebte die Natur, die Berge und das Bergsteigen und war Motorradenthusiast.

Im September 1959 unternahm er gemeinsam mit seinem ältesten Sohn Gustav II. eine Reise auf der eleganten SS Orsova, dem ersten Passagierschiff, das mit einem komplett geschweißten Rumpf und ohne Mast gebaut wurde, durch den Panama Kanal. Die Reise endete am 7. September 1959 im Hafen von San Pedro, Kalifornien.

Für seine besonderen Verdienste als Vorsitzender des Kuratoriums zur Vorbereitung der 150-Jahr-Feier der Technischen Hochschule Wien wurde ihm auch von dieser im Jahr 1967 die Würde eines Ehrenbürgers und Senators verliehen.

In seinen letzten Lebensjahren hatte er mit der Linzer Brau AG Gruppe einen unterschriftsreifen Fusionsvertrag verhandelt, der der Schwechater Brauerei die Mehrheit zugesichert hätte. Die Fusion konnte jedoch aufgrund des Widerstandes einiger Familienmitglieder nicht durchgeführt werden. Dipl.-Ing. Gustav Mautner Markhof verstarb kurz darauf. Sein Werk wurde 1978 durch seinen Sohn Gustav II. in seinem Sinne vollendet.

Anlässlich seines sechzigsten Geburtstages ist in der Festschrift der Österreichischen Ingenieur-Zeitschrift (Heft 11, Jg. 1969) zu lesen: „Dipl.-Ing. Gustav Mautner Markhof, Vorsitzender des Vorstandes der Brauerei Schwechat, gehört zu den immer seltener werdenden Menschen, die es nicht lieben, bei jeder bietenden Gelegenheit geehrt zu werden und Laudationen anhören zu müssen.“ Er verstarb am 7.10.1970, viel zu früh mit nur 61 Jahren. Noch im Jahr 1968 hatte er das Technische Museum Wien bei seiner 50-Jahr-Feier wesentlich unterstützt. Dazu Dipl.-Ing. Rolf Niederhuemers Nachruf im Blatt der Technikgeschichte 1972:  “Dipl.-Ing. Gustav Mautner Markhof war während seines ganzen Lebens der Technik ganz besonders verbunden und aus diesem Grunde ein begeisterter Förderer des Technischen Museums. Die ruhige und liebenswerte Art, mit der er jederzeit bereit war, sich für die Belange des Technischen Museums einzusetzen, soll uns ein Vorbild sein und wird uns unvergessen bleiben.“ Mit seiner Menschlichkeit und Konzilianz hatte er stets Verständnis für die Sorgen anderer. Seine Ruhestätte befindet sich im Familiengrab Wien Stammersdorf.