An alle Lieben denkt man in der Stunde, die dem Ruf des Vaterlandes folgen müssen. Es hat wohl deinen lieben Gustav auch schon getroffen! Trotz aller Hoffnung auf baldige Beilegung, resp. Bezwingung, ist der Abschied doch furchtbar. Du und Tausende brauchten wohl ihre ganze Kraft! Wir fühlen’s mit dir, liebste Ilse! Wohin muss Gusti einrücken? Der Unsrige ist schon „unten“. Gott schütze alle Beide! Innigste Küsse! Tante Luise
Liebe, liebe Ilse, lass mich wieder etwas von deinem lieben Gusti, Dir und Kinderln hören! Der Unsrige an d. serb. Grenze, ist unb. ziemlich wohl. Aber Hardy, Hardy! (Anm.: Eberhard, Sohn von Hugo v. Reininghaus) Seit 20. August vermisst! Großmama darf’s nicht wissen. Ärmster Hugo! Innigste Grüsse Tante Luise
Besonders innig wünsche ich Dir zum heurigen Jahreswechsel für die kommenden Zeiten Glück! Handküsse Peter
Nach relativ hindernisloser Fahre bin ich gut in Wien angelangt, konnte jedoch Mama nicht mehr treffen, da sie knapp vor meiner Ankunft nach Graz abreiste. Nochmal den innigsten Dank für die so reichlich erwiesene Gastfreundschaft. Herzliche Grüße an Gusti und Deine Eltern Dir selbst Handküsse! Peter
Liebe Ilse! Wir waren sehr erfreut, Gustav gestern hier zu sehen. Er befindet sich übrigens in vollkommenem Irrtum. Er wird laut „Widmungskarte“ uns zu „internem Dienst“ verwendet werden, wenn überhaupt. Er ist darüber zwar empört; das hilft aber nichts, doch sei ohne Sorge. 1000 Grüße und Küsse von Onkel Hans
(Anm.: Ironischer Text von „Onkel Hans“ – die Widmungskarte enthielt die militärischen Anordnungen über Pflichten im Kriegsfall. Gustav II. von Reininghaus hatte als Österreicher seinen Wohnsitz im Ersten Weltkrieg in Bayern/Deutschland.)
Die nur wenige Meter entfernte, wohl Jahrzehnte zuvor errichtete Grabkapelle „Familie Reininghaus“ im gotischen Stil mit Eckstrebepfeilern und Engelsstatuen versehen, war ursprünglich für die Familien beider Brüder aus Westfalen gedacht. Dort fanden zunächst der früh verstorbene Julius Reininghaus (*11.02.1823 – † 26.10.1862), Ehemann von Emilie Mautner Markhof (*17.04.1838 – † 28.03.1887), sowie der mit nur 32 Jahren verstorbene erste Sohn von Johann Peter und Therese von Reininghaus, Gustav I. (*25.05.1851 – † 27.05.1883), ihre letzte Ruhe.
Den Grund für die Errichtung eines zweiten Reininghaus-Grabdenkmals findet man in den Erinnerungen ihres Enkels Gustav Piffl (*04.08.1874 – † 10.10.1965), verfasst in den Jahren 1944/45, der Bezug auf den von Fritz Reininghaus (*14.06.1862 – † 28.07.1933) geführten langjährigen Rechtsstreit nahm: „Das monumentale Grabdenkmal wurde nach Onkel Hugos Angaben errichtet; gewiss ein Missgriff, weil dem schlichten, jedem äußerlichen Prunke abholden Charakter Großvaters so gar nicht entsprechend. Ein Vierteljahrhundert sollte er nun allein in der Gruft schlummern. Die alte Grabkapelle am dortigen Friedhofe, noch für beide Stämme Reininghaus bestimmt, wurde nach einer Vereinbarung infolge der unglückseligen Prozesse nicht mehr benützt.“ (S. 80, Familienerinnerungen – ein Einblick in eine vergangene Zeit. Die verbindende Geschichte der Familien Piffl, Mautner Markhof und Reininghaus. Erzählt von Gustav Piffl. Aufbereitet von Max Spechtler.)
Wenige Meter südwestlich befindet sich ein gotischer Kapellenbau mit Eckstrebepfeilern und Engelsstatuen, der neben weiteren Mitgliedern der Familie auch dem 1862 verstorbenen jüngeren Bruder Julius Reininghaus, Mitbegründer der Brauerei und Ehemann von Emilie Mautner Markhof gewidmet ist.
2020, beim Sichten und Sortieren des Familiennachlasses in Mauern, fiel in einem der hintersten Winkel des Hauses, meinem Mann Abi und mir ein alter Umschlag in die Hände, auf dem kaum leserlich in der Handschrift meines Schwiegervaters Dieter v. Reininghaus „Rosegger“ mit Bleistift geschrieben stand. Abi und mir war bislang nur bekannt gewesen, dass die Beziehung zwischen seinem Ururgroßvater Johann Peter von Reininghaus (1818 – 1901) und dem 25 Jahre jüngeren österreichischen Schriftsteller Peter Rosegger (1843 – 1918) hauptsächlich auf Basis der finanziellen Zuwendungen durch den älteren Mäzen bestanden hatte. So wie es auch im Wikipedia-Eintrag über ihn steht: „Unterstützt wurde er von dem Industriellen Johann Peter Reininghaus, der in Graz-Reininghaus eine der größten Brauereien Österreichs betrieb.“ Dass den Großunternehmer und den „Waldbauernbub“ jedoch eine tiefe und sehr persönliche Freundschaft verbunden hatte, wurde uns erst beim Lesen des Inhalts nach dem doch ziemlich herausfordernden Transkribieren der Rosegger’schen Briefe klar.
In dem unscheinbaren Umschlag befanden sich neben sechs Briefen an Johann Peter von Reininghaus aus den Jahren 1888 bis 1897 auch noch ein Antwortbrief von diesem, dazu vier beschriebene Rosegger-Visitenkarten, eine Ausgabe der von ihm herausgegebenen Monatsschrift „Heimgarten“ und ein handgeschriebenes Gedicht. In dem Heimgarten-Heft von Oktober 1898 hatte er eine vierseitige Laudatio zum 80. Geburtstag seines „theuren Freundes“ Reininghaus abgedruckt, den er immer nur Peter oder Peterl nannte.
Außerdem befand sich im Haus auch noch der gerahmte Druck eines Porträts von Peter Rosegger, gemalt 1910 von Ferdinand Pamberger (1873 – 1956), unten mit der handschriftlichen Widmung des Schriftstellers versehen: „Der allverehrten Frau Therese von Reininghaus in treuer Anhänglichkeit und Dankbarkeit. Graz, am 4. Mai 1912, Peter Rosegger“.
Zum Glück hatten alle Schriftstücke ohne Stockflecke und Kellergeruch die vielen Jahrzehnte ihres Mauerblümchendaseins überstanden. Und wir freuten uns sehr, dass sie im Zusammenhang mit unseren vielen Informationen über die „Reininghaus/Linie 1“ auch auf dieser wunderbaren Webseite veröffentlicht wurden.
Danach beschlossen wir, alle Rosegger-Erinnerungen trotz des hohen ideellen Wertes nicht wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen, sondern in die fachgerechte Obhut des Rosegger-Museums in Krieglach – das zum Universalmuseum Joanneum gehört – zu überführen. Der Kontakt zur Sammlungskuratorin Frau Mag. Bianca Russ-Panhofer verlief außerordentlich positiv und so planten wir hochmotiviert, im Frühjahr 2020 von München nach Krieglach zu fahren – nicht ahnend, dass uns Corona einen langen Strich durch die Rechnung machen würde …
Im August 2023 war es dann endlich soweit und wir wurden in der leicht verregneten Steiermark herzlich empfangen. Frau Russ-Panhofer gab uns eine ausführliche, hochinteressante Privatführung durch die Dauerausstellung „Wem gehört der Großglockner“ über Roseggers Leben und Schaffen und die Sonderausstellung „Wachsen hier die Dichter auf den Bäumen?“ über den Besuch der zahlreichen prominenten Freunde, Bekannte und Verehrer in dessen Sommerdomizil. Dort waren auch gleich die beiden Fotos der Ururgroßeltern platziert, die wir zur Ausstellungseröffnung im April 2023 dem Museum zur Verfügung gestellt hatten; sehr schön in einer Vitrine aufbereitet. In beiden Häusern ließen diverse Hinweise und Ausstellungsgegenstände die intensive Beziehung des Dichters mit der Reininghaus-Familie erkennen, darunter eine geschnitzte Truhe im Arbeitszimmer – ein Geschenk von Therese von Reininghaus zu seinem siebzigsten Geburtstag – die „Reininghaus“-Linde im Garten, die er seinem Freund „Peterl“ von Reininghaus gewidmet hatte, und die Unterschriften mehrerer Familienmitglieder – darunter mehrfach Johann/Hans und Virginia/Gina von Reininghaus – im virtuell einsehbaren Gästebuch. Nach dieser schönen Zeitreise und der offiziellen Übergabe inklusive Dokumentation unserer Rosegger-Erinnerungen für die Schenkungsurkunde, machten wir uns auf den Weg nach Graz, um uns dort noch weiter auf die historischen Spuren der Familie – u. a. die Reininghausgründe – zu begeben.
1872 wurde sie als „Gesellschaft zur Prämierung guter Campagne-Reiter in Wien“ gegründet. Das Ziel dieser Gesellschaft war es, alljährlich eine stattliche Anzahl Offiziere der Cavalleriewaffe zu friedlichem Wettkampfe zu vereinigen und ihnen die Gelegenheit zu bieten Belohnung für ihre Leistung zu erlangen. Ab 1874 fanden diese Preisritte außschließlich in Wien-Freudenau statt. Ihre Schule war das 1878 ins Leben gerufene k. u. k. Militär-Reitlehrer-Institut, dessen Zweck die Ausbildung von Lehrern für die Brigade-Equidation und die Pflege eines möglichst gleichmäßigen und einheitlichen Reitens war.
Wie schon mein Vater, Manfred II. Mautner Markhof, der von 1967 bis zu seinem Tod 2008 Präsident der ÖCRG war, bin auch ich Mitglied der Österreichischen Campagnereiter-Gesellschaft und freue mich das Jubiläumsbuch vorstellen zu dürfen. Der reich bebilderte Band führt durch die wechselvolle Geschichte seit der Gründung 1872, in der Glanzzeit der österreichisch-ungarischen Kavallerie, über den Zusammenbruch des Habsburgerreiches und zwei Weltkriege hinweg, bis zur Neuorganisation des Reitsports 1962 mit der Gründung des „Bundesfachverband für Reiten und Fahren in Österreich“ (nunmehr Österreichischer Pferdesportverband) und ihren Aufbruch ins 21. Jahrhundert. 150 Jahre sind seit dem Gründungsjahr der Campagnereiter-Gesellschaft vergangen. Das Rad der Geschichte hat sich unaufhaltsam weiter gedreht – und der Campagnereiter-Gesellschaft ist es gelungen, trotz dramatischer Umbrüche und mehrmaliger Neuanfänge, immer mit der Zeit zu gehen: Von den Anfängen als hoch angesehene Offiziersgesellschaft im Großreich der Habsburgermonarchie zur Wegbereiterin des modernen Reitsports in der Republik Österreich, von der Campagnereiterei als Basis der Kavallerie bis zum breit aufgestellten Pferdesport der Gegenwart mit seinen vielseitigen Sparten von klassischer Dressur, über Westernreiten, Working-Equitation, Voltigieren oder Orientierungsreiten, bis hin zum wiederentdeckten Reiten im Damensattel. War das Pferd im 19. Jahrhundert noch ein allgegenwärtiges Arbeitstier, so ist es heute vorwiegend ein wertvoller Freizeit- und Sportpartner. Der Gründungsgedanke der Campagnereiter-Gesellschaft – gutes Reiten zum Wohle des Pferdes zu fördern – spannt den Bogen zur Gegenwart und zu einer Zukunft, in der das Pferd, der Reitsport und die damit einhergehende besondere Verbindung zwischen dem Menschen und diesen schönen und faszinierenden Tieren hoffentlich weiterhin von Bedeutung sein werden.
In der außerordentlichen Generalversammlung am 6. April 1967 im Palais Pallavicini wurde Manfred II. Mautner Markhof zum neuen Präsidenten gewählt und sollte ab diesem Zeitpunkt die Geschicke der Campagnereiter-Gesellschaft über vier Jahrzehnte hinweg lenken und sie ins digitale Zeitalter des neuen Jahrtausends führen. 1971 hatte er zusätzlich zur Präsidentschaft der Campagnereiter-Gesellschaft Wien auch die Präsidentschaft des Wiener Landesfachverbandes für Reiten und Fahren übernommen und 1987 auch die Leitung des entsprechenden Bundesfachverbands. Als in den 80er Jahren das Interesse des Publikums am Stadthallenturnier nachließ, nahm er sich der Sache an und ließ seine hervorragenden internationalen Kontakte spielen, um die Neuauflage des Turniers zu ermöglichen. Es bekam eine Rundumerneuerung, der Eventcharakter wurde verstärkt. Man wollte nicht nur das sowieso am Reitsport interessierte Fachpublikum ansprechen, sondern mit hochklassigen Showeinlagen zwischen den Bewerben auch den Unterhaltungswert für eine breitere Zuschauerschicht steigern. Die Mischung aus Spitzensport und Entertainment erwies sich als erfolgreich und so wurde das Wiener Stadthallenturnier unter seinem neuen Namen „Fest der Pferde“ bis 2009 wieder zu einem Fixtermin des nicht österreichischen Pferdesports.
MANFRED MAUTNER MARKHOF FONDS ZUR UNTERSTÜTZUNG HIPPOTHERAPEUTISCHER MAßNAHMEN FÜR KINDER Im Gedenken an ihren langjährigen Präsidenten hat die Österreichische Campagnereiter-Gesellschaft 2008 den Fonds ins Leben gerufen. Die Idee dafür entstand im Zuge der Vorbereitungen für die Beerdigung des im Jänner 2008 Verstorbenen, dem karitatives Engagement zeitlebens ein großes Anliegen war. Die Geldsumme der Kranzspenden bildete die Grundlage. Der „Manfred Mautner Markhof Fonds“ dient der Förderung des therapeutischen Reitens für behinderte Kinder. Das therapeutische Reiten umfasst pädagogische, psychologische, rehabilitative und sozial-integrative Maßnahmen, das Pferd ist Partner und Helfer des zu Therapierenden. Im Fokus stehen körperliche, seelische und soziale Entwicklungsstörungen oder Behinderungen, die Entwicklungsförderung des Kindes steht dabei im Mittelpunkt. Gezielt werden Familien unterstützt, die sich eine derartige Therapie nicht leisten könnten, diese aber für ihr Kind dringen benötigen. Der Fonds fördert weder Vereine noch Institutionen, sondern ausschließlich einzelne Kinder, die Vergabe der Förderungen erfolgt nach genau definierten Auswahlkriterien.
Wissenswertes zur Campagnereiter-Gesellschaft In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestimmten nicht mehr die Kavallerie und die Landwirtschaft das öffentliche Bild des Nutztieres Pferd, es wurde auch als Bestandteil des Freizeitverhaltens zum Wirtschaftsfaktor. Zuerst vor allem, wenn es um Wettkämpfe ging, denn der Rennsport sorgte mit der Möglichkeit zu Wetten für zusätzliche Spannung. So entstand bald das Bedürfnis Reitern auch in anderen Disziplinen Wettkampfgelegenheiten anzubieten. Die Österreichische Campagenreiter-Gesellschaft wollte diese Lücke schließen – weg vom rein militärischen Zweck der Erziehung von Pferden hin zur sportlichen Entwicklung. Auch sollte neben Offizieren ebenfalls Zivilisten Gelegenheit geboten werden in Vergleichskämpfen ihr Können zu beweisen. Dominierten anfangs Offiziere das Geschehen, löste sich die Gesellschaft bald von dieser einseitigen Betrachtung; die Orientierung nach dem Begriff Campagnereiten brachte dies zum Ausdruck. Das Streifen durch die Natur auch hoch zu Pferd zu genießen gewann immer mehr an Anhängerschaft, sodass langfristig die Notwendigkeit entstand das Tier auch im Gelände zu gymnastizieren, damit es gesund und leistungsfähig bliebe. So entwickelte sich aus dem formlosen Spazierenreiten die Campagnereiterei. Die Österreichische Campagnereiter-Gesellschaft stellte von Anfang an das Wohl des Pferdes in den Mittelpunkt. Selbsthaltung, Takt, Frische und Ausdauer sind die Ziele sinnvollen Campagnereitens. Da war es dann auch zum Turniersport nicht mehr weit. Es wurden bald Regeln der Fairness aufgestellt und man organisierte die Wettbewerbe in allen Sparten des Reitens. Diese Rolle sollte die Gesellschaft fast 100 Jahre lang ausüben, bevor der Bundesfachverband für Reiten und Fahren (heute Österreichischer Pferdesportverband OEPS) diese Aufgabe übernahm. Seither ist die Österreichische Campagnereiter-Gesellschaft Wien eine gemeinnützige Serviceorganisation für alle Reiter, die nicht ortsgebunden organisiert sein wollen.
Wissenswertes zur Campagnereiterei In Bezug auf ihre Kavallerie war die österreichisch-ungarische Armee eine Großmacht und ihre Militärreitinstitute und das System der Reitausbildung auch international höchst angesehen. Dies ist dem Umstand zu danken, dass in der Habsburgermonarchie, im Gegensatz zu den anderen europäischen Ländern, die Campagnereiterei die Hohe Schule nicht gänzlich ersetzte, sondern beide Schulen nebeneinander existierten. Als Maria Theresia 1752 die Wiener „Campagne-Reitschul“ gründet, wird die „K.K. Stadtreitschule“ (Spanische Hofreitschule) nicht aufgelöst, sondern beide Institute als „K.K Hofreitschulen“ parallel beibehalten. Die Symbiose beider Schulen, die gegenseitige Beeinflussung, die Nutzung der Synergien waren der Grund für die weiterhin hohe Qualität der Reiterei in der Donaumonarchie. Campagnereiterei – ein Hauch von Nostalgie und vielleicht auch Verwegenheit weht über diesem Wort. Doch zur Gründungszeit der Campagnereiter-Gesellschaft war sie Basis und Herzstück der „Abrichtung“ eines Pferdes für die „Gebrauchsreiterei“ und betraf vornehmlich die Ausbildung der Pferde für den Einsatz in der Kavallerie. Unter dem Stichwort „Reitkunst“ findet sich im Brockhaus von 1839 folgende Definition: Die letztere zerfällt noch in die sogenannte Schulreiterei, welche die kunstmäßige Ausführung einer Menge sehr schwieriger Gangarten, Wendungen, Sprünge und sogenannter Schulen von Pferd und Reiter vorzugsweise verlangt, und in die sogenannte Campagnereiterei, welche nur die zweckmäßige Übung der Reiter und Behandlung der Pferde für die Erfordernisse des Dienstes der Reiterei in sich schließt. Der Reiter muß zu diesem Zwecke gewandt auf- und absitzen können, sicher im Sattel sitzen und die Bewegung des Pferdes in jeder natürlichen Gangart nach allen Richtungen, das Übergehen aus einer in die andere, das plötzliche Anhalten auf der Stelle oder das sogenannte Pariren, sowie die Ausführung der beim Cavaleriedienst eingeführten Bewegungen in geschlossener und zerstreuter Ordnung so viel als möglich in seiner Gewalt haben. Noch im 17. Jahrhundert zählten die Figuren und Lektionen der Hohen Schule zum Repertoire des Offizierspferdes beim Einsatz im Feld. Die Campagnereiterei stellte die moderne Form der Kavallerie dar, der bis zum Ersten Weltkrieg „das Feld gehörte“ und bildete im 20. Jahrhundert, als die zunehmende Motorisierung den Einsatz von Reitertruppen obsolet machte, die Grundlage für alle Disziplinen des heutigen Reitsports.
Das Campagnepferd Im Gegensatz zu den schwereren kompakten Pferden der Barockzeit, war das Ideal des modernen Kavalleriepferdes der leichte Warmbluttyp und für die höheren Offiziere, deren reiterliches Können über dem Durchschnitt lag, auch gerne mit hohem Vollblutanteil – sie konnten mit dem Temperament dieser eleganten, aber hochsensiblen Pferde umgehen und ein repräsentatives Bild abgeben – das Bild des berittenen Offiziers, wie wir es aus vielen Darstellungen des 19. Jahrhunderts kennen. Doch es sind auch die inneren Werte, die zählen: Friedrich von Krane beschreibt 1856 in seinem Buch „Die Dressur des Reitpferdes“ die Eigenschaften, die ein Campagnepferd ausmachen: Von ihm verlangt man die Fähigkeit unter bedeutendem Gewichte, bei jedem Wetter, bei mässigem Futter und mässiger Pflege andauernd in einer Haltung zu gehen, welche ihm jede Gangart, Wendung und Parade gestattet. Es soll sicher und furchtlos mässige Hindernisse nehmen und vertrauensvoll dahin gehen, wohin der Reiter es immer führen mag; dann aber auch fromm und verträglich gegen Menschen und Pferde sein. Gewandtheit ist ihm ebenso nöthig, wie Schnelligkeit und Dauer. Das Campagnepferd war also vor allem ein Allrounder, mit genaugenommen den Vorzügen, die wir uns heute auch von einem verlässlichen Freizeitpferd wünschen – ein solide ausgebildetes, rittiges und durchlässiges Pferd, das dem Menschen im Sattel vertraut und unkompliziert im Umgang ist. Für einen Reiteroffizier war das Pferd jedoch nicht nur „Beförderungsmittel“ oder „Sportgerät“, er stand in enger Verbindung zu seinem Tier, es war sein engster Kampfgefährte. Im Ernstfall konnte das Verhalten des Pferdes über Leben oder Tod seines Reiters entscheiden. Daran mag man die Bedeutung ermessen, die der erfolgreichen Ausbildung des Pferdes zukam.
Frauenrechtlerin der ersten Stunde Hertha Anna Editha Mautner von Markhof (* Wien 23.11.1879, † Rodaun 8.7.1970) wurde als erstes Kind der zweiten Ehe von Carl Ferdinand mit Editha Sunstenau von Schützenthal geboren. Sie genoss eine exzellente Ausbildung und war begeisterte Pianistin sowie hervorragende Bergsteigerin. Bald trat sie in die Fußstapfen ihrer Mutter und engagierte sich ab 1902 für viele Frauenrecht und war im November 1903 Mitbegründerin des „Neuen Frauenklubs“, wo sie als Kassiererin in den Vorstand gewählt wurde. Dieser Klub wurde bald Mitglied des „Bundes österreichischer Frauenvereine“, der von Marianne Hainisch, der Mutter des späteren Bundespräsidenten der Ersten Republik, gegründet wurde und in dem nur bürgerlich-liberale, nicht aber die sozialdemokratische Vereine vertreten waren. Auch dort wurde sie 1918 in den Vorstand gewählt und blieb bis zu seiner zwischenzeitlichen Auflösung 1938 Vereinskassiererin. 1905 unterzeichnete Hertha Jäger einen in der „Neuen Freien Presse“ veröffentlichten Aufruf „An die Frauen Wiens“, der das Frauenwahlrecht forderte. Denn es hieß unter anderem: Ausgeschlossen davon (vom Wahlrecht) sollen in Hinkunft nur die Verbrecher, die Bettler, die notorisch Schwach- und Irrsinnigen und die Frauen sein. 1907 scheint Hertha Jäger unter den Gründungsmitgliedern des „Vereins zur Förderung höherer kommerzieller Frauenbildung“ auf, der für die Errichtung einer Handelsakademie für Frauen in der damaligen Stephaniestraße 16 (heute Hollandstraße) eintrat. Ziel dieser Akademie war es, Frauen durch fundierte Ausbildung bessere und damit höher dotierte Positionen im Arbeitsumfeld zu ermöglichen. Hertha Jäger bedauerte in ihren Publikationen wiederholt, dass der Grund für Frauenarmut vor allem der schwieriger Zugang zu Bildungseinrichtungen sei. Auch war sie Vorkämpferin des Schutzes junger Mütter und 1907 Mitbegründerin und kurzfristige Vizepräsidentin des „Österreichischen Bundes für Mutterschutz“, der gemäß seinen Statuten hilf- und schutzlose Mütter und ihre Kinder… vor wirtschaftlichen und sittlicher Verkümmerung bewahren und teils durch Gewährung von Unterstützungen, teils durch Errichtung von Heimstätten für junge Mütter und Kinder und von Zufluchtsstätten für arme Frauen und Mädchen, die ihrer Niederkunft entgegensehen, helfen sollte. 1913 nahm sie als eine der österreichischen Delegierten an der Internationalen Frauenstimmrechtskonferenz teil –es sollten jedoch noch weitere sechs Jahre bis zum allgemeinen Frauenwahlrecht vergehen. Erwähnenswert ist auch Herthas Artikel „Über die sexuelle Erziehung unserer Kinder“, der in der Zeitschrift „Frau und Mutter“ im Jahr 1918 erschien und viele aus heutiger Sicht überraschend fortschrittliche Erziehungsmethoden beschreibt. Das, was man heute als „Kindeswohl“ definiert, war ihr bereits damals ein Anliegen und als moderne Mutter wollte sie ihren Kindern möglichst viel Freiheiten gönnen.
Bekannt war auch Hertha Jägers Salon, in dem sich nicht nur Künstler und Avantgardisten (wie im Nebenhaus bei ihrer Schwester Dita und ihrem Mann Kolo Moser) trafen, sondern ebenso emanzipierte Frauen und deren Unterstützer. Ihre hohe soziale Kompetenz zeigte sich auch während des Ersten Weltkrieges, als sie sich in dieser schwierigen Zeit im Landstraßer Bezirksamt ehrenamtlich der Säuglings- und Kinderfürsorge annahm.
Sie durfte mit Gustav Jäger einen Partner wählen, der weder adelig noch zu diesem Zeitpunkt prominent war, so dass man davon ausgehen kann, dass es sich um eine Liebesheirat handelte. Hertha und Gustav heirateten 1898 und zogen 1902 in die neu errichtete „Villa Jäger“ auf der Landstraßer Hauptstraße 140 – 142, die zwei kleine barocke Häuser aus dem Jahr 1774 ersetzte, ein. Während für die Nachbargrundstücke Carl Ferdinand und nach dessen Tod 1896 seine Witwe Editha im Grundbuch standen, war Hertha sofort Eigentümerin der Immobilie, weil sie aus dem Erbe ihres Vaters errichtet wurde. 1917, durch Erlass der Niederösterreichischen Statthalterei, wurde der Familienname von Jäger in Jäger-Sunstenau festgelegt, um dadurch den Namen Sunstenau auch für die Nachkommen zu erhalten. Gustav und Hertha hatten sechs Kinder, wobei drei ihrer Söhne relativ jung verstarben. Die älteste Tochter Magda (1899 – 1942) ehelichte Heinrich Prelinger und war eine der ersten Frauen, die als Doktorin der Rechtswissenschaften an der Wiener Universität promovierte. Die bereits in der neuen Villa geborene Hilde (1903 – 1989) ehelichte 1924 den Literaturgelehrten und späteren Direktor der Museen der Stadt Wien, Franz Glück (Sohn Wolfgang Glück). Herthas Sohn Professor h. c. Hanns Jäger-Sunstenau (1911 – 2008) war weltweit anerkannter Genealoge und mit seiner Frau Hilda und den drei Kindern das letzte Familienmitglied, das die Villa bewohnte. Hertha selbst starb 1970 91jährig in Rodaun, wo sie über die Sommerferien hinweg untergebracht war.
Theoretischer Physiker Gustav Jäger kam 1865 in Schönbach bei Asch in Böhmen (heute Krásná) zur Welt und studierte seit 1883 Physik und verwandte Naturwissenschaften sowie Mathematik an der Wiener Universität. Er habilitierte 1891 bei Ludwig Boltzmann als Assistent für theoretische Physik und wurde, als er Hertha kennenlernte, Extraordinarius und bald darauf Professor an der Technischen Hochschule. Im Studienjahr 1915/16 wurde ihm die Rektorenwürde übertragen, 1918 wurde er auch Ordinarius und 1920 Vorstand des Zweiten Physikalischen Instituts. Jäger beschäftigte sich unter anderem mit Boltzmanns kinetischer Gastheorie und deren Anwendungen, zum Beispiel für die Frage der inneren Reibung von komprimierten Gasen in langen Rohrleitungen in der Chemischen Industrie. Er befasste sich auch mit Raumakustik (Jäger-Sabine-Formeln bzw. Sabine-Frankel-Jäger Theorie, angewandt unter anderem für den Nachhall in Konzertsälen), Schallausbreitung und dem Strömungswiderstand von Körpern in Flüssigkeiten und Gasen, mit Lichtdruck, Stereoskopen und den chemischen Prozessen bei der Fotografie. 1903 widerlegte er einen Einwand des Physikers Hermann von Helmholtz gegen den Motorflug und trug damit dazu bei, diesen in den Augen der Physiker in den Bereich des Möglichen zu rücken. Er unterstützte auch, genauso wie sein Lehrer Boltzmann, den österreichischen Flugzeugpionier Wilhelm Kress. Diese blieb mangels ausreichender Finanzierung leider erfolglos. Er wurde zum Hofrat ernannt und war wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften von Wien und Halle an der Saale sowie Mitglied der Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften und Künste in der Tschechoslowakei. Er starb 1938 in Wien, sodass Hertha ihn um 32 Jahre überlebte. 1962 wurde der Park neben dem Technischen Museum nach ihm benannt.
Carl Ferdinands älteste Tochter, Harriet, heiratete Ernst Baron von Haynau, einen Nachkommen jenes berüchtigten k.u.k. Offiziers Julius von Haynau, der nach der Revolution 1848 alle Feinde der Monarchie gnadenlos bekämpft hatte und wegen seiner vielen Todesurteile in Ungarn heute noch als „persona non grata“ gilt. Ihre gemeinsame Tochter Edith (18.11.1884 – 1978, verehelichte Arnaldi) besuchte für zwei Jahre die Wiener Kunstschule für Frauen und Mädchen. 1908 heiratete sie den ebenfalls künstlerisch ambitionierten italienischen Juristen und Journalisten Ulrico Arnaldi, zog mit ihm nach Rom und bekam zwischen 1909 und 1915 vier Kinder.
Unter dem Pseudonym Rosa Rosà wurde Edith künstlerisch tätig und berühmt, ihre Werke wurden im New Yorker Guggenheim Museum gezeigt. Der italienische Künstler Filippo Tommaso Marinetti (1876 – 1944), Kopf der avantgardistischen Futuristen, nannte sie „la geniale Viennese“. Obwohl die Malerin, Schriftstellerin und Fotografin zu den großen Vergessenen der österreichischen Kunst- und Kulturgeschichte zählt, werden ihre Werke heutzutage immer wieder gewürdigt, wie z. B. auf der Biennale von Venedig.
Hilde Jäger und Franz Glück Hilde Jäger-Sunstenau (*18.3.1903, † 25.7.1989), Tochter von Hertha und Gustav Jäger und Enkeltochter von Carl Ferdinand Ritter Mautner von Markhof, wurde knapp nach Erbau der Villa ihrer Eltern geboren und bewohnte sie bis zu ihrem Tod. Nach der Matura viel umworben, sollte sie ursprünglich den bekannten Nationalökonomen und späteren Nobelpreisträger Friedrich von Hayek ehelichen, entschied sich aber dann dazu den Literaturgelehrten, Kunsthistoriker, Schriftsteller und späteren Museumsdirektor Franz Glück 1924 zu heiraten. Ihm fühlte sie sich auch kulturell und politisch verbunden. Franz Glück begann in einem Verlagshaus zu arbeiten, bekam aber 1938 aufgrund seiner jüdischen Abstammung Berufsverbot erteilt. Offiziell sieben Jahre lang arbeitslos, arbeitete er inoffiziell für den Kunstbuchverlag weiter, übersetzte aus dem Italienischen und wurde unter der Hand bezahlt. Wie so viele war er nach der verrückten Nazi-Rassenlehre „zu wenig Jude, um eingesperrt zu werden, aber zu viel Jude, um so wie bisher weiterleben zu können“. Nach dem Krieg, ab 1949, leitete Hilde den Österreichischen Friedensrat und Franz, bis 1968, als Direktor das Historische Museum der Stadt Wien. So war er 1959 hauptverantwortlich für die Überführung dessen Bestände vom Rathaus ins neu erbaute Haupthaus am Karlsplatz. Seine Fachbibliothek gelangte an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach am Neckar. Politisch unterschieden sich Franz und Hilde vom bürgerlich-konservativen Rest der Familie, indem sie sich der Ideologie der kommunistischen Partei verbunden fühlten. So herrschte neben den Animositäten der Schwägerinnen Hilde und Hildegard (Ehefrau ihres Bruders Hanns Jäger-Sunstenau) auch dadurch dicke Luft zwischen den beiden Familien, die das Familienanwesen auf der Landstraße gemeinsam bewohnten. Obwohl das Haus nur einen Eingang besitzt, war die „Trennlinie“ der Wohneinheiten so gezogen, dass man beim Betreten durch Teile der „Glück-Wohnung“ gehen musste. Auch im Garten hatte es einen gedachten Trennungsstrich gegeben, der keinesfalls überschritten werden durfte. Hilde und Franz hatten ein einziges Kind, ihren Sohn Wolfgang.
Wolfgang Glück – einer der bekanntesten Regisseure der Nachkriegszeit Wolfgang (*25.9.1929, † 13.12.2023) wurde zu einem der erfolgreichsten österreichischen Regisseure der Nachkriegszeit. Als junger Mann erlebte er die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten und die Schwierigkeiten, die seine Familie wegen ihrer jüdischen Vergangenheit ausgesetzt waren. „Ich besuchte den evangelischen Religionsunterricht, und das gar nicht ungern. Umso merkwürdiger war es für mich als Kind zu erfahren, dass ich von Seiten der Familie her ‚jüdisch versippt‘ und somit ein Mensch zweiten Ranges war.“ Schon als 14Jähriger inszenierte er Amateuraufführungen für Studentenbühnen und träumte von einer Karriere als Mime: „Anfangs wollte ich selbstverständlich Schauspieler werden, aber im Reinhardt Seminar hat mir eine Kollegin gesagt, dass ich mit ‚dem Gesicht‘ für Liebhaber nie in Frage käme. Das war noch ein Tritt auf meinen Komplex. Ich kam nie mehr wieder zum Unterricht.“ Als Konsequenz wurde er Regisseur und arbeitete mit Kortner, Felsenstein und Ambesser zusammen. Er inszenierte an fast allen großen deutschsprachigen Bühnen, beginnend mit dem Burgtheater, den Bregenzer und Salzburger Festspielen und war auch gefragter Filmregisseur. Er arbeitete eng mit seinen Freunden Otto Schenk und Friedrich Torberg zusammen und verfilmte zwei von Torbergs Werken, den „Schüler Gerber“ und „Auch das war Wien“, das in der Emigration entstanden und 1984 posthum erschienen war. Seine eigenen Erlebnisse im Jahr 1938 machten es ihm zum Bedürfnis Torbergs Roman 1987 unter dem Titel „38 − auch das war Wien“ bzw. „38 – Heim ins Reich“ zu inszenieren, um die großen Probleme zu schildern, denen die jüdische Bevölkerung ausgesetzt war. Der Hauptdarsteller wurde als Wolfgangs Alter Ego identifiziert. Obwohl er den begehrten Academy Award letztendlich nicht gewinnen konnte, so war der Film doch beachtenswerter Weise in der Kategorie „Bester ausländischer Film“ für den Oscar nominiert worden und Wolfgang Glück wurde drei Jahre später für elf Jahre als ordentliches Mitglied in die „Academy of Motion Picture Art and Sciences“ aufgenommen, deren Angehörige für die jährlichen Oscar-Vergabe in Hollywood stimmberechtigt sind. Obwohl er einer der meistbeschäftigten Regisseure war, ist er immer bescheiden geblieben und hat sich selbst mehr als einen „Handwerker“ betrachtet. Privat war er in erster Ehe (1962 – 1967) mit Christiane Hörbiger verheiratet, die auch nach der Scheidung weiterhin hochachtungsvoll von ihm sprach und ihn dankbar für ihren Durchbruch im Theater- und Filmgeschäft verantwortlich machte. 1972 heiratete er Claudia Hahne, mit der er zwei Töchter und einen Sohn hat.
Das Gut, zwischen Schönfeld und Marchegg, an der heutigen Landstraße L2, rund 2 km östlich von Schönfeld, wurde nach seinem ehemaligen Besitzer Victor Ritter Mautner von Markhof benannt. Es befindet sich im „Dreiländereck“ der niederösterreichischen KatastralgemeindenSchönfeld, Breitensee und Marchegg. Die Gebäude der Liegenschaft sind auf diese drei Katastralgemeinden verteilt, das Gut selbst grenzt auch noch an eine vierte Katastralgemeinde: Oberweiden.
Graf Apponyi hatte bereits 1885 auf der Hutweide in Oberweiden eine Pferde Trainingsbahn angelegt. Unmittelbar angrenzend an das Flurgelände Satzling (abgeleitet von „Setzling“, Gebiet das aufgeforstet werden musste), das dafür durch den Sandboden prädestiniert war, entstand in den folgenden Jahren eine große Anlage.
Nathaniel Meyer Freiherr von Rothschild, der in den 1880er Jahren sein Interesse für Pferde, vor allem für das gesellschaftliche Ereignis des Pferderennens entwickelte, hatte seine Tiere zunächst in einem Gestüt in Enzesfeld untergebracht. Gemeinsam mit Graf Kinsky beauftragte er den Architekten Josef Drexler auf einer Fläche von 50 ha eine Pferde-Trainir-Anstalt bei Schönfeld-Lassee mit Rennbahn, Stallgebäude, Hufschmiede und Wohngebäude zu errichten. In der Zeitung „Sport“ [Organ des Jockey-Club für Österreich, Wien, SA 14. August 1886] wird bereits über diese Anlage berichtet.
Die großen Rennerfolge für die Rothschild Pferde blieben aber aus, sodass Nathaniel bereits in den 1890er Jahren sein Interesse am Pferderennsport wieder verloren hatte und den Stall sukzessive verkleinerte. Er verkaufte Rennbahn und Gut Schönfeld in der Zeit von 1896 – 1898 an Victor Ritter Mautner von Markhof, der bis heute Namensgeber für beides geblieben ist. Victor baute das Gut aus und machte daraus einen Rennstall von internationalem Rang, der zumeist 50 bis 70 Pferde umfasste. So erstreckten sich Rennstall und Pferdezucht mit allen zugehörigen Flächen schließlich wie folgt über vier Katastralgemeinden:
Oberweiden: Hindernisstall und Trainingsbahn
Schönfeld: Flachrennstall und Trainingsbahn
Breitensee: Gestüt mit Pferdezucht
Marchegg: Wirtschaftshof (errichtet 1908) mit Ställen
Rinder, Schweine, Schafe und Pferde wurden für die Feldarbeit gehalten
ein 13 Joch großer Obstgarten mit ca. 500 Bäumen unterschiedlichster Sorten
Glashäuser und ein Palmenhaus mit einer Dampfheizung
Gemüsegärtnerei mit Berieselungsanlage
ca. 100 Bienenstöcke
der Salmhof, auf dem sich ebenfalls Pferde befanden
Zu Beginn verbuchte der Mautner‘sche Stall die größten Erfolge auf der Hindernisbahn. Der Hindernisstall, von Victor 1897 gegründet, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts der erfolgreichste in der ganzen Monarchie und wurde 1904 von George Herbert geleitet. Seine Pferde gewannen je fünfmal die Große Wiener Steeplechase und den Preis von Reichenau, je zweimal die Große Kottingbrunner Handicap-Steeplechase und je einmal die Prager Mai-Steeplechase. Victor selbst war ein großer Schimmel Liebhaber und so gehörten auch seine besten Steepler Hableany, Formidable II und Perchance dieser Rasse an. Ab 1903 stellten sich auch die ersten Erfolge auf der Flachbahn für die Mautner‘schen Pferde ein. Bereits im Jahr 1904 verfügte Victor Mautner von Markhofs Stall Monarchie weit über die größte Anzahl sich im Training befindlicher Pferde und die Namen vieler großer Rennpferde waren untrennbar mit seinem Reitstall verbunden. Auch Victor selbst konnte große Erfolge bei internationalen Rennen erzielen.
Bereits seit 1899 war er im gleichnamigen Gestüt der Zucht hochwertiger Rennpferde nachgegangen. Auf den Parzellen in Breitensee, die er 1909 von Nikolaus Fürst Pàlffy erworben hatte, errichtete er dann ein Gestüt mit 6 Stallgebäuden, 12 Pferdeauslaufkoppeln und Wohnungen für das Personal. Zunächst befanden sich dort 2 Deckhengste, 26 Mutterstuten und 25 Fohlen u. Jährlinge. Entsprechend seiner Vorliebe, waren die ersten Mutterstuten Schimmel. Ab 1912 war sein Rennstall bereits der zweitgrößte Österreich-Ungarns. 30 Trainer betreuten 58 Pferde, davon 53 siegreiche, womit eine Gewinnsumme von 402.000,- Kronen (1 Krone entsprach ca. € 5,-) erzielt wurde. Schon im darauffolgenden Jahr rückte Victor mit einer Gewinnsumme von 681.000,- Kronen an die Spitze. 1917 gewann er sein erstes Derby und der Rennstall konnte die Rekordsumme von 930.000,- Kronen aufweisen. Der Bestand zählte 19 Mutterstuten, von denen 10 – aus England und Deutschland importiert – sehr guter Abstammung waren, sodass, wenn nicht 1918 mit dem Ende der Monarchie auch das Ende für den Mautner‘schen Rennstall gekommen wäre, die eigene Zucht stärker zur Gewinnsumme des Rennstalles beigetragen hätte. Die Rekordsumme wurde zu diesem Zeitpunkt nämlich noch hauptsächlich von seinen Pferden aus fremden Zuchten und vor allem von San Gennaro erlaufen, welcher davon allein 540.000,- Kronen eingebracht hatte. Als Deckhengst stand ihm zuletzt unter anderem der englische Miethengst Robert le Diable v. Ayrshire a. d. Rose Bay v. Melton zur Verfügung, der mit seiner Decktaxe von 3000,- Kronen der teuerste Beschäler in Österreich-Ungarn war [Jantsch 1968, S. 75].
Um Zeit mit seinen Pferden verbringen zu können, ließ Victor auf dem Gut in Schönfeld eine prächtige Herrschaftsvilla mit Gartenbrunnen errichten. So fügten sich Villa und Trainingsetablissement in ein idyllisches Ensemble ineinander. Umgeben von den weiten, kahlen Fluren des Marchfeldes, befand sich die grüne Oase – eine ca. 14 ha große Parkanlage – gebildet von Föhren, Birken und Eichen. Längs des Wäldchens, das im Sommer kühlen Schatten spendete und das Gut vor den häufigen Winden schützte, zog sich die Galoppbahn hin. Sie bestand aus Gras- und Sand-Track mit einer Geraden von 1200 Metern. 1902 – 1912 erweiterte Victor die Gebäude um einen Wintergarten, Fremdenzimmer, Portierswohnung und Umfriedungsmauer (Architekt Neumann in Wien). In dieser Zeit wurde auch ein Maschinenhaus errichtet und das Gestüt mit Hilfe eines Dieselaggregats elektrifiziert. Es entstanden Wohnungen für die Angestellten und Verwaltungsgebäude mit Garagen. Eine moderne Brunnenanlage mit Windrädern, elektrischen Pumpen und einem Reservoir für 31.000 Liter diente zur Bewässerung der Gras- und Sandbahn. Die Pferdeboxen waren beheizbar und es gab sogar ein eigenes Schwimmbecken für die Tiere. Das Gut entsprach dem neusten Stand der Technik und die Anlage bot insgesamt die besten Trainingsbedingungen in nächster Nähe zur Residenzstadt.
Nach Victor Ritter Mautner von Markhofs Ableben am 10. Mai 1919, wurde der „Markhof“ vom Wiener Jockey Club (ab 1923 Jockey Club für Österreich) erworben, allerdings ohne Übernahme der Pferde. Es wurden diverse Umbauten und Adaptierungen am Gut durchgeführt. Der Galopprennsport hatte in der Donaumonarchie seine Blütezeit erlebt, die Gründung des Jockey Clubs 1866 war für den Beginn des modernen und organisierten Galopprennsports in Österreich gestanden. Auch hier hatte der Erste Weltkrieg dieses goldene Zeitalter abrupt beendet, der Jockey Club konnte sich von den Nachwehen des Krieges nicht erholen und wurde 1932 aufgelöst. So wurden auch die Betriebe in Markhof und Kottingbrunn veräußert und das Gestütsmaterial gelangte am 11. Februar 1932 zur Versteigerung.
Doch auch nach Victors Tod war die Familie Mautner Markhof weiterhin eng mit dem Pferdesport verbunden geblieben. Vorallem die Donauauen rund um die beiden FloridsdorferVillen wurden gerne für ausgiebige Ausritte genutzt. Das damals wenig verbaute Umfeld der Pragerstrasse hatte ja Platz für Stallungen und Ausläufe, so wurden dort Pferde gezüchtet und als Renn- bzw. Kutschenfahrpferde, vor allem von Theodor I. genutzt. 1926 bis 1933 sollte aber das Rote Nachkriegs-Wien den 1173 Wohnungen umfassenden „Karl-Seitz-Hof“ im direkten Umfeld der Familie errichten. Das soziale Umfeld Floridsdorfs hatte begonnen sich zu ändern. Daher wollte Theodors älterer Sohn, Gerhard Mautner Markhof, 1935 die Gelegenheit nutzen, den gesamten Markhof, der abermals zur Versteigerung gelangen sollte, für sich und seine junge Familie zu erwerben. Die gemeinsamen Wohnverhältnisse dreier Generationen in der Villa Mautner waren ihm wohl zu eng geworden. Dies wurde jedoch dadurch vereitelt, dass sich unter den anderen Bewerbern um das „Mustergut Markhof“ auch ein Strohmann des Reichsluftfahrtsministers Hermann Göring befunden hatte und man Gerhard zu verstehen gab, er hätte sich vom Kaufansinnen zurückzuziehen. So war aus der „Rücksiedlung“ der Mautner Markhofs ins Marchfeld leider nichts geworden. Dennoch sollte sich die Familie, in der Person Gerhards jüngern Bruders Manfred I., allerdings erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs, des Markhofs annehmen. Das Areal der heutigen „Wohnanlage Trabrenngründe“ (vulgo Rennbahnweg) im 22. Wiener Gemeindebezirk wurde ab 1894 vom Wiener Trabrennverein (WTV) genutzt. Von 1895 bis 1897 entstand dort nach Entwürfen der Planungsgemeinschaft Brüder Josef und Anton Drexler ein Pferdegestüt und Trainingszentrum für Traber mit einer 1.200 Meter langen Rennbahn. Die „Gestüt Kagran“ genannte Anlage, die auch einen Wasserturm enthielt, erstreckte sich vom heutigen Rennbahnweg nordöstlich bis etwas über die Maculangasse hinweg. Das Gestüt sollte der Hebung der Qualität der Pferdezucht in Österreich insgesamt und die Trainingsrennbahn auch als Aushilfsrennbahn für die Trabrennbahn Krieau im Wiener Prater dienen. Als sich die Stadterweiterung Wiens auch jenseits der Donau stärker zu entwickeln begann, kaufte die Stadt Wien 1963 die so genannten „Trabrenngründe“ für umgerechnet etwas mehr als 2 Millionen Euro vom Trabrenn-Verein unter der damaligen Präsidentschaft von Manfred I. Mautner Markhof. Um für den Trabrennverein einen gewissen Ersatz zu schaffen, gelang es Manfred 1965, Areale des einstigen Gestütsteil Markhof – freilich ohne zugehöriger Rennbahn – für den Verein zu erwerben. Das nunmehr als „Gestüt Schönfeld“ bezeichnetete Mustergestüt mit seinem architektonisch originellen Baurund Victor Mautner Markhofs, war dann jahrzenhtelang im Besitz des WTV, bis es schließlich aus Kostengründen veräußert wurde.
Heute ist das ursprünglich zusammenhängende Gut geteilt. Der Teil nördlich der L2, der heute die Bezeichnung „Gut Markhof“ trägt, besteht aus zwei Adressen – Markof I und Markhof II – und hat unterschiedliche Besitzer:
Markhof I ist das landwirtschaftliche Gut, das für seinen Spargel bis weit über die Grenzen des Marchfeldes hinaus bekannt ist.
Markhof II, das ursprüngliche Pförtnerhaus, wurde zu einem ansehnlichen Wochenendsitz ausgebaut.
Das „Markhof Gestüt“, der Teil südlich der L2 in der Katastralgemeinde Breitensee, wird wieder als Pferdegestüt geführt.
1966 wurde der „Markhof“ nördlich der L2 von Franz Steiner an Josef Brandenstein verkauft. Die Eintragung ins Grundbuch erfolgte am 2. Mai 1966. In der Übertragungsurkunde ist auch der Kaufpreis angeführt. Es kam auch zu einem Tausch gegen eine Villa am Attersee. Das Gut befand sich insgesamt in einem desolaten Zustand. Die einstige Villa bzw. das Herrnhaus, war derart baufällig geworden, dass es von Brandenstein abgetragen werden musste. Der Großteil der Gebäude wurde aber wieder in Stand gesetzt und renoviert, so auch das Pförtnerhaus. Brandenstein errichtete einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Mais- und Getreideanbau und anderen für das Marchfeld typischen Feldfrüchten. Josef Brandenstein verstarb am 12. April 1983. Sein Sohn Markus Brandenstein übernahm den Betrieb. Im selben Jahr wurde der erste Spargel auf den Ackerflächen des Gutes gepflanzt. 1985 gab es dann die erste Spargelernte. Im Jahr 1990 erfolgte die Umstellung auf einen Biobetrieb. Zum damaligen Zeitpunkt war der Markhof der größte Biobetrieb Österreichs. Er entwickelte sich verstärkt in Richtung Bio-Gemüse-Anbau. Neben dem Spargel, für den der Markhof weit über die Grenzen des Marchfeldes hinaus bekannt ist, gehören auch Artischocken und anderes Gemüse zum Produktsortiment des Hofes. Getreide wird heute nur noch in kleinem Umfang heute noch angebaut. Zum Gut gehören heute 110 ha Ackerflächen und 35 ha Wald.
Alle Gäste, die nicht nur an erstklassigem Gemüse, sondern auch an der Geschichte des Markhof interessiert sind, werden von der Familie Brandenstein mit einer kleinen Broschüre über die Historie des Gutes begrüßt.
Familie Brandenstein, A-2293 Marchegg, Gut Markhof I, Tel: +43 2285 6247
Ich glaube, ich kann im Namen aller meiner sechs Geschwister – ob lebend oder schon verschieden – sagen, dass wir die beste und liebste aller Mütter hatten. Mein Geschenk an sie, zum Muttertag 2023, ist es, dass ich versuche ihr mit meinen Worten ein Denkmal zu setzen. Meiner Mutter Marceline, die ihrem Mann und ihren Kinder einfach alles bedeutete. Auch ihrer großen Verwandtschaft war sie stets in Liebe und Großherzigkeit zugetan. Keinen schöneren Wunsch kann ich äußern, als dass ich jedem Ehemann und jedem Kind so eine Gattin und Mutter, wie Marceline wünsche.
Marceline, älteste Tochter von Georg II. Anton Mautner Markhof und Emy Reininghaus, wurde am 3. Mai 1901 geboren. Sie wuchs in Wien/Floridsdorf auf, in der schönen Mautner Villa mit dem großen Garten. Ziemlich früh schon bekam sie eine französische Gouvernante und Erzieherin – Maury genannt. So sprach Marceline auch bald perfekt Französisch. Eine öffentliche Schule hatte sie nie besucht, soweit wir wissen.
Als Marceline noch sehr jung war, hatte einmal die Sorge bestanden, dass sie Schaden an der Lunge hätte, womöglich an Tuberkulose leiden könnte, wie es damals noch sehr häufig der Fall gewesen war. Ihr Vater selbst war mit ihr zur Kur gefahren, ich glaube auf den Semmering, wo sie wieder vollends gesundete. Für ihren Vater empfand Marceline stets höchste Verehrung. Einer ihrer Erinnerungen an ihn war eine gemeinsame Reise nach Venedig, auf die er sie eigens mitgenommen hatte. Mehr als der Zauber der prächtigen Gebäude und die so einmalige Lage, waren ihr der traurige Zerfall, die Dekadenz und Stagnation der Stadt in bedrückender Erinnerung geblieben.
Zu ihren sechs Geschwistern hatte Marceline immer eine äußerst gute und liebevolle Beziehung. Große Achtung empfand sie lebenslang für ihren Bruder Buwa. Selbst später noch, bei heiklen Fragen, die unsere Familie Bertele betrafen, wurde Buwa von ihr befragt und sein Rat befolgt.
Genauso wie ihre Mutter, die mit Leidenschaft Glatthaar-Foxterrier züchtete und zu Ausstellungen nahm, hatte Marceline eine Vorliebe für Hunde. Später wurde aus ihr auch eine begeisterte Reiterin. Sie besaß eine schöne fuchsfarbene Stute, die sie Goldie nannte. Mit ihr ritt sie kreuz und quer übers Überschwemmungsgebiet und auf den Bisamberg.
Sie hatte es nicht eilig zu heiraten. Sie liebte das traute Familienleben in Floridsdorf und die Sommermonaten, die die Familie in Baden, in einer der schönen Villen in der damaligen Berggasse (jetzt Marchetstrasse) ich glaube Nr. 72, verbrachte – und ihre Passion galt zu diesem Zeitpunkt ja auch noch den Pferden. Einmal war sie schwer gestürzt, Goldie war aus irgendeinem Grund durchgegangen. Besorgniserregend lange war sie daraufhin mit einer Gehirnerschütterung bewusstlos gewesen; als sie sich wieder erholt hatte, ritt sie fröhlich weiter.
Den Beginn der großen Liebe meiner Eltern habe ich bereits geschildert. Im darauffolgenden Herbst hatten beide viele schöne Streifzüge miteinander unternommen. Marceline hatte immer gutes Hausbrot mit Schinkenbelag dabei, das Hans, der zu jeder Zeit Appetit hatte, mit großer Wonne verzehrte. An einem dieser wundersamen Herbsttage spazierte das Paar in der Au von Spillern und von dort hinauf zur märchenhaften Burg Kreuzenstein bei Korneuburg. Dort sprachen sie sich zuerst über die Zukunft aus, dann über eine gute Art des Zusammenlebens. An diesem Nachmittag verlobten sie sich. Beim Verabschieden sagte Marceline laut und bestimmt: „Guten Abend – alles ist sehr gut aber ich will viele Kinder.“ Worauf Hans ebenso bestimmt antwortete: „Ich auch, gute Nacht!“ Bald danach machte Hans den offiziellen Antragsbesuch bei Marcelines Vater in Floridsdorf. Georg Anton empfing ihn sehr nett und meinte zum Schluss: „Merk Dir, die Ehe ist ein Kunstwerk, an dem man sein ganzes Leben baut, einmal schwer der eine, einmal schwer der andere.“ Worte, die er bereits auch seiner Tochter eingeschärft hatte. Da Hans und Marceline bereits verlobt waren, stellte sich bei ihr das Verlangen ein, sobald wie möglich auch ihren zukünftigen Schwiegervater kennenzulernen, um feststellen zu können, dass er weder glatzköpfig sei noch Brillen trug. Zwar war Hans´ Vater von kleingewachsener Statur, aber in den beiden Punkten, auf die Marceline so großen Wert legte, entsprach er völlig ihrem Wunsch: keine Glatze und keine Brillen, obwohl er bereits im einundsiebzigsten Lebensjahr war. Die Hochzeit fand am 19. April 1928 in Floridsdorf statt. Leider kann ich darüber nichts berichten. Ich habe nur das Glück, die Menükarte meines Großvaters zu besitzen. Auf ihr befindet sich ein wunderschönes Foto vom glücklichen jungen Paar.
Auszug aus den Memoiren von Hans von Bertele Am 19. April 1928 war unsere Hochzeit; die kirchliche Trauung fand in der kleinen Pfarrkirche in Jedlersee statt; Marceline und ich fuhren mit dem Mautner’schen Pferdewagen hin und zurück. Dann gab es ein feierliches, grosses Hochzeitsessen im schönen Haus Floridsdorf, Pragerstrasse 20; nachher wurde alle Gäste vor dem Haus auf der Stiege – freundlich gruppiert – fotographiert. Das Wetter war nicht sehr schön, sondern kühl und bewölkt; leider blühten die schönen Magnolien hinter dem Haus im Park noch nicht. Dann fuhren wir mit dem Auto auf den Semmering, blieben dort ein oder zwei Tage und von dort begann die eigentliche Hochzeitsreise mit dem Zug. Der Schwiegervater hatte eine schöne Seefahrt auf dem Schiff Ozeania (ca. 4000 Tonnen) für uns vorbereitet. Wir fuhren nach Genua mit dem Schlafwagen; beim Einsteigen am Semmering fiel der Mutti meine kleine Reisetasche auf den Kopf, aber das störte die freundliche Stimmung nicht. Mit dem Schiff fuhren wir von Genua über Korsika, über Palma de Mallorca, Málaga mit einem kleinen Ausflug nach Granada, über Gibraltar, über Lissabon in Portugal, und die Isle of Wight nach Hamburg; in Hamburg stiegen wir in den Vier-Jahreszeiten ab, hatten dort ein gutes Essen im Uhlenhorster Fährhaus, fuhren nach Magdeburg zu einem kurzen Besuch zu den Baensch und zurück nach Wien. Die nächsten Monate wohnten wir im Stöckl in Floridsdorf; inzwischen versuchte Marceline mit ihrer Mutter eine Wohnung in Wien zu finden, denn damals war das Wohnungfinden in Wien gar nicht leicht. Marceline hatte von vornherein die vernünftige Ansicht, die Wohnung sollte nicht weit von meinem Arbeitsplatz – der Elin – Volksgartenstrasse 1 – sein.
Zwei Jahre nach der Hochzeit war dann der kleine Otto erschienen. Marceline wurde ein großer Kindersegen beschert, genauso wie sie es sich es erträumt hatte. Ihr Mann, Hans, war begeisterter Bergsteiger. Nachdem jedoch zwei seiner Kameraden abgestürzt oder sonst wie auf den Bergen verunglückt waren und er schon drei Kinder gezeugt hatte, gab er dieses Hobby auf. Wahrscheinlich hatte Marcelines tatkräftiges Bitten dabei den wesentlich Ausschlag gegeben. Neun Monate nach seiner letzten großen Bergtour wurde der kleine Hansi geboren. In ihn setzte Vater dann die größten Hoffnungen, dass er einmal eine brillante Karriere machen würde.
Auszug aus den Memoiren von Hans von Bertele Mit einiger Mühe fanden Marceline und ihre Mutter eine schöne Wohnung in der Lackierergasse/Ecke Garnisongasse; gegenüber war nur ein stockhohes Arbeitsgebäude des Allgemeinen Krankenhauses. Die verschiedenen Zimmer der Wohnung waren daher von Morgen bis zum Abend besonnt, da die Wohnung um das Eck ging. Eine sehr schöne Einrichtung für diese Wohnung wurde vom Schwiegervater beim Architekten Wimmer bestellt. Vor Weihnachten zogen wir ein; es war lange noch nicht fertig, obwohl Marceline gesagt hatte: „Ich zieh’ erst ein, wenn das Handtuch auf dem letzten Haken hängt!“ Wir hatten aber Betten und einen Esstisch, etwas Material in der Küche und allmählich wurde dann die Wohnung, so wie auf den Bildern dargestellt ist.
In meinem Buch Das Haus am Froschplatz, eine Wiener Geschichte – etwas auf Roman aufgeputzt – schildere ich, wie sie danach eine Villa mit schönem großen Garten im 19. Bezirk, die zwangsversteigert werden sollte, kaufen wollten. Marceline war diese Idee – der Kinder wegen – besonders lieb. Ihr Vater jedoch bat das junge Ehepaar es nicht zu tun: Hans hatte bei Elin zwar ein gutes Einkommen, aber man hätte dafür scheinbar auch Fonds oder Anteile der Brauerei liquidieren müssen. Die Zeiten und die allgemeine finanzielle Lage hatten begonnen immer schwieriger zu werden. Meine Eltern erfüllten Georg Antons Bitte und nahmen vom Kauf Abstand.
Hans, der junge Ingenieur, hatte sich bei der Elin rasch einen guten Namen gemacht. Und wo einer Erfolg hat, stehen Neider meist gleich um die Ecke. Beim großen Durcheinander nach dem Anschluss Österreichs wurde er von denjenigen, die ihm seinen guten Ruf und Erfolg nicht gönnten, rasch auf eine mindere, seinen Qualifikationen in keiner Weise entsprechenden Position geschoben. Doch bei Siemens in Berlin war man bereits auf ihn aufmerksam geworden und so konnte er bereits im September 1938 eine adäquate Stelle im riesigen Konzern antreten.
Die Familie Bertele, mit bereits vier Kindern, war also im September 1938 nach Berlin übersiedelt, wo die bereits schwangere Marceline im März 1939 Tochter Elizabeth zur Welt brachte. Hans hatte eine sehr gute Position bei Siemens und die ersten Kriegsjahre verliefen für Deutschland gut und siegreich. Bald nach der Ankunft war es ihm gelungen, ein schönes Haus mit Garten in Schmargendorf zu erwerben, so hatte die Familie ein recht angenehmes Leben. Marcelines Schwester Charlotte, verheiratet mit dem feschen aus Ostpreußen stammenden Georg Günther, war ebenfalls in Berlin ansässig. Die kleine Elizabeth, Liest genannt, hatte ein Kindermädchen, die Lena. Als Liesl einmal auf allen Vieren im Garten herumkroch, in der Erde wühlte und dann die Finger in den Mund steckte, meinte Lena gelassen: „Dreck scheuert den Magen”, ein Ausspruch, den Marceline späterhin immer gerne verwendete.
Am 7. Dezember 1941 wurde ich, die kleine Ursula, geboren. Ein glücklicher Tag für mich und die Familie aber verhängnisvoll für Deutschland, da nach dem Tag der Bombardierung der Japaner von Pearl Harbor die USA in den Krieg eintraten. Eine entscheidende Wende hatte begonnen, welche schließlich zur Niederlage Deutschlands führen sollte.
Auszug aus den Memoiren von Hans von Bertele Im Winter 1941 begann das Bomben in Berlin, zunächst mit Brandbomben; einmal gab es einen Einschlag in unseren Luftschutzkeller durch die Türe vom kleinen Hof; Mutti war erstaunlich ruhig und hat gleich mit der Schaufel aus der Sandkiste Sand auf die zischende Bombe draufgestreut. Als ich darüber meine Verwunderung aussprach, sagte sie ruhig: „So haben wir’s doch in den Vorbereitungen gelernt“, was mir grossen Eindruck machte. Bald darauf geht Marceline sicherheitshalber nach Feldenhofen, als ich ihr dazu geraten hatte mit der Bemerkung: „Geh’ ruhig hin, haben wir den ersten Weltkrieg gut in Feldenhofen überstanden, werden wir es in dem zweiten auch tun“.
In der Familie Bertele wurden schwerwiegende Entscheidungen getroffen: Hans entschloss sich bei Siemens zu bleiben und dachte, dass es für Marceline und die Kinder das Beste und Sicherste wäre ins Gut Feldenhofen, das seiner Mutter gehörte, zu übersiedeln. Feldenhofen, ein Besitz von zirka zweihundert Hektar, hauptsächlich Waldbestand, befand sich in der Südsteiermark, welche nach dem Ersten Weltkrieg an das neugegründete Jugoslawien abgetreten werden musste. Diese Übersiedlung aber würde ohne der deutschen Kinderschwester Lena vor sich gehen müssen. Kurzum, Lena wurde entweder entlassen oder verließ die Familie auf eigenen Wunsch. Zwar gebar Marceline freudig Kinder aber außer sie zu stillen, hatte sie keine Idee wie man ansonsten einen Säugling zu betreuen hatte. Diese Aufgabe hatten immer die jeweiligen Kinderschwestern übernommen. Nun aber wurde die arme kleine Ursula rachitisch und litt fortwährend unter Durchfall. So fasste man den Entschluss sie nicht nach Feldenhofen mitzunehmen, sondern schickte sie stattdessen zur Omi (Marcelines Mutter Emy) nach Gaaden, wo sie höchst liebevoll aufgenommen und in die kundigen Hände der guten Nana übergegeben wurde.
Also zog Marceline mit nur fünf Kindern ab nach Feldenhofen, welches in der Nähe der Stadt Windischgraz, jetzt Slovenj Gradec, gelegen war. Anfangs konnte Marceline dort noch ein friedliches und unbekümmertes Leben genießen und die Kinder konnten überall frei und unbeschwert herumtoben. Dann kam 1945.
Nach einer abenteuerlichen Reise, die in seinen Memoiren detailliert beschrieben ist, traf Hans erst im September in Jugoslawien ein und musste mit dem Schrecken erfahren, dass seine Frau und die Kinder in einem Lager bei Cilli von den Tito-Partisanen gefangen gehalten wurden. Typhus und Hunger herrschten dort. Es war ein wahres Wunder, dass Marceline und alle fünf Kinder überlebten. Hans, der die dem Russischen sehr ähnliche slowenische Sprache beherrschte, konnte sich mit der Kommissärin des Lagers verständigen und gab ihr den Englischunterricht, den sie von ihm als Gegenleistung für eine Gefälligkeit begehrte. So konnte er die Freilassung von Marceline und seinen Kindern „erarbeiten“. Die Lagerkommissärin konnte ihre frisch erworbenen Englischkenntnisse nicht mehr verwerten, kurz danach hatte sie sich erschossen. Aber Gott und ihr zu Dank war die Familie wieder auf freiem Fuß.
Man fuhr zurück nach Feldenhofen. Gutgesinnte Nachbarn und ehemaliges Dienstvolk aber rieten unbedingt zum raschen Verlassen von Slowenien. Schweren Herzens brach die Familie schließlich gleich nach Weihnachten, am Stefanitag 1945 wieder auf und schlich sich über einen Schmuggelpfad, den Hans kannte davon. Ein Grenzbach, an dem andauernd patrouilliert wurde, musste überquert werden. Alles verlief ohne Hindernis. Angelangt auf der Anhöhe, am Ufer auf der österreichischen Seite, bestens sichtbar von der slowenischen Seite aus, blieb Marceline stehen und rief höchst erleichtert laut aus: „Na, wenn ich gewusst hätte, dass es so leicht vor sich gehen würde, hätt´ ich noch mehr Zeugs mitnehmen können!” Wäre in diesem Augenblich die Patrouille plötzlich erschienen, hätten sie alle erschossen. Wenig hätte es gegolten, dass sie sich schon jenseits des Grenzbaches befunden hatten.
Die Familie wurde freundlich von Onkel Harald Reininghaus, Omis Halbbruder, in Schloss Isenrode (Steiermark) aufgenommen. Im Februar 1947 wurde der kleine Nachzügler, der Uly geboren. Als bei Marceline die Wehen einsetzten, wurde sie durch den hohen Schnee per Schlitten nach Graz in die Klinik gebracht.
Im August 1947 ging es für die Familie Bertele weiter nach England, wo Hans mit einem englischen Bekannten eine Elektrogesellschaft gegründet hatte.
Ursula, das Gaadner Kind, lernte erst kurz vor der Abreise ihre Eltern kennen. Bis dahin hatte sie immerhin einmal eine Postkarte von ihrer Mutti bekommen, mit zwei Rehen in einem tief verschneiten Wald, die sie jetzt noch lieb in ihrem Besitz bewahrt. Nun wurde sie von Nana vom Haus am Berg den Hang hinabgeschickt, wo ein Pfad ins Dorf führte: „Die zwei Leute, die Du den Hang hinaufkommen sehen wirst, das sind Deine Eltern. Lauf hinunter und begrüße sie schön.”
Was sich dabei alles abspielte, wäre eine Geschichte für sich. Dann erblickte ich sie zum ersten Mal. Mit ihren Wanderschuhen, kurzen Socken, jeder mit einem Rucksack auf dem Rücken kamen sie mir entgegen. Sie zählten damals 46 (Marceline) und 44 (Hans) Jahre und kamen mir furchtbar alt vor. Vor allem die liebe Mutti wegen ihrer weißblonden Haare. In dem Zusammenhang ist es interessant, dass ich mir nie zuvor solche Gedanken wegen des Alters gemacht hatte. Sowohl die Omi wie die Nana waren für mich einfach zeitlos gewesen.
Ein paar Wochen später wurde ich nun mit nach England genommen und das neue Baby, der Uly, Jolly genannt, um ihn vom Günther-Uly (Sohn von Marcelines Schwester Charlotte) unterscheiden zu können, wurde bei Omi in Gaaden gelassen und in Nanas Obhut gegeben. Ein Kindertausch, sozusagen.
Die zwölf Jahre, die wir daraufhin in England verbrachten, waren für Mutti, wie ich sie fortan nennen werde, wohl die schwersten ihres ganzen Lebens gewesen. Baba (so wollte Hans von uns Kindern genannt werden) hatte mit einem Vorschuss von der neu gegründeten Elektrogesellschaft ein schönes Haus mit großem Garten gekauft, welches Mutti sehr gefiel. Aber die Arbeit dort war für sie unermesslich schwer, vor allem das Wäschewaschen, denn es gab keine Waschmaschine. Die Weißwäsche kochte sie in einem großen elektrisch angetrieben Kessel, der sich unten in einem Raum neben der Küche befand, welcher als Waschküche und allgemeiner Abstellraum für Gartenwerkzeuge und Sonstiges diente. Danach musste sie die Wäsche dann per Hand schwemmen und auswinden. In den Schulferien halfen wir vier Mädel mit und hängten sie dann oben am Tennisplatz an der Wäscheleine auf. Sonst machte Mutti alles ganz alleine. Bei dem häufigen englischen Regen musste die Wäsche jedoch immer wieder rasch hineingeholt und bei nächster Gelegenheit dann wieder aufgehängt werden. Im Haus war keine Möglichkeit vorhanden sie zu trocknen. Meine älteste Schwester Emy war Mutti eine sehr große Hilfe. Als wir nach England übersiedelten, war sie sechzehn Jahre alt. Sie half beim Kochen und nähte Kleider für Liesl und mich. Marci, die zweitälteste, half mit dem Bügeln und draußen im Garten, oblag ihr auch das Zurückschneiden der Hecke. Bei mehr als einem halben Hektar Größe war das keine leichte Arbeit. Liesl und später auch ich, wurden zum Stopfen der Socken eingespannt, von denen es mehr als genug gab. Ebenso wurden wir beide mit dem Geschirrabwaschen beauftragt. Am Wochenende mussten alle Kinder im Garten mithelfen. Er war auf einem ziemlich steilen Hang gelegen. Das Haus befand sich in seinem unteren Drittel. Mutti hatte sich ganz oben einen Gemüsegarten anlegen lassen. Otto und Hansi stachen die Beete für sie um. Dort oben hatte Mutti auch ihre Hühner und wir hatten Hasen, die unsere Schwester Marci betreute. Zirka ab 1955 hatten wir dann eine Waschmaschine, die aber nicht schleuderte. Dafür gab es ein „Auswindegerät“, das am Waschbecken befestigt war und per Hand in Gang gesetzt werden musste. Mit der Zeit leistete Baba sich auch ein Auto. Das erste wurde schon sehr bald von meiner Schwester Marci über den Haufen gefahren. Ich, damals 14 Jahre alt, war Copilot, was niemand wissen durfte! Um sich ein neues leisten zu können, verkaufte Baba dann seine wertvollste Uhr.
Wir vier Mädchen besuchten alle dieselbe Klosterschule, die beides – Volks- und Mittelschule unterrichtete. Mutti erzählte mir einmal, dass die Schulvorsteherin, Nonne Mother Mary John, ihr bei ihrem ersten Besuch von einem Traum erzählt hatte: Eine Familie aus dem verwüsteten Zentraleuropa würde nach England kommen und die Eltern sie um Aufnahme ihrer vier Mädchen in der Schule bitten. Sie solle sie alle aufnehmen, wurde ihr im Traum gesagt – was sie auch herzlich getan hat. Selbstredend, so meine ich ist, dass den Eltern dadurch in dieser ausgezeichneten Privatschule keine großen Kosten auferlegt wurden. Mutti sagte manchmal auf ihre ihr ganz eigene Art: „Ich bin nicht fromm”, womit sie scheinbar nur meinte, dass sie nicht jeden Sonntag in die Kirche ging. Aber anlässlich des Traumes der lieben Nonne dachte sie doch, dass es sich um ein wunderbare Fügung Gottes handelte. Mother Mary John war aus einem belgischen Orden, so musste sich Mutti mit ihr in Französisch verständigt haben, denn sie sprach kein Englisch.
Das Schönste für uns Kinder war das Mutti immer für uns da war. Sie war sozusagen immer für uns zuhause. In der Früh war sie da, machte das Frühstück für uns, nahm es mit uns ein. Als wir von der Schule kamen, machte sie uns die Jause. Als wir Jüngsten der Familie dann schon selbstständiger waren, bereiteten wir uns die Jause zwar selbst, liefen aber zuerst hinauf in den Garten, um Mutti, die im Gemüsegarten oder mit ihren Hühnern beschäftigt war, zu begrüßen.
Welch´ traurigen Gegensatz dazu bieten Mütter heutzutage, die auch ohne es nötig zu haben untertags nur weg von zuhause irgendwo arbeiten wollen. Das Resultat ist ein hinkendes, oftmals zerrüttetes Familienleben und – oft gar keines mehr. Jeder nur für sich…
Mutti bedachte jeden von uns immer mit den unterschiedlichsten liebevollen und besonderen Aufmerksamkeiten. Ich erwähne hier nur diejenigen, die sie mir zudachte und die ich so dankbar in Erinnerung behalten habe: Natürlich hatte ich zu Beginn kein Wort Englisch gesprochen. Mutti, obwohl sie mit Arbeit überhäuft war, kaufte mir eigens ein großes Bilderbuch, das von einem kleinen Buben in Mexiko handelte. Am großen Tisch in der Küche saßen wir dann an den Abenden zusammen, ich auf Muttis Schoss und sie las mir daraus vor: „Pedro was a little boy…” Da war das Bild mit Pedro und einem bepackten Esel neben einem Kaktus. Und ich las stockend nach. Als ich elf Jahre alt war, arrangierte Mutti für mich einen Austausch mit der befreundeten Gustav Harmer-Familie. Der jüngere Sohn, Conrad, gleich alt wie mein Bruder Hansi, kam einen Monat zu uns nach England und ich konnte den ganzen Monat Juli bei Harmers, anfangs in Ottakring dann hauptsächlich draußen in Spillern verbringen. Die jüngste Tochter, Mette, war in meinem Alter. Alles für mich so schön arrangiert, von der lieben Mutti. Im Jahr 1956 fand in London eine berühmt gewordene Konzertaufführung von Don Giovanni in der Royal Festival Hall statt. Unser Verwandter, Eberhard Wächter, sang den Don Giovanni. Auch besonders war für mich, als Mutti mich zu Cavallería Rusticana undI Pagliaccimit in die Oper nach Covent Garden nahm. Und viel später dann, wenn wir nach Wien auf Besuch kamen, stand in unserem Zimmer immer ein Zyklamen-Stock zur Begrüßung…
Eineinhalb Jahre nach unserer Übersiedlung nach England wurde uns zu Muttis großer Freude der kleine Jolly geschickt. Ihr kleines Nesthäkchen. Er wurde uns gemeinsam mit einem Steirermädel übersandt, das teils als Kindermädchen für ihn und teils als allgemeine Haushaltshilfe für Mutti dienen sollte. Sie taugte weder für das eine noch das andere und verließ uns bereits nach einem Jahr.
Ein paar Jahre danach waren für Baba äußerst schwierige Zeiten herangebrochen und es begannen unangenehme Jahre in England. Ausgangspunkt war ein arges Zerwürfnis mit seinem englischen Gesellschafter, der ihn fälschlich wegen Betrug anklagte. Fern der Heimat schien sich damals alles gegen ihn zu wenden. Er wusste nicht mehr ein noch aus und war nahe daran den Kampf aufzugeben. Mutti jedoch ermutigte ihn: „Hans, kämpfe bis zum Schluss. Nur dann habe ich vollen Respekt vor Dir. Riskieren wir, was du im schlimmsten Fall für möglich hältst.” Die Angelegenheit klärte sich zu seinen Gunsten aber natürlich auch mit seinem Austritt aus der Firma.
Österreich war damals noch von den Alliierten besetzt gewesen. Wien teilweise, Niederösterreich aber vollständig von den Russen. Die Eltern zogen es daher vor mit der Familie weiterhin in England zu bleiben. Mit seinem beruflichen Neuanfang als beratender Ingenieur hatte Hans zu wenig Aufträge und nahm dann dankbar die Stelle eines Lektors bei Woolwich Polytechnic an. Die Vorlesungen dauerten oft bis spät in den Abend hinein und so kam er todmüde und abgerackert mit dem Zug aus London. Jeden Abend machte sich Mutti auf den Weg um ihn von der Station abzuholen. Zwar wohnten wir nur zehn Minuten entfernt, doch der Weg dorthin war eher gruselig. Man musste an einem steilen unbeleuchteten Felsabfall der North Downs entlanggehen, der gegenüber der breitangelegten Schienenanlage, den Ausweichstellen für die Züge und einem Kohlengrosshändler lag. So ging es noch einige Jahre dahin, bis endlich die gute Nachricht eintraf, dass Baba zum Ordentlichen Professor für Industrielle Elektronik an der Technischen Hochschule in Wien ernannt worden war. Die Freude mit der Mutti diese Nachricht empfing, war unbeschreiblich. Als sie England verließ und auf dem Boot nach Ostende an Deck stand, sagte sie: „Gott sei Dank. Nun bin ich endlich kein elender Ausländer mehr!” Das Schöne an England, so wie sie meinte, war gewesen, dass sie immer ganz und gar für ihren Mann und ihre Kinder da sein konnte. Ansonsten war ihr alles fremd geblieben. Die Sprache lernte sie nur recht mangelhaft zu beherrschen und ihr Akzent war stark geblieben. Auch hatte sie keine Freundinnen gefunden. Zwar gab es bei uns zu Hause immer ein reges Gesellschaftsleben mit häufigen Mittag- und Abendessen an den Wochenenden, aber alle die kamen waren Freunde und Bekannte vom Baba.
In Wien zogen die Eltern in die schöne große Wohnung am Franziskanerplatz ein. Dort konnten beide noch etwas über zwanzig glückliche Jahre verbringen. Ständig gab es Besuch von Kindern und Enkelkindern und sie waren von netten Dienstboten umgeben. Es wurden unentwegt muntere und interessante Mittag- und Abendessen für Muttis Großfamilie (von der Bertele-Familie war Hans der letzte Nachkomme) und den großen Freundeskreis veranstaltet. Auch an der Hochschule gab es oft Veranstaltungen, zu denen auch die Damen gebeten waren. Marceline war immer mächtig stolz auf alle Ehrungen, die ihrem Hans zuteil wurden. Zuhause gab man schöne Kammermusik-Abende, an denen Hans am Klavier, begleitet von zwei Geigen spielenden Freunden musizierte. Das ganze Jahr hindurch liebte es Hans vor oder nach dem Abendessen, auf dem schönen großen Bösendorfer Flügel, den ihm Marceline zur Hochzeit zum Geschenk gemacht hatte, zu spielen. Marceline saß dabei, im Salon au coin du feu – ob der Kamin nun angezündet war, oder nicht. Und in den Pausen seines Spiels pflegte sie zu sagen: „Sehr schön, Herr Mandi“ (ihr Kosename für Hans).
Matthäus Spechtler, direkter Nachkomme von Therese und Johann Peter von Reininghaus´ Tochter Luise (3.1.1851 – 15.10.1924, verehelichte Piffl), deren Sohn Gustav Piffl und dessen Tochter Adolfine/Ina Ludowika Piffl, lebt mit seiner zweiten Frau Leanne (geborene Steenkamp) in Hout Bay/Kapstadt/Südafrika und ist unternehmerisch vielseitig tätig.
Neben Rabbiter Africa zeichnet das Ehepaar auch für CallJoe verantwortlich, ein gemeinsam mit Hutchinson 3 Austria geschnürtes e-sim-Paket, das speziell allen Europa-Touristen beste Verbindungen während ihres Aufenthaltes sichert.
Das große Herzensprojekt jedoch ist WAFRICA (Water for Africa) für das selbst Premier Alan Winde bereits seine Unterstützung zugesagt hat:
„IT IS OUR VISION, WITH THE HELP OF OUR GLOBALLY UNIQUE SYSTEM, TO CURB WATER POVERTY NOT JUST IN AFRICA, BUT ALSO ON ALL CONTINENTS, AND TO SAVE MILLIONS OF HUMAN LIVES. ACCESS TO DRINKING WATER IS A HUMAN RIGHT. WE MAKE IT REALITY. OUR FOCUS IS ON: PRODUCTION, COMMISSIONING, CREATING JOBS, LICENSING, SALES, INTERNATIONALIZATION & SAVING LIVES“
WHAT WAFRICA WILL ACHIEVE We provide filtered and chilled drinking water | We provide free high-speed WiFi to those within a 500 metre radius of our system | We make a contribution to environmental protection | We only work with renewable energy | We will create thousands of new jobs | We save lives | We reduce up to 50% of plastic waste | We create new infrastructures We secure income for the people | We set signs and trends and serve the community.
The potential for WAFRICA is unspeakable, as more than 600 million people in Africa alone are without water and around 2 billion people worldwide according to the united nations. WAFRICA will first be launched in the South African market and then within the rest of southern Africa followed by targeted countries internationally. As a “Proudly South African” declared invention, WAFRICA will start its triumphant march from South Africa and save millions of lives. The production costs of one system is refinanced after approximately six months, based on a small community of 5000 inhabitants who regularly consume our water at an average price of R3 per 5 litres. The entire business model is designed to provide people with clean water at a price that is up to 90% cheaper and still beneficial. In addition the poorest of the poor will receive our water for free. People will not only appreciate WAFRICA but also love it, because water is life and the current prices for drinking water are pure usury.
WHY WAFRICA The most important thing at the moment is to build the first fully functional prototype. As soon as we have finished this first prototype, we will benefit from international funding from the Deutsche Entwicklungsgesellschaft DEG (German Development Agency, Johannesburg office) in the amount of at least 2 million Euros. I have already been promised this funding in writing, as DEG has classified the WAFRICA project as “the most innovative and most important project for the African continent in years.”
Furthermore, I was able to generate considerable interest from Premier Alan Winde, and he has assured me of his full support in officially launching the first system, which will generate enormous media coverage. I quit my job as a CMO of an international company because I was overwhelmed by the urgent need for water throughout the world and therefore founded WAFRICA. I financed the entire development of the system through to market readiness from my own resources. WAFRICA is my life and together we will save lives and be internationally successful. I have the commitment to international funding in the amount of 2 million euros = R 36m, as well as a brilliant team of international colleagues and technicians who have performed all of their services free of charge to WAFRICA. In this context, I would like to mention that all future employees (WAFRICA water warriors) will for the most part be seniors, as they have the necessary reputation and respect, and more than 95% of the employees will be people of colour. Furthermore, there will be an NGO within the company that will focus on the education of children in primary schools, since education is of the greatest importance to our youth and a means for a secure future.
We therefore kindly invite you to become an integral part of WAFRICA and to finance the first prototype so that we can start the project together. Let’s change the world together, save human lives, create jobs and become internationally successful.
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Postkarten an Ilse von Reininghaus, Kriegsbeginn 1914
/in Reininghaus/Linie 1 /von Ulrike ReininghausLuise Piffl an Ilse v. Reininghaus, 1914
An alle Lieben denkt man in der Stunde,
die dem Ruf des Vaterlandes folgen müssen.
Es hat wohl deinen lieben Gustav auch schon getroffen!
Trotz aller Hoffnung auf baldige Beilegung, resp. Bezwingung,
ist der Abschied doch furchtbar.
Du und Tausende brauchten wohl ihre ganze Kraft!
Wir fühlen’s mit dir, liebste Ilse!
Wohin muss Gusti einrücken?
Der Unsrige ist schon „unten“. Gott schütze alle Beide!
Innigste Küsse!
Tante Luise
Liebe, liebe Ilse,
lass mich wieder etwas von deinem lieben Gusti,
Dir und Kinderln hören!
Der Unsrige an d. serb. Grenze, ist unb. ziemlich
wohl. Aber Hardy, Hardy! (Anm.: Eberhard, Sohn von Hugo v. Reininghaus)
Seit 20. August vermisst! Großmama darf’s nicht wissen.
Ärmster Hugo!
Innigste Grüsse
Tante Luise
Peter v. Reininghaus an Ilse v. Reininghaus, 1914
Besonders innig wünsche ich Dir zum heurigen Jahreswechsel
für die kommenden Zeiten Glück!
Handküsse
Peter
Nach relativ hindernisloser Fahre bin ich gut
in Wien angelangt, konnte jedoch Mama nicht
mehr treffen, da sie knapp vor meiner Ankunft
nach Graz abreiste.
Nochmal den innigsten Dank für die so reichlich
erwiesene Gastfreundschaft.
Herzliche Grüße an Gusti und Deine Eltern
Dir selbst Handküsse!
Peter
Hans v. Reininghaus an Ilse v. Reininghaus, 1914
Liebe Ilse!
Wir waren sehr erfreut, Gustav gestern hier zu sehen.
Er befindet sich übrigens in vollkommenem Irrtum.
Er wird laut „Widmungskarte“ uns zu „internem Dienst“
verwendet werden, wenn überhaupt.
Er ist darüber zwar empört; das hilft aber nichts,
doch sei ohne Sorge.
1000 Grüße und Küsse von Onkel Hans
(Anm.: Ironischer Text von „Onkel Hans“ – die Widmungskarte enthielt die militärischen Anordnungen über Pflichten im Kriegsfall. Gustav II. von Reininghaus hatte als Österreicher seinen Wohnsitz im Ersten Weltkrieg in Bayern/Deutschland.)
Grabanlagen der Familie von Reininghaus / Stadtfriedhof St. Peter, Graz
/in Reininghaus/Linie 1 /von Ulrike ReininghausDas Grabmonument der Familie von Reininghaus stellt die größte Gedenkstätte des Evangelischen Stadtfriedhofs St. Peter in Graz dar. Den Mittelpunkt der von Architekt Prof. Friedrich Sigmundt (1856 – 1917) gestalteten Anlage mit Wandelgang und Säulen bildet das Porträtrelief von Johann Peter von Reininghaus (*02.10.1818 – † 07.05.1901).
Die nur wenige Meter entfernte, wohl Jahrzehnte zuvor errichtete Grabkapelle „Familie Reininghaus“ im gotischen Stil mit Eckstrebepfeilern und Engelsstatuen versehen, war ursprünglich für die Familien beider Brüder aus Westfalen gedacht. Dort fanden zunächst der früh verstorbene Julius Reininghaus (*11.02.1823 – † 26.10.1862), Ehemann von Emilie Mautner Markhof (*17.04.1838 – † 28.03.1887), sowie der mit nur 32 Jahren verstorbene erste Sohn von Johann Peter und Therese von Reininghaus, Gustav I. (*25.05.1851 – † 27.05.1883), ihre letzte Ruhe.
Den Grund für die Errichtung eines zweiten Reininghaus-Grabdenkmals findet man in den Erinnerungen ihres Enkels Gustav Piffl (*04.08.1874 – † 10.10.1965), verfasst in den Jahren 1944/45, der Bezug auf den von Fritz Reininghaus (*14.06.1862 – † 28.07.1933) geführten langjährigen Rechtsstreit nahm: „Das monumentale Grabdenkmal wurde nach Onkel Hugos Angaben errichtet; gewiss ein Missgriff, weil dem schlichten, jedem äußerlichen Prunke abholden Charakter Großvaters so gar nicht entsprechend. Ein Vierteljahrhundert sollte er nun allein in der Gruft schlummern. Die alte Grabkapelle am dortigen Friedhofe, noch für beide Stämme Reininghaus bestimmt, wurde nach einer Vereinbarung infolge der unglückseligen Prozesse nicht mehr benützt.“ (S. 80, Familienerinnerungen – ein Einblick in eine vergangene Zeit. Die verbindende Geschichte der Familien Piffl, Mautner Markhof und Reininghaus. Erzählt von Gustav Piffl. Aufbereitet von Max Spechtler.)
Wenige Meter südwestlich befindet sich ein gotischer Kapellenbau mit Eckstrebepfeilern und Engelsstatuen, der neben weiteren Mitgliedern der Familie auch dem 1862 verstorbenen jüngeren Bruder Julius Reininghaus, Mitbegründer der Brauerei und Ehemann von Emilie Mautner Markhof gewidmet ist.
Peter Roseggers Briefe – von Krieglach über Graz nach München und zurück
/in Reininghaus/Linie 1 /von Ulrike Reininghaus2020, beim Sichten und Sortieren des Familiennachlasses in Mauern, fiel in einem der hintersten Winkel des Hauses, meinem Mann Abi und mir ein alter Umschlag in die Hände, auf dem kaum leserlich in der Handschrift meines Schwiegervaters Dieter v. Reininghaus „Rosegger“ mit Bleistift geschrieben stand. Abi und mir war bislang nur bekannt gewesen, dass die Beziehung zwischen seinem Ururgroßvater Johann Peter von Reininghaus (1818 – 1901) und dem 25 Jahre jüngeren österreichischen Schriftsteller Peter Rosegger (1843 – 1918) hauptsächlich auf Basis der finanziellen Zuwendungen durch den älteren Mäzen bestanden hatte. So wie es auch im Wikipedia-Eintrag über ihn steht: „Unterstützt wurde er von dem Industriellen Johann Peter Reininghaus, der in Graz-Reininghaus eine der größten Brauereien Österreichs betrieb.“ Dass den Großunternehmer und den „Waldbauernbub“ jedoch eine tiefe und sehr persönliche Freundschaft verbunden hatte, wurde uns erst beim Lesen des Inhalts nach dem doch ziemlich herausfordernden Transkribieren der Rosegger’schen Briefe klar.
In dem unscheinbaren Umschlag befanden sich neben sechs Briefen an Johann Peter von Reininghaus aus den Jahren 1888 bis 1897 auch noch ein Antwortbrief von diesem, dazu vier beschriebene Rosegger-Visitenkarten, eine Ausgabe der von ihm herausgegebenen Monatsschrift „Heimgarten“ und ein handgeschriebenes Gedicht. In dem Heimgarten-Heft von Oktober 1898 hatte er eine vierseitige Laudatio zum 80. Geburtstag seines „theuren Freundes“ Reininghaus abgedruckt, den er immer nur Peter oder Peterl nannte.
Außerdem befand sich im Haus auch noch der gerahmte Druck eines Porträts von Peter Rosegger, gemalt 1910 von Ferdinand Pamberger (1873 – 1956), unten mit der handschriftlichen Widmung des Schriftstellers versehen: „Der allverehrten Frau Therese von Reininghaus in treuer Anhänglichkeit und Dankbarkeit. Graz, am 4. Mai 1912, Peter Rosegger“.
Zum Glück hatten alle Schriftstücke ohne Stockflecke und Kellergeruch die vielen Jahrzehnte ihres Mauerblümchendaseins überstanden. Und wir freuten uns sehr, dass sie im Zusammenhang mit unseren vielen Informationen über die „Reininghaus/Linie 1“ auch auf dieser wunderbaren Webseite veröffentlicht wurden.
Danach beschlossen wir, alle Rosegger-Erinnerungen trotz des hohen ideellen Wertes nicht wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen, sondern in die fachgerechte Obhut des Rosegger-Museums in Krieglach – das zum Universalmuseum Joanneum gehört – zu überführen. Der Kontakt zur Sammlungskuratorin Frau Mag. Bianca Russ-Panhofer verlief außerordentlich positiv und so planten wir hochmotiviert, im Frühjahr 2020 von München nach Krieglach zu fahren – nicht ahnend, dass uns Corona einen langen Strich durch die Rechnung machen würde …
Im August 2023 war es dann endlich soweit und wir wurden in der leicht verregneten Steiermark herzlich empfangen. Frau Russ-Panhofer gab uns eine ausführliche, hochinteressante Privatführung durch die Dauerausstellung „Wem gehört der Großglockner“ über Roseggers Leben und Schaffen und die Sonderausstellung „Wachsen hier die Dichter auf den Bäumen?“ über den Besuch der zahlreichen prominenten Freunde, Bekannte und Verehrer in dessen Sommerdomizil. Dort waren auch gleich die beiden Fotos der Ururgroßeltern platziert, die wir zur Ausstellungseröffnung im April 2023 dem Museum zur Verfügung gestellt hatten; sehr schön in einer Vitrine aufbereitet. In beiden Häusern ließen diverse Hinweise und Ausstellungsgegenstände die intensive Beziehung des Dichters mit der Reininghaus-Familie erkennen, darunter eine geschnitzte Truhe im Arbeitszimmer – ein Geschenk von Therese von Reininghaus zu seinem siebzigsten Geburtstag – die „Reininghaus“-Linde im Garten, die er seinem Freund „Peterl“ von Reininghaus gewidmet hatte, und die Unterschriften mehrerer Familienmitglieder – darunter mehrfach Johann/Hans und Virginia/Gina von Reininghaus – im virtuell einsehbaren Gästebuch. Nach dieser schönen Zeitreise und der offiziellen Übergabe inklusive Dokumentation unserer Rosegger-Erinnerungen für die Schenkungsurkunde, machten wir uns auf den Weg nach Graz, um uns dort noch weiter auf die historischen Spuren der Familie – u. a. die Reininghausgründe – zu begeben.
Ulrike/Rike und Albrecht/Abi Reininghaus in Roseggers Arbeitszimmer in Krieglach.
Mautner Markhof und die Österreichische Campagnereiter-Gesellschaft
/in Allgemein /von Theodor Heinrich Mautner Markhof1872 wurde sie als „Gesellschaft zur Prämierung guter Campagne-Reiter in Wien“ gegründet. Das Ziel dieser Gesellschaft war es, alljährlich eine stattliche Anzahl Offiziere der Cavalleriewaffe zu friedlichem Wettkampfe zu vereinigen und ihnen die Gelegenheit zu bieten Belohnung für ihre Leistung zu erlangen. Ab 1874 fanden diese Preisritte außschließlich in Wien-Freudenau statt. Ihre Schule war das 1878 ins Leben gerufene k. u. k. Militär-Reitlehrer-Institut, dessen Zweck die Ausbildung von Lehrern für die Brigade-Equidation und die Pflege eines möglichst gleichmäßigen und einheitlichen Reitens war.
Wie schon mein Vater, Manfred II. Mautner Markhof, der von 1967 bis zu seinem Tod 2008 Präsident der ÖCRG war, bin auch ich Mitglied der Österreichischen Campagnereiter-Gesellschaft und freue mich das Jubiläumsbuch vorstellen zu dürfen. Der reich bebilderte Band führt durch die wechselvolle Geschichte seit der Gründung 1872, in der Glanzzeit der österreichisch-ungarischen Kavallerie, über den Zusammenbruch des Habsburgerreiches und zwei Weltkriege hinweg, bis zur Neuorganisation des Reitsports 1962 mit der Gründung des „Bundesfachverband für Reiten und Fahren in Österreich“ (nunmehr Österreichischer Pferdesportverband) und ihren Aufbruch ins 21. Jahrhundert. 150 Jahre sind seit dem Gründungsjahr der Campagnereiter-Gesellschaft vergangen. Das Rad der Geschichte hat sich unaufhaltsam weiter gedreht – und der Campagnereiter-Gesellschaft ist es gelungen, trotz dramatischer Umbrüche und mehrmaliger Neuanfänge, immer mit der Zeit zu gehen: Von den Anfängen als hoch angesehene Offiziersgesellschaft im Großreich der Habsburgermonarchie zur Wegbereiterin des modernen Reitsports in der Republik Österreich, von der Campagnereiterei als Basis der Kavallerie bis zum breit aufgestellten Pferdesport der Gegenwart mit seinen vielseitigen Sparten von klassischer Dressur, über Westernreiten, Working-Equitation, Voltigieren oder Orientierungsreiten, bis hin zum wiederentdeckten Reiten im Damensattel. War das Pferd im 19. Jahrhundert noch ein allgegenwärtiges Arbeitstier, so ist es heute vorwiegend ein wertvoller Freizeit- und Sportpartner. Der Gründungsgedanke der Campagnereiter-Gesellschaft – gutes Reiten zum Wohle des Pferdes zu fördern – spannt den Bogen zur Gegenwart und zu einer Zukunft, in der das Pferd, der Reitsport und die damit einhergehende besondere Verbindung zwischen dem Menschen und diesen schönen und faszinierenden Tieren hoffentlich weiterhin von Bedeutung sein werden.
In der außerordentlichen Generalversammlung am 6. April 1967 im Palais Pallavicini wurde Manfred II. Mautner Markhof zum neuen Präsidenten gewählt und sollte ab diesem Zeitpunkt die Geschicke der Campagnereiter-Gesellschaft über vier Jahrzehnte hinweg lenken und sie ins digitale Zeitalter des neuen Jahrtausends führen. 1971 hatte er zusätzlich zur Präsidentschaft der Campagnereiter-Gesellschaft Wien auch die Präsidentschaft des Wiener Landesfachverbandes für Reiten und Fahren übernommen und 1987 auch die Leitung des entsprechenden Bundesfachverbands. Als in den 80er Jahren das Interesse des Publikums am Stadthallenturnier nachließ, nahm er sich der Sache an und ließ seine hervorragenden internationalen Kontakte spielen, um die Neuauflage des Turniers zu ermöglichen. Es bekam eine Rundumerneuerung, der Eventcharakter wurde verstärkt. Man wollte nicht nur das sowieso am Reitsport interessierte Fachpublikum ansprechen, sondern mit hochklassigen Showeinlagen zwischen den Bewerben auch den Unterhaltungswert für eine breitere Zuschauerschicht steigern. Die Mischung aus Spitzensport und Entertainment erwies sich als erfolgreich und so wurde das Wiener Stadthallenturnier unter seinem neuen Namen „Fest der Pferde“ bis 2009 wieder zu einem Fixtermin des nicht österreichischen Pferdesports.
MANFRED MAUTNER MARKHOF FONDS ZUR UNTERSTÜTZUNG HIPPOTHERAPEUTISCHER MAßNAHMEN FÜR KINDER
Im Gedenken an ihren langjährigen Präsidenten hat die Österreichische Campagnereiter-Gesellschaft 2008 den Fonds ins Leben gerufen. Die Idee dafür entstand im Zuge der Vorbereitungen für die Beerdigung des im Jänner 2008 Verstorbenen, dem karitatives Engagement zeitlebens ein großes Anliegen war. Die Geldsumme der Kranzspenden bildete die Grundlage. Der „Manfred Mautner Markhof Fonds“ dient der Förderung des therapeutischen Reitens für behinderte Kinder. Das therapeutische Reiten umfasst pädagogische, psychologische, rehabilitative und sozial-integrative Maßnahmen, das Pferd ist Partner und Helfer des zu Therapierenden. Im Fokus stehen körperliche, seelische und soziale Entwicklungsstörungen oder Behinderungen, die Entwicklungsförderung des Kindes steht dabei im Mittelpunkt. Gezielt werden Familien unterstützt, die sich eine derartige Therapie nicht leisten könnten, diese aber für ihr Kind dringen benötigen. Der Fonds fördert weder Vereine noch Institutionen, sondern ausschließlich einzelne Kinder, die Vergabe der Förderungen erfolgt nach genau definierten Auswahlkriterien.
Wissenswertes zur Campagnereiter-Gesellschaft
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestimmten nicht mehr die Kavallerie und die Landwirtschaft das öffentliche Bild des Nutztieres Pferd, es wurde auch als Bestandteil des Freizeitverhaltens zum Wirtschaftsfaktor. Zuerst vor allem, wenn es um Wettkämpfe ging, denn der Rennsport sorgte mit der Möglichkeit zu Wetten für zusätzliche Spannung. So entstand bald das Bedürfnis Reitern auch in anderen Disziplinen Wettkampfgelegenheiten anzubieten. Die Österreichische Campagenreiter-Gesellschaft wollte diese Lücke schließen – weg vom rein militärischen Zweck der Erziehung von Pferden hin zur sportlichen Entwicklung. Auch sollte neben Offizieren ebenfalls Zivilisten Gelegenheit geboten werden in Vergleichskämpfen ihr Können zu beweisen. Dominierten anfangs Offiziere das Geschehen, löste sich die Gesellschaft bald von dieser einseitigen Betrachtung; die Orientierung nach dem Begriff Campagnereiten brachte dies zum Ausdruck. Das Streifen durch die Natur auch hoch zu Pferd zu genießen gewann immer mehr an Anhängerschaft, sodass langfristig die Notwendigkeit entstand das Tier auch im Gelände zu gymnastizieren, damit es gesund und leistungsfähig bliebe. So entwickelte sich aus dem formlosen Spazierenreiten die Campagnereiterei. Die Österreichische Campagnereiter-Gesellschaft stellte von Anfang an das Wohl des Pferdes in den Mittelpunkt. Selbsthaltung, Takt, Frische und Ausdauer sind die Ziele sinnvollen Campagnereitens. Da war es dann auch zum Turniersport nicht mehr weit. Es wurden bald Regeln der Fairness aufgestellt und man organisierte die Wettbewerbe in allen Sparten des Reitens. Diese Rolle sollte die Gesellschaft fast 100 Jahre lang ausüben, bevor der Bundesfachverband für Reiten und Fahren (heute Österreichischer Pferdesportverband OEPS) diese Aufgabe übernahm. Seither ist die Österreichische Campagnereiter-Gesellschaft Wien eine gemeinnützige Serviceorganisation für alle Reiter, die nicht ortsgebunden organisiert sein wollen.
Wissenswertes zur Campagnereiterei
In Bezug auf ihre Kavallerie war die österreichisch-ungarische Armee eine Großmacht und ihre Militärreitinstitute und das System der Reitausbildung auch international höchst angesehen. Dies ist dem Umstand zu danken, dass in der Habsburgermonarchie, im Gegensatz zu den anderen europäischen Ländern, die Campagnereiterei die Hohe Schule nicht gänzlich ersetzte, sondern beide Schulen nebeneinander existierten. Als Maria Theresia 1752 die Wiener „Campagne-Reitschul“ gründet, wird die „K.K. Stadtreitschule“ (Spanische Hofreitschule) nicht aufgelöst, sondern beide Institute als „K.K Hofreitschulen“ parallel beibehalten. Die Symbiose beider Schulen, die gegenseitige Beeinflussung, die Nutzung der Synergien waren der Grund für die weiterhin hohe Qualität der Reiterei in der Donaumonarchie. Campagnereiterei – ein Hauch von Nostalgie und vielleicht auch Verwegenheit weht über diesem Wort. Doch zur Gründungszeit der Campagnereiter-Gesellschaft war sie Basis und Herzstück der „Abrichtung“ eines Pferdes für die „Gebrauchsreiterei“ und betraf vornehmlich die Ausbildung der Pferde für den Einsatz in der Kavallerie. Unter dem Stichwort „Reitkunst“ findet sich im Brockhaus von 1839 folgende Definition: Die letztere zerfällt noch in die sogenannte Schulreiterei, welche die kunstmäßige Ausführung einer Menge sehr schwieriger Gangarten, Wendungen, Sprünge und sogenannter Schulen von Pferd und Reiter vorzugsweise verlangt, und in die sogenannte Campagnereiterei, welche nur die zweckmäßige Übung der Reiter und Behandlung der Pferde für die Erfordernisse des Dienstes der Reiterei in sich schließt. Der Reiter muß zu diesem Zwecke gewandt auf- und absitzen können, sicher im Sattel sitzen und die Bewegung des Pferdes in jeder natürlichen Gangart nach allen Richtungen, das Übergehen aus einer in die andere, das plötzliche Anhalten auf der Stelle oder das sogenannte Pariren, sowie die Ausführung der beim Cavaleriedienst eingeführten Bewegungen in geschlossener und zerstreuter Ordnung so viel als möglich in seiner Gewalt haben. Noch im 17. Jahrhundert zählten die Figuren und Lektionen der Hohen Schule zum Repertoire des Offizierspferdes beim Einsatz im Feld. Die Campagnereiterei stellte die moderne Form der Kavallerie dar, der bis zum Ersten Weltkrieg „das Feld gehörte“ und bildete im 20. Jahrhundert, als die zunehmende Motorisierung den Einsatz von Reitertruppen obsolet machte, die Grundlage für alle Disziplinen des heutigen Reitsports.
Das Campagnepferd
Im Gegensatz zu den schwereren kompakten Pferden der Barockzeit, war das Ideal des modernen Kavalleriepferdes der leichte Warmbluttyp und für die höheren Offiziere, deren reiterliches Können über dem Durchschnitt lag, auch gerne mit hohem Vollblutanteil – sie konnten mit dem Temperament dieser eleganten, aber hochsensiblen Pferde umgehen und ein repräsentatives Bild abgeben – das Bild des berittenen Offiziers, wie wir es aus vielen Darstellungen des 19. Jahrhunderts kennen. Doch es sind auch die inneren Werte, die zählen: Friedrich von Krane beschreibt 1856 in seinem Buch „Die Dressur des Reitpferdes“ die Eigenschaften, die ein Campagnepferd ausmachen: Von ihm verlangt man die Fähigkeit unter bedeutendem Gewichte, bei jedem Wetter, bei mässigem Futter und mässiger Pflege andauernd in einer Haltung zu gehen, welche ihm jede Gangart, Wendung und Parade gestattet. Es soll sicher und furchtlos mässige Hindernisse nehmen und vertrauensvoll dahin gehen, wohin der Reiter es immer führen mag; dann aber auch fromm und verträglich gegen Menschen und Pferde sein. Gewandtheit ist ihm ebenso nöthig, wie Schnelligkeit und Dauer. Das Campagnepferd war also vor allem ein Allrounder, mit genaugenommen den Vorzügen, die wir uns heute auch von einem verlässlichen Freizeitpferd wünschen – ein solide ausgebildetes, rittiges und durchlässiges Pferd, das dem Menschen im Sattel vertraut und unkompliziert im Umgang ist. Für einen Reiteroffizier war das Pferd jedoch nicht nur „Beförderungsmittel“ oder „Sportgerät“, er stand in enger Verbindung zu seinem Tier, es war sein engster Kampfgefährte. Im Ernstfall konnte das Verhalten des Pferdes über Leben oder Tod seines Reiters entscheiden. Daran mag man die Bedeutung ermessen, die der erfolgreichen Ausbildung des Pferdes zukam.
Jubiläumsbuch 150 Jahre Östereichische Campagnereiter Gesellschaft
Österreichische Campagnereiter-Gesellschaft
Hofburg, Batthyanystiege, Mezzanin, 1010 Wien
Tel.: 01/ 533 70 46, E-mail: oecrg@reitenwien.at
Druckkostenbeitrag € 49,90, zuzüglich Versand
Hertha und Gustav Jäger – Frauenrechtlerin und Physiker
/in Carl Ferdinand Ritter Mautner von Markhof /von Beate HemmerleinFrauenrechtlerin der ersten Stunde
Hertha Anna Editha Mautner von Markhof (* Wien 23.11.1879, † Rodaun 8.7.1970) wurde als erstes Kind der zweiten Ehe von Carl Ferdinand mit Editha Sunstenau von Schützenthal geboren. Sie genoss eine exzellente Ausbildung und war begeisterte Pianistin sowie hervorragende Bergsteigerin. Bald trat sie in die Fußstapfen ihrer Mutter und engagierte sich ab 1902 für viele Frauenrecht und war im November 1903 Mitbegründerin des „Neuen Frauenklubs“, wo sie als Kassiererin in den Vorstand gewählt wurde. Dieser Klub wurde bald Mitglied des „Bundes österreichischer Frauenvereine“, der von Marianne Hainisch, der Mutter des späteren Bundespräsidenten der Ersten Republik, gegründet wurde und in dem nur bürgerlich-liberale, nicht aber die sozialdemokratische Vereine vertreten waren. Auch dort wurde sie 1918 in den Vorstand gewählt und blieb bis zu seiner zwischenzeitlichen Auflösung 1938 Vereinskassiererin. 1905 unterzeichnete Hertha Jäger einen in der „Neuen Freien Presse“ veröffentlichten Aufruf „An die Frauen Wiens“, der das Frauenwahlrecht forderte. Denn es hieß unter anderem: Ausgeschlossen davon (vom Wahlrecht) sollen in Hinkunft nur die Verbrecher, die Bettler, die notorisch Schwach- und Irrsinnigen und die Frauen sein. 1907 scheint Hertha Jäger unter den Gründungsmitgliedern des „Vereins zur Förderung höherer kommerzieller Frauenbildung“ auf, der für die Errichtung einer Handelsakademie für Frauen in der damaligen Stephaniestraße 16 (heute Hollandstraße) eintrat. Ziel dieser Akademie war es, Frauen durch fundierte Ausbildung bessere und damit höher dotierte Positionen im Arbeitsumfeld zu ermöglichen. Hertha Jäger bedauerte in ihren Publikationen wiederholt, dass der Grund für Frauenarmut vor allem der schwieriger Zugang zu Bildungseinrichtungen sei. Auch war sie Vorkämpferin des Schutzes junger Mütter und 1907 Mitbegründerin und kurzfristige Vizepräsidentin des „Österreichischen Bundes für Mutterschutz“, der gemäß seinen Statuten hilf- und schutzlose Mütter und ihre Kinder… vor wirtschaftlichen und sittlicher Verkümmerung bewahren und teils durch Gewährung von Unterstützungen, teils durch Errichtung von Heimstätten für junge Mütter und Kinder und von Zufluchtsstätten für arme Frauen und Mädchen, die ihrer Niederkunft entgegensehen, helfen sollte. 1913 nahm sie als eine der österreichischen Delegierten an der Internationalen Frauenstimmrechtskonferenz teil –es sollten jedoch noch weitere sechs Jahre bis zum allgemeinen Frauenwahlrecht vergehen. Erwähnenswert ist auch Herthas Artikel „Über die sexuelle Erziehung unserer Kinder“, der in der Zeitschrift „Frau und Mutter“ im Jahr 1918 erschien und viele aus heutiger Sicht überraschend fortschrittliche Erziehungsmethoden beschreibt. Das, was man heute als „Kindeswohl“ definiert, war ihr bereits damals ein Anliegen und als moderne Mutter wollte sie ihren Kindern möglichst viel Freiheiten gönnen.
Bekannt war auch Hertha Jägers Salon, in dem sich nicht nur Künstler und Avantgardisten (wie im Nebenhaus bei ihrer Schwester Dita und ihrem Mann Kolo Moser) trafen, sondern ebenso emanzipierte Frauen und deren Unterstützer. Ihre hohe soziale Kompetenz zeigte sich auch während des Ersten Weltkrieges, als sie sich in dieser schwierigen Zeit im Landstraßer Bezirksamt ehrenamtlich der Säuglings- und Kinderfürsorge annahm.
Sie durfte mit Gustav Jäger einen Partner wählen, der weder adelig noch zu diesem Zeitpunkt prominent war, so dass man davon ausgehen kann, dass es sich um eine Liebesheirat handelte. Hertha und Gustav heirateten 1898 und zogen 1902 in die neu errichtete „Villa Jäger“ auf der Landstraßer Hauptstraße 140 – 142, die zwei kleine barocke Häuser aus dem Jahr 1774 ersetzte, ein. Während für die Nachbargrundstücke Carl Ferdinand und nach dessen Tod 1896 seine Witwe Editha im Grundbuch standen, war Hertha sofort Eigentümerin der Immobilie, weil sie aus dem Erbe ihres Vaters errichtet wurde. 1917, durch Erlass der Niederösterreichischen Statthalterei, wurde der Familienname von Jäger in Jäger-Sunstenau festgelegt, um dadurch den Namen Sunstenau auch für die Nachkommen zu erhalten. Gustav und Hertha hatten sechs Kinder, wobei drei ihrer Söhne relativ jung verstarben. Die älteste Tochter Magda (1899 – 1942) ehelichte Heinrich Prelinger und war eine der ersten Frauen, die als Doktorin der Rechtswissenschaften an der Wiener Universität promovierte. Die bereits in der neuen Villa geborene Hilde (1903 – 1989) ehelichte 1924 den Literaturgelehrten und späteren Direktor der Museen der Stadt Wien, Franz Glück (Sohn Wolfgang Glück). Herthas Sohn Professor h. c. Hanns Jäger-Sunstenau (1911 – 2008) war weltweit anerkannter Genealoge und mit seiner Frau Hilda und den drei Kindern das letzte Familienmitglied, das die Villa bewohnte. Hertha selbst starb 1970 91jährig in Rodaun, wo sie über die Sommerferien hinweg untergebracht war.
Theoretischer Physiker
Gustav Jäger kam 1865 in Schönbach bei Asch in Böhmen (heute Krásná) zur Welt und studierte seit 1883 Physik und verwandte Naturwissenschaften sowie Mathematik an der Wiener Universität. Er habilitierte 1891 bei Ludwig Boltzmann als Assistent für theoretische Physik und wurde, als er Hertha kennenlernte, Extraordinarius und bald darauf Professor an der Technischen Hochschule. Im Studienjahr 1915/16 wurde ihm die Rektorenwürde übertragen, 1918 wurde er auch Ordinarius und 1920 Vorstand des Zweiten Physikalischen Instituts. Jäger beschäftigte sich unter anderem mit Boltzmanns kinetischer Gastheorie und deren Anwendungen, zum Beispiel für die Frage der inneren Reibung von komprimierten Gasen in langen Rohrleitungen in der Chemischen Industrie. Er befasste sich auch mit Raumakustik (Jäger-Sabine-Formeln bzw. Sabine-Frankel-Jäger Theorie, angewandt unter anderem für den Nachhall in Konzertsälen), Schallausbreitung und dem Strömungswiderstand von Körpern in Flüssigkeiten und Gasen, mit Lichtdruck, Stereoskopen und den chemischen Prozessen bei der Fotografie. 1903 widerlegte er einen Einwand des Physikers Hermann von Helmholtz gegen den Motorflug und trug damit dazu bei, diesen in den Augen der Physiker in den Bereich des Möglichen zu rücken. Er unterstützte auch, genauso wie sein Lehrer Boltzmann, den österreichischen Flugzeugpionier Wilhelm Kress. Diese blieb mangels ausreichender Finanzierung leider erfolglos. Er wurde zum Hofrat ernannt und war wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften von Wien und Halle an der Saale sowie Mitglied der Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften und Künste in der Tschechoslowakei. Er starb 1938 in Wien, sodass Hertha ihn um 32 Jahre überlebte. 1962 wurde der Park neben dem Technischen Museum nach ihm benannt.
Rosa Rosà – Enkeltochter von Carl Ferdinand Ritter Mautner von Markhof
/in Carl Ferdinand Ritter Mautner von Markhof /von Beate HemmerleinCarl Ferdinands älteste Tochter, Harriet, heiratete Ernst Baron von Haynau, einen Nachkommen jenes berüchtigten k.u.k. Offiziers Julius von Haynau, der nach der Revolution 1848 alle Feinde der Monarchie gnadenlos bekämpft hatte und wegen seiner vielen Todesurteile in Ungarn heute noch als „persona non grata“ gilt. Ihre gemeinsame Tochter Edith (18.11.1884 – 1978, verehelichte Arnaldi) besuchte für zwei Jahre die Wiener Kunstschule für Frauen und Mädchen. 1908 heiratete sie den ebenfalls künstlerisch ambitionierten italienischen Juristen und Journalisten Ulrico Arnaldi, zog mit ihm nach Rom und bekam zwischen 1909 und 1915 vier Kinder.
Unter dem Pseudonym Rosa Rosà wurde Edith künstlerisch tätig und berühmt, ihre Werke wurden im New Yorker Guggenheim Museum gezeigt. Der italienische Künstler Filippo Tommaso Marinetti (1876 – 1944), Kopf der avantgardistischen Futuristen, nannte sie „la geniale Viennese“. Obwohl die Malerin, Schriftstellerin und Fotografin zu den großen Vergessenen der österreichischen Kunst- und Kulturgeschichte zählt, werden ihre Werke heutzutage immer wieder gewürdigt, wie z. B. auf der Biennale von Venedig.
Wolfgang Glück – fast ein Oscar für Mautner Markhof
/in Carl Ferdinand Ritter Mautner von Markhof /von Beate HemmerleinHilde Jäger und Franz Glück
Hilde Jäger-Sunstenau (*18.3.1903, † 25.7.1989), Tochter von Hertha und Gustav Jäger und Enkeltochter von Carl Ferdinand Ritter Mautner von Markhof, wurde knapp nach Erbau der Villa ihrer Eltern geboren und bewohnte sie bis zu ihrem Tod. Nach der Matura viel umworben, sollte sie ursprünglich den bekannten Nationalökonomen und späteren Nobelpreisträger Friedrich von Hayek ehelichen, entschied sich aber dann dazu den Literaturgelehrten, Kunsthistoriker, Schriftsteller und späteren Museumsdirektor Franz Glück 1924 zu heiraten. Ihm fühlte sie sich auch kulturell und politisch verbunden. Franz Glück begann in einem Verlagshaus zu arbeiten, bekam aber 1938 aufgrund seiner jüdischen Abstammung Berufsverbot erteilt. Offiziell sieben Jahre lang arbeitslos, arbeitete er inoffiziell für den Kunstbuchverlag weiter, übersetzte aus dem Italienischen und wurde unter der Hand bezahlt. Wie so viele war er nach der verrückten Nazi-Rassenlehre „zu wenig Jude, um eingesperrt zu werden, aber zu viel Jude, um so wie bisher weiterleben zu können“. Nach dem Krieg, ab 1949, leitete Hilde den Österreichischen Friedensrat und Franz, bis 1968, als Direktor das Historische Museum der Stadt Wien. So war er 1959 hauptverantwortlich für die Überführung dessen Bestände vom Rathaus ins neu erbaute Haupthaus am Karlsplatz. Seine Fachbibliothek gelangte an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach am Neckar. Politisch unterschieden sich Franz und Hilde vom bürgerlich-konservativen Rest der Familie, indem sie sich der Ideologie der kommunistischen Partei verbunden fühlten. So herrschte neben den Animositäten der Schwägerinnen Hilde und Hildegard (Ehefrau ihres Bruders Hanns Jäger-Sunstenau) auch dadurch dicke Luft zwischen den beiden Familien, die das Familienanwesen auf der Landstraße gemeinsam bewohnten. Obwohl das Haus nur einen Eingang besitzt, war die „Trennlinie“ der Wohneinheiten so gezogen, dass man beim Betreten durch Teile der „Glück-Wohnung“ gehen musste. Auch im Garten hatte es einen gedachten Trennungsstrich gegeben, der keinesfalls überschritten werden durfte. Hilde und Franz hatten ein einziges Kind, ihren Sohn Wolfgang.
Wolfgang Glück – einer der bekanntesten Regisseure der Nachkriegszeit
Wolfgang (*25.9.1929, † 13.12.2023) wurde zu einem der erfolgreichsten österreichischen Regisseure der Nachkriegszeit. Als junger Mann erlebte er die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten und die Schwierigkeiten, die seine Familie wegen ihrer jüdischen Vergangenheit ausgesetzt waren. „Ich besuchte den evangelischen Religionsunterricht, und das gar nicht ungern. Umso merkwürdiger war es für mich als Kind zu erfahren, dass ich von Seiten der Familie her ‚jüdisch versippt‘ und somit ein Mensch zweiten Ranges war.“ Schon als 14Jähriger inszenierte er Amateuraufführungen für Studentenbühnen und träumte von einer Karriere als Mime: „Anfangs wollte ich selbstverständlich Schauspieler werden, aber im Reinhardt Seminar hat mir eine Kollegin gesagt, dass ich mit ‚dem Gesicht‘ für Liebhaber nie in Frage käme. Das war noch ein Tritt auf meinen Komplex. Ich kam nie mehr wieder zum Unterricht.“ Als Konsequenz wurde er Regisseur und arbeitete mit Kortner, Felsenstein und Ambesser zusammen. Er inszenierte an fast allen großen deutschsprachigen Bühnen, beginnend mit dem Burgtheater, den Bregenzer und Salzburger Festspielen und war auch gefragter Filmregisseur. Er arbeitete eng mit seinen Freunden Otto Schenk und Friedrich Torberg zusammen und verfilmte zwei von Torbergs Werken, den „Schüler Gerber“ und „Auch das war Wien“, das in der Emigration entstanden und 1984 posthum erschienen war. Seine eigenen Erlebnisse im Jahr 1938 machten es ihm zum Bedürfnis Torbergs Roman 1987 unter dem Titel „38 − auch das war Wien“ bzw. „38 – Heim ins Reich“ zu inszenieren, um die großen Probleme zu schildern, denen die jüdische Bevölkerung ausgesetzt war. Der Hauptdarsteller wurde als Wolfgangs Alter Ego identifiziert. Obwohl er den begehrten Academy Award letztendlich nicht gewinnen konnte, so war der Film doch beachtenswerter Weise in der Kategorie „Bester ausländischer Film“ für den Oscar nominiert worden und Wolfgang Glück wurde drei Jahre später für elf Jahre als ordentliches Mitglied in die „Academy of Motion Picture Art and Sciences“ aufgenommen, deren Angehörige für die jährlichen Oscar-Vergabe in Hollywood stimmberechtigt sind. Obwohl er einer der meistbeschäftigten Regisseure war, ist er immer bescheiden geblieben und hat sich selbst mehr als einen „Handwerker“ betrachtet. Privat war er in erster Ehe (1962 – 1967) mit Christiane Hörbiger verheiratet, die auch nach der Scheidung weiterhin hochachtungsvoll von ihm sprach und ihn dankbar für ihren Durchbruch im Theater- und Filmgeschäft verantwortlich machte. 1972 heiratete er Claudia Hahne, mit der er zwei Töchter und einen Sohn hat.
Der „Markhof“ – Rennstall des Victor Ritter Mautner von Markhof
/in Victor Ritter Mautner von Markhof /von Beate HemmerleinDas Gut, zwischen Schönfeld und Marchegg, an der heutigen Landstraße L2, rund 2 km östlich von Schönfeld, wurde nach seinem ehemaligen Besitzer Victor Ritter Mautner von Markhof benannt. Es befindet sich im „Dreiländereck“ der niederösterreichischen Katastralgemeinden Schönfeld, Breitensee und Marchegg. Die Gebäude der Liegenschaft sind auf diese drei Katastralgemeinden verteilt, das Gut selbst grenzt auch noch an eine vierte Katastralgemeinde: Oberweiden.
Graf Apponyi hatte bereits 1885 auf der Hutweide in Oberweiden eine Pferde Trainingsbahn angelegt. Unmittelbar angrenzend an das Flurgelände Satzling (abgeleitet von „Setzling“, Gebiet das aufgeforstet werden musste), das dafür durch den Sandboden prädestiniert war, entstand in den folgenden Jahren eine große Anlage.
Nathaniel Meyer Freiherr von Rothschild, der in den 1880er Jahren sein Interesse für Pferde, vor allem für das gesellschaftliche Ereignis des Pferderennens entwickelte, hatte seine Tiere zunächst in einem Gestüt in Enzesfeld untergebracht. Gemeinsam mit Graf Kinsky beauftragte er den Architekten Josef Drexler auf einer Fläche von 50 ha eine Pferde-Trainir-Anstalt bei Schönfeld-Lassee mit Rennbahn, Stallgebäude, Hufschmiede und Wohngebäude zu errichten. In der Zeitung „Sport“ [Organ des Jockey-Club für Österreich, Wien, SA 14. August 1886] wird bereits über diese Anlage berichtet.
Die großen Rennerfolge für die Rothschild Pferde blieben aber aus, sodass Nathaniel bereits in den 1890er Jahren sein Interesse am Pferderennsport wieder verloren hatte und den Stall sukzessive verkleinerte. Er verkaufte Rennbahn und Gut Schönfeld in der Zeit von 1896 – 1898 an Victor Ritter Mautner von Markhof, der bis heute Namensgeber für beides geblieben ist. Victor baute das Gut aus und machte daraus einen Rennstall von internationalem Rang, der zumeist 50 bis 70 Pferde umfasste. So erstreckten sich Rennstall und Pferdezucht mit allen zugehörigen Flächen schließlich wie folgt über vier Katastralgemeinden:
Zu Beginn verbuchte der Mautner‘sche Stall die größten Erfolge auf der Hindernisbahn. Der Hindernisstall, von Victor 1897 gegründet, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts der erfolgreichste in der ganzen Monarchie und wurde 1904 von George Herbert geleitet. Seine Pferde gewannen je fünfmal die Große Wiener Steeplechase und den Preis von Reichenau, je zweimal die Große Kottingbrunner Handicap-Steeplechase und je einmal die Prager Mai-Steeplechase. Victor selbst war ein großer Schimmel Liebhaber und so gehörten auch seine besten Steepler Hableany, Formidable II und Perchance dieser Rasse an. Ab 1903 stellten sich auch die ersten Erfolge auf der Flachbahn für die Mautner‘schen Pferde ein. Bereits im Jahr 1904 verfügte Victor Mautner von Markhofs Stall Monarchie weit über die größte Anzahl sich im Training befindlicher Pferde und die Namen vieler großer Rennpferde waren untrennbar mit seinem Reitstall verbunden. Auch Victor selbst konnte große Erfolge bei internationalen Rennen erzielen.
Bereits seit 1899 war er im gleichnamigen Gestüt der Zucht hochwertiger Rennpferde nachgegangen. Auf den Parzellen in Breitensee, die er 1909 von Nikolaus Fürst Pàlffy erworben hatte, errichtete er dann ein Gestüt mit 6 Stallgebäuden, 12 Pferdeauslaufkoppeln und Wohnungen für das Personal. Zunächst befanden sich dort 2 Deckhengste, 26 Mutterstuten und 25 Fohlen u. Jährlinge. Entsprechend seiner Vorliebe, waren die ersten Mutterstuten Schimmel. Ab 1912 war sein Rennstall bereits der zweitgrößte Österreich-Ungarns. 30 Trainer betreuten 58 Pferde, davon 53 siegreiche, womit eine Gewinnsumme von 402.000,- Kronen (1 Krone entsprach ca. € 5,-) erzielt wurde. Schon im darauffolgenden Jahr rückte Victor mit einer Gewinnsumme von 681.000,- Kronen an die Spitze. 1917 gewann er sein erstes Derby und der Rennstall konnte die Rekordsumme von 930.000,- Kronen aufweisen. Der Bestand zählte 19 Mutterstuten, von denen 10 – aus England und Deutschland importiert – sehr guter Abstammung waren, sodass, wenn nicht 1918 mit dem Ende der Monarchie auch das Ende für den Mautner‘schen Rennstall gekommen wäre, die eigene Zucht stärker zur Gewinnsumme des Rennstalles beigetragen hätte. Die Rekordsumme wurde zu diesem Zeitpunkt nämlich noch hauptsächlich von seinen Pferden aus fremden Zuchten und vor allem von San Gennaro erlaufen, welcher davon allein 540.000,- Kronen eingebracht hatte. Als Deckhengst stand ihm zuletzt unter anderem der englische Miethengst Robert le Diable v. Ayrshire a. d. Rose Bay v. Melton zur Verfügung, der mit seiner Decktaxe von 3000,- Kronen der teuerste Beschäler in Österreich-Ungarn war [Jantsch 1968, S. 75].
Um Zeit mit seinen Pferden verbringen zu können, ließ Victor auf dem Gut in Schönfeld eine prächtige Herrschaftsvilla mit Gartenbrunnen errichten. So fügten sich Villa und Trainingsetablissement in ein idyllisches Ensemble ineinander. Umgeben von den weiten, kahlen Fluren des Marchfeldes, befand sich die grüne Oase – eine ca. 14 ha große Parkanlage – gebildet von Föhren, Birken und Eichen. Längs des Wäldchens, das im Sommer kühlen Schatten spendete und das Gut vor den häufigen Winden schützte, zog sich die Galoppbahn hin. Sie bestand aus Gras- und Sand-Track mit einer Geraden von 1200 Metern. 1902 – 1912 erweiterte Victor die Gebäude um einen Wintergarten, Fremdenzimmer, Portierswohnung und Umfriedungsmauer (Architekt Neumann in Wien). In dieser Zeit wurde auch ein Maschinenhaus errichtet und das Gestüt mit Hilfe eines Dieselaggregats elektrifiziert. Es entstanden Wohnungen für die Angestellten und Verwaltungsgebäude mit Garagen. Eine moderne Brunnenanlage mit Windrädern, elektrischen Pumpen und einem Reservoir für 31.000 Liter diente zur Bewässerung der Gras- und Sandbahn. Die Pferdeboxen waren beheizbar und es gab sogar ein eigenes Schwimmbecken für die Tiere. Das Gut entsprach dem neusten Stand der Technik und die Anlage bot insgesamt die besten Trainingsbedingungen in nächster Nähe zur Residenzstadt.
Nach Victor Ritter Mautner von Markhofs Ableben am 10. Mai 1919, wurde der „Markhof“ vom Wiener Jockey Club (ab 1923 Jockey Club für Österreich) erworben, allerdings ohne Übernahme der Pferde. Es wurden diverse Umbauten und Adaptierungen am Gut durchgeführt. Der Galopprennsport hatte in der Donaumonarchie seine Blütezeit erlebt, die Gründung des Jockey Clubs 1866 war für den Beginn des modernen und organisierten Galopprennsports in Österreich gestanden. Auch hier hatte der Erste Weltkrieg dieses goldene Zeitalter abrupt beendet, der Jockey Club konnte sich von den Nachwehen des Krieges nicht erholen und wurde 1932 aufgelöst. So wurden auch die Betriebe in Markhof und Kottingbrunn veräußert und das Gestütsmaterial gelangte am 11. Februar 1932 zur Versteigerung.
Doch auch nach Victors Tod war die Familie Mautner Markhof weiterhin eng mit dem Pferdesport verbunden geblieben. Vorallem die Donauauen rund um die beiden Floridsdorfer Villen wurden gerne für ausgiebige Ausritte genutzt. Das damals wenig verbaute Umfeld der Pragerstrasse hatte ja Platz für Stallungen und Ausläufe, so wurden dort Pferde gezüchtet und als Renn- bzw. Kutschenfahrpferde, vor allem von Theodor I. genutzt. 1926 bis 1933 sollte aber das Rote Nachkriegs-Wien den 1173 Wohnungen umfassenden „Karl-Seitz-Hof“ im direkten Umfeld der Familie errichten. Das soziale Umfeld Floridsdorfs hatte begonnen sich zu ändern. Daher wollte Theodors älterer Sohn, Gerhard Mautner Markhof, 1935 die Gelegenheit nutzen, den gesamten Markhof, der abermals zur Versteigerung gelangen sollte, für sich und seine junge Familie zu erwerben. Die gemeinsamen Wohnverhältnisse dreier Generationen in der Villa Mautner waren ihm wohl zu eng geworden. Dies wurde jedoch dadurch vereitelt, dass sich unter den anderen Bewerbern um das „Mustergut Markhof“ auch ein Strohmann des Reichsluftfahrtsministers Hermann Göring befunden hatte und man Gerhard zu verstehen gab, er hätte sich vom Kaufansinnen zurückzuziehen. So war aus der „Rücksiedlung“ der Mautner Markhofs ins Marchfeld leider nichts geworden. Dennoch sollte sich die Familie, in der Person Gerhards jüngern Bruders Manfred I., allerdings erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs, des Markhofs annehmen. Das Areal der heutigen „Wohnanlage Trabrenngründe“ (vulgo Rennbahnweg) im 22. Wiener Gemeindebezirk wurde ab 1894 vom Wiener Trabrennverein (WTV) genutzt. Von 1895 bis 1897 entstand dort nach Entwürfen der Planungsgemeinschaft Brüder Josef und Anton Drexler ein Pferdegestüt und Trainingszentrum für Traber mit einer 1.200 Meter langen Rennbahn. Die „Gestüt Kagran“ genannte Anlage, die auch einen Wasserturm enthielt, erstreckte sich vom heutigen Rennbahnweg nordöstlich bis etwas über die Maculangasse hinweg. Das Gestüt sollte der Hebung der Qualität der Pferdezucht in Österreich insgesamt und die Trainingsrennbahn auch als Aushilfsrennbahn für die Trabrennbahn Krieau im Wiener Prater dienen. Als sich die Stadterweiterung Wiens auch jenseits der Donau stärker zu entwickeln begann, kaufte die Stadt Wien 1963 die so genannten „Trabrenngründe“ für umgerechnet etwas mehr als 2 Millionen Euro vom Trabrenn-Verein unter der damaligen Präsidentschaft von Manfred I. Mautner Markhof. Um für den Trabrennverein einen gewissen Ersatz zu schaffen, gelang es Manfred 1965, Areale des einstigen Gestütsteil Markhof – freilich ohne zugehöriger Rennbahn – für den Verein zu erwerben. Das nunmehr als „Gestüt Schönfeld“ bezeichnetete Mustergestüt mit seinem architektonisch originellen Baurund Victor Mautner Markhofs, war dann jahrzenhtelang im Besitz des WTV, bis es schließlich aus Kostengründen veräußert wurde.
Heute ist das ursprünglich zusammenhängende Gut geteilt. Der Teil nördlich der L2, der heute die Bezeichnung „Gut Markhof“ trägt, besteht aus zwei Adressen – Markof I und Markhof II – und hat unterschiedliche Besitzer:
Das „Markhof Gestüt“, der Teil südlich der L2 in der Katastralgemeinde Breitensee, wird wieder als Pferdegestüt geführt.
1966 wurde der „Markhof“ nördlich der L2 von Franz Steiner an Josef Brandenstein verkauft. Die Eintragung ins Grundbuch erfolgte am 2. Mai 1966. In der Übertragungsurkunde ist auch der Kaufpreis angeführt. Es kam auch zu einem Tausch gegen eine Villa am Attersee. Das Gut befand sich insgesamt in einem desolaten Zustand. Die einstige Villa bzw. das Herrnhaus, war derart baufällig geworden, dass es von Brandenstein abgetragen werden musste. Der Großteil der Gebäude wurde aber wieder in Stand gesetzt und renoviert, so auch das Pförtnerhaus. Brandenstein errichtete einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Mais- und Getreideanbau und anderen für das Marchfeld typischen Feldfrüchten. Josef Brandenstein verstarb am 12. April 1983. Sein Sohn Markus Brandenstein übernahm den Betrieb. Im selben Jahr wurde der erste Spargel auf den Ackerflächen des Gutes gepflanzt. 1985 gab es dann die erste Spargelernte. Im Jahr 1990 erfolgte die Umstellung auf einen Biobetrieb. Zum damaligen Zeitpunkt war der Markhof der größte Biobetrieb Österreichs. Er entwickelte sich verstärkt in Richtung Bio-Gemüse-Anbau. Neben dem Spargel, für den der Markhof weit über die Grenzen des Marchfeldes hinaus bekannt ist, gehören auch Artischocken und anderes Gemüse zum Produktsortiment des Hofes. Getreide wird heute nur noch in kleinem Umfang heute noch angebaut. Zum Gut gehören heute 110 ha Ackerflächen und 35 ha Wald.
Alle Gäste, die nicht nur an erstklassigem Gemüse, sondern auch an der Geschichte des Markhof interessiert sind, werden von der Familie Brandenstein mit einer kleinen Broschüre über die Historie des Gutes begrüßt.
Familie Brandenstein, A-2293 Marchegg, Gut Markhof I, Tel: +43 2285 6247
Für Marceline Bertele von Grenadenberg – ein Denkmal der besten aller Mütter
/in Georg II. Anton Mautner von Markhof /von Ursula Bertele de AllendesalazarIch glaube, ich kann im Namen aller meiner sechs Geschwister – ob lebend oder schon verschieden – sagen, dass wir die beste und liebste aller Mütter hatten. Mein Geschenk an sie, zum Muttertag 2023, ist es, dass ich versuche ihr mit meinen Worten ein Denkmal zu setzen. Meiner Mutter Marceline, die ihrem Mann und ihren Kinder einfach alles bedeutete. Auch ihrer großen Verwandtschaft war sie stets in Liebe und Großherzigkeit zugetan. Keinen schöneren Wunsch kann ich äußern, als dass ich jedem Ehemann und jedem Kind so eine Gattin und Mutter, wie Marceline wünsche.
Marceline Bertele von Grenadenberg geb. Mautner von Markhof
Marceline, älteste Tochter von Georg II. Anton Mautner Markhof und Emy Reininghaus, wurde am 3. Mai 1901 geboren. Sie wuchs in Wien/Floridsdorf auf, in der schönen Mautner Villa mit dem großen Garten. Ziemlich früh schon bekam sie eine französische Gouvernante und Erzieherin – Maury genannt. So sprach Marceline auch bald perfekt Französisch. Eine öffentliche Schule hatte sie nie besucht, soweit wir wissen.
Als Marceline noch sehr jung war, hatte einmal die Sorge bestanden, dass sie Schaden an der Lunge hätte, womöglich an Tuberkulose leiden könnte, wie es damals noch sehr häufig der Fall gewesen war. Ihr Vater selbst war mit ihr zur Kur gefahren, ich glaube auf den Semmering, wo sie wieder vollends gesundete. Für ihren Vater empfand Marceline stets höchste Verehrung. Einer ihrer Erinnerungen an ihn war eine gemeinsame Reise nach Venedig, auf die er sie eigens mitgenommen hatte. Mehr als der Zauber der prächtigen Gebäude und die so einmalige Lage, waren ihr der traurige Zerfall, die Dekadenz und Stagnation der Stadt in bedrückender Erinnerung geblieben.
Zu ihren sechs Geschwistern hatte Marceline immer eine äußerst gute und liebevolle Beziehung. Große Achtung empfand sie lebenslang für ihren Bruder Buwa. Selbst später noch, bei heiklen Fragen, die unsere Familie Bertele betrafen, wurde Buwa von ihr befragt und sein Rat befolgt.
Genauso wie ihre Mutter, die mit Leidenschaft Glatthaar-Foxterrier züchtete und zu Ausstellungen nahm, hatte Marceline eine Vorliebe für Hunde. Später wurde aus ihr auch eine begeisterte Reiterin. Sie besaß eine schöne fuchsfarbene Stute, die sie Goldie nannte. Mit ihr ritt sie kreuz und quer übers Überschwemmungsgebiet und auf den Bisamberg.
Marceline Mautner von Markhof, 1920
Sie hatte es nicht eilig zu heiraten. Sie liebte das traute Familienleben in Floridsdorf und die Sommermonaten, die die Familie in Baden, in einer der schönen Villen in der damaligen Berggasse (jetzt Marchetstrasse) ich glaube Nr. 72, verbrachte – und ihre Passion galt zu diesem Zeitpunkt ja auch noch den Pferden. Einmal war sie schwer gestürzt, Goldie war aus irgendeinem Grund durchgegangen. Besorgniserregend lange war sie daraufhin mit einer Gehirnerschütterung bewusstlos gewesen; als sie sich wieder erholt hatte, ritt sie fröhlich weiter.
Den Beginn der großen Liebe meiner Eltern habe ich bereits geschildert. Im darauffolgenden Herbst hatten beide viele schöne Streifzüge miteinander unternommen. Marceline hatte immer gutes Hausbrot mit Schinkenbelag dabei, das Hans, der zu jeder Zeit Appetit hatte, mit großer Wonne verzehrte. An einem dieser wundersamen Herbsttage spazierte das Paar in der Au von Spillern und von dort hinauf zur märchenhaften Burg Kreuzenstein bei Korneuburg. Dort sprachen sie sich zuerst über die Zukunft aus, dann über eine gute Art des Zusammenlebens. An diesem Nachmittag verlobten sie sich. Beim Verabschieden sagte Marceline laut und bestimmt: „Guten Abend – alles ist sehr gut aber ich will viele Kinder.“ Worauf Hans ebenso bestimmt antwortete: „Ich auch, gute Nacht!“ Bald danach machte Hans den offiziellen Antragsbesuch bei Marcelines Vater in Floridsdorf. Georg Anton empfing ihn sehr nett und meinte zum Schluss: „Merk Dir, die Ehe ist ein Kunstwerk, an dem man sein ganzes Leben baut, einmal schwer der eine, einmal schwer der andere.“ Worte, die er bereits auch seiner Tochter eingeschärft hatte. Da Hans und Marceline bereits verlobt waren, stellte sich bei ihr das Verlangen ein, sobald wie möglich auch ihren zukünftigen Schwiegervater kennenzulernen, um feststellen zu können, dass er weder glatzköpfig sei noch Brillen trug. Zwar war Hans´ Vater von kleingewachsener Statur, aber in den beiden Punkten, auf die Marceline so großen Wert legte, entsprach er völlig ihrem Wunsch: keine Glatze und keine Brillen, obwohl er bereits im einundsiebzigsten Lebensjahr war. Die Hochzeit fand am 19. April 1928 in Floridsdorf statt. Leider kann ich darüber nichts berichten. Ich habe nur das Glück, die Menükarte meines Großvaters zu besitzen. Auf ihr befindet sich ein wunderschönes Foto vom glücklichen jungen Paar.
Hochzeitseinladung von Hans Bertele und Marceline Mautner Markhof
Bekanntgabe zur Vermählung von Hans Bertele und Marceline Mautner Markhof
Auszug aus den Memoiren von Hans von Bertele
Am 19. April 1928 war unsere Hochzeit; die kirchliche Trauung fand in der kleinen Pfarrkirche in Jedlersee statt; Marceline und ich fuhren mit dem Mautner’schen Pferdewagen hin und zurück. Dann gab es ein feierliches, grosses Hochzeitsessen im schönen Haus Floridsdorf, Pragerstrasse 20; nachher wurde alle Gäste vor dem Haus auf der Stiege – freundlich gruppiert – fotographiert. Das Wetter war nicht sehr schön, sondern kühl und bewölkt; leider blühten die schönen Magnolien hinter dem Haus im Park noch nicht. Dann fuhren wir mit dem Auto auf den Semmering, blieben dort ein oder zwei Tage und von dort begann die eigentliche Hochzeitsreise mit dem Zug. Der Schwiegervater hatte eine schöne Seefahrt auf dem Schiff Ozeania (ca. 4000 Tonnen) für uns vorbereitet. Wir fuhren nach Genua mit dem Schlafwagen; beim Einsteigen am Semmering fiel der Mutti meine kleine Reisetasche auf den Kopf, aber das störte die freundliche Stimmung nicht. Mit dem Schiff fuhren wir von Genua über Korsika, über Palma de Mallorca, Málaga mit einem kleinen Ausflug nach Granada, über Gibraltar, über Lissabon in Portugal, und die Isle of Wight nach Hamburg; in Hamburg stiegen wir in den Vier-Jahreszeiten ab, hatten dort ein gutes Essen im Uhlenhorster Fährhaus, fuhren nach Magdeburg zu einem kurzen Besuch zu den Baensch und zurück nach Wien. Die nächsten Monate wohnten wir im Stöckl in Floridsdorf; inzwischen versuchte Marceline mit ihrer Mutter eine Wohnung in Wien zu finden, denn damals war das Wohnungfinden in Wien gar nicht leicht. Marceline hatte von vornherein die vernünftige Ansicht, die Wohnung sollte nicht weit von meinem Arbeitsplatz – der Elin – Volksgartenstrasse 1 – sein.
Zwei Jahre nach der Hochzeit war dann der kleine Otto erschienen. Marceline wurde ein großer Kindersegen beschert, genauso wie sie es sich es erträumt hatte. Ihr Mann, Hans, war begeisterter Bergsteiger. Nachdem jedoch zwei seiner Kameraden abgestürzt oder sonst wie auf den Bergen verunglückt waren und er schon drei Kinder gezeugt hatte, gab er dieses Hobby auf. Wahrscheinlich hatte Marcelines tatkräftiges Bitten dabei den wesentlich Ausschlag gegeben. Neun Monate nach seiner letzten großen Bergtour wurde der kleine Hansi geboren. In ihn setzte Vater dann die größten Hoffnungen, dass er einmal eine brillante Karriere machen würde.
Die ersten Jahre ihrer Ehe verbrachten Marceline und Hans in der Lackierergasse im 9. Wiener Bezirk.
Auszug aus den Memoiren von Hans von Bertele
Mit einiger Mühe fanden Marceline und ihre Mutter eine schöne Wohnung in der Lackierergasse/Ecke Garnisongasse; gegenüber war nur ein stockhohes Arbeitsgebäude des Allgemeinen Krankenhauses. Die verschiedenen Zimmer der Wohnung waren daher von Morgen bis zum Abend besonnt, da die Wohnung um das Eck ging. Eine sehr schöne Einrichtung für diese Wohnung wurde vom Schwiegervater beim Architekten Wimmer bestellt. Vor Weihnachten zogen wir ein; es war lange noch nicht fertig, obwohl Marceline gesagt hatte: „Ich zieh’ erst ein, wenn das Handtuch auf dem letzten Haken hängt!“ Wir hatten aber Betten und einen Esstisch, etwas Material in der Küche und allmählich wurde dann die Wohnung, so wie auf den Bildern dargestellt ist.
In meinem Buch Das Haus am Froschplatz, eine Wiener Geschichte – etwas auf Roman aufgeputzt – schildere ich, wie sie danach eine Villa mit schönem großen Garten im 19. Bezirk, die zwangsversteigert werden sollte, kaufen wollten. Marceline war diese Idee – der Kinder wegen – besonders lieb. Ihr Vater jedoch bat das junge Ehepaar es nicht zu tun: Hans hatte bei Elin zwar ein gutes Einkommen, aber man hätte dafür scheinbar auch Fonds oder Anteile der Brauerei liquidieren müssen. Die Zeiten und die allgemeine finanzielle Lage hatten begonnen immer schwieriger zu werden. Meine Eltern erfüllten Georg Antons Bitte und nahmen vom Kauf Abstand.
Hans, der junge Ingenieur, hatte sich bei der Elin rasch einen guten Namen gemacht. Und wo einer Erfolg hat, stehen Neider meist gleich um die Ecke. Beim großen Durcheinander nach dem Anschluss Österreichs wurde er von denjenigen, die ihm seinen guten Ruf und Erfolg nicht gönnten, rasch auf eine mindere, seinen Qualifikationen in keiner Weise entsprechenden Position geschoben. Doch bei Siemens in Berlin war man bereits auf ihn aufmerksam geworden und so konnte er bereits im September 1938 eine adäquate Stelle im riesigen Konzern antreten.
Die Familie Bertele, mit bereits vier Kindern, war also im September 1938 nach Berlin übersiedelt, wo die bereits schwangere Marceline im März 1939 Tochter Elizabeth zur Welt brachte. Hans hatte eine sehr gute Position bei Siemens und die ersten Kriegsjahre verliefen für Deutschland gut und siegreich. Bald nach der Ankunft war es ihm gelungen, ein schönes Haus mit Garten in Schmargendorf zu erwerben, so hatte die Familie ein recht angenehmes Leben. Marcelines Schwester Charlotte, verheiratet mit dem feschen aus Ostpreußen stammenden Georg Günther, war ebenfalls in Berlin ansässig. Die kleine Elizabeth, Liest genannt, hatte ein Kindermädchen, die Lena. Als Liesl einmal auf allen Vieren im Garten herumkroch, in der Erde wühlte und dann die Finger in den Mund steckte, meinte Lena gelassen: „Dreck scheuert den Magen”, ein Ausspruch, den Marceline späterhin immer gerne verwendete.
Am 7. Dezember 1941 wurde ich, die kleine Ursula, geboren. Ein glücklicher Tag für mich und die Familie aber verhängnisvoll für Deutschland, da nach dem Tag der Bombardierung der Japaner von Pearl Harbor die USA in den Krieg eintraten. Eine entscheidende Wende hatte begonnen, welche schließlich zur Niederlage Deutschlands führen sollte.
Auszug aus den Memoiren von Hans von Bertele
Im Winter 1941 begann das Bomben in Berlin, zunächst mit Brandbomben; einmal gab es einen Einschlag in unseren Luftschutzkeller durch die Türe vom kleinen Hof; Mutti war erstaunlich ruhig und hat gleich mit der Schaufel aus der Sandkiste Sand auf die zischende Bombe draufgestreut. Als ich darüber meine Verwunderung aussprach, sagte sie ruhig: „So haben wir’s doch in den Vorbereitungen gelernt“, was mir grossen Eindruck machte. Bald darauf geht Marceline sicherheitshalber nach Feldenhofen, als ich ihr dazu geraten hatte mit der Bemerkung: „Geh’ ruhig hin, haben wir den ersten Weltkrieg gut in Feldenhofen überstanden, werden wir es in dem zweiten auch tun“.
In der Familie Bertele wurden schwerwiegende Entscheidungen getroffen: Hans entschloss sich bei Siemens zu bleiben und dachte, dass es für Marceline und die Kinder das Beste und Sicherste wäre ins Gut Feldenhofen, das seiner Mutter gehörte, zu übersiedeln. Feldenhofen, ein Besitz von zirka zweihundert Hektar, hauptsächlich Waldbestand, befand sich in der Südsteiermark, welche nach dem Ersten Weltkrieg an das neugegründete Jugoslawien abgetreten werden musste. Diese Übersiedlung aber würde ohne der deutschen Kinderschwester Lena vor sich gehen müssen. Kurzum, Lena wurde entweder entlassen oder verließ die Familie auf eigenen Wunsch. Zwar gebar Marceline freudig Kinder aber außer sie zu stillen, hatte sie keine Idee wie man ansonsten einen Säugling zu betreuen hatte. Diese Aufgabe hatten immer die jeweiligen Kinderschwestern übernommen. Nun aber wurde die arme kleine Ursula rachitisch und litt fortwährend unter Durchfall. So fasste man den Entschluss sie nicht nach Feldenhofen mitzunehmen, sondern schickte sie stattdessen zur Omi (Marcelines Mutter Emy) nach Gaaden, wo sie höchst liebevoll aufgenommen und in die kundigen Hände der guten Nana übergegeben wurde.
Also zog Marceline mit nur fünf Kindern ab nach Feldenhofen, welches in der Nähe der Stadt Windischgraz, jetzt Slovenj Gradec, gelegen war. Anfangs konnte Marceline dort noch ein friedliches und unbekümmertes Leben genießen und die Kinder konnten überall frei und unbeschwert herumtoben. Dann kam 1945.
Nach einer abenteuerlichen Reise, die in seinen Memoiren detailliert beschrieben ist, traf Hans erst im September in Jugoslawien ein und musste mit dem Schrecken erfahren, dass seine Frau und die Kinder in einem Lager bei Cilli von den Tito-Partisanen gefangen gehalten wurden. Typhus und Hunger herrschten dort. Es war ein wahres Wunder, dass Marceline und alle fünf Kinder überlebten. Hans, der die dem Russischen sehr ähnliche slowenische Sprache beherrschte, konnte sich mit der Kommissärin des Lagers verständigen und gab ihr den Englischunterricht, den sie von ihm als Gegenleistung für eine Gefälligkeit begehrte. So konnte er die Freilassung von Marceline und seinen Kindern „erarbeiten“. Die Lagerkommissärin konnte ihre frisch erworbenen Englischkenntnisse nicht mehr verwerten, kurz danach hatte sie sich erschossen. Aber Gott und ihr zu Dank war die Familie wieder auf freiem Fuß.
Man fuhr zurück nach Feldenhofen. Gutgesinnte Nachbarn und ehemaliges Dienstvolk aber rieten unbedingt zum raschen Verlassen von Slowenien. Schweren Herzens brach die Familie schließlich gleich nach Weihnachten, am Stefanitag 1945 wieder auf und schlich sich über einen Schmuggelpfad, den Hans kannte davon. Ein Grenzbach, an dem andauernd patrouilliert wurde, musste überquert werden. Alles verlief ohne Hindernis. Angelangt auf der Anhöhe, am Ufer auf der österreichischen Seite, bestens sichtbar von der slowenischen Seite aus, blieb Marceline stehen und rief höchst erleichtert laut aus: „Na, wenn ich gewusst hätte, dass es so leicht vor sich gehen würde, hätt´ ich noch mehr Zeugs mitnehmen können!” Wäre in diesem Augenblich die Patrouille plötzlich erschienen, hätten sie alle erschossen. Wenig hätte es gegolten, dass sie sich schon jenseits des Grenzbaches befunden hatten.
Die Familie wurde freundlich von Onkel Harald Reininghaus, Omis Halbbruder, in Schloss Isenrode (Steiermark) aufgenommen. Im Februar 1947 wurde der kleine Nachzügler, der Uly geboren. Als bei Marceline die Wehen einsetzten, wurde sie durch den hohen Schnee per Schlitten nach Graz in die Klinik gebracht.
Im August 1947 ging es für die Familie Bertele weiter nach England, wo Hans mit einem englischen Bekannten eine Elektrogesellschaft gegründet hatte.
Ursula, das Gaadner Kind, lernte erst kurz vor der Abreise ihre Eltern kennen. Bis dahin hatte sie immerhin einmal eine Postkarte von ihrer Mutti bekommen, mit zwei Rehen in einem tief verschneiten Wald, die sie jetzt noch lieb in ihrem Besitz bewahrt. Nun wurde sie von Nana vom Haus am Berg den Hang hinabgeschickt, wo ein Pfad ins Dorf führte: „Die zwei Leute, die Du den Hang hinaufkommen sehen wirst, das sind Deine Eltern. Lauf hinunter und begrüße sie schön.”
Was sich dabei alles abspielte, wäre eine Geschichte für sich. Dann erblickte ich sie zum ersten Mal. Mit ihren Wanderschuhen, kurzen Socken, jeder mit einem Rucksack auf dem Rücken kamen sie mir entgegen. Sie zählten damals 46 (Marceline) und 44 (Hans) Jahre und kamen mir furchtbar alt vor. Vor allem die liebe Mutti wegen ihrer weißblonden Haare. In dem Zusammenhang ist es interessant, dass ich mir nie zuvor solche Gedanken wegen des Alters gemacht hatte. Sowohl die Omi wie die Nana waren für mich einfach zeitlos gewesen.
Ein paar Wochen später wurde ich nun mit nach England genommen und das neue Baby, der Uly, Jolly genannt, um ihn vom Günther-Uly (Sohn von Marcelines Schwester Charlotte) unterscheiden zu können, wurde bei Omi in Gaaden gelassen und in Nanas Obhut gegeben. Ein Kindertausch, sozusagen.
Die zwölf Jahre, die wir daraufhin in England verbrachten, waren für Mutti, wie ich sie fortan nennen werde, wohl die schwersten ihres ganzen Lebens gewesen. Baba (so wollte Hans von uns Kindern genannt werden) hatte mit einem Vorschuss von der neu gegründeten Elektrogesellschaft ein schönes Haus mit großem Garten gekauft, welches Mutti sehr gefiel. Aber die Arbeit dort war für sie unermesslich schwer, vor allem das Wäschewaschen, denn es gab keine Waschmaschine. Die Weißwäsche kochte sie in einem großen elektrisch angetrieben Kessel, der sich unten in einem Raum neben der Küche befand, welcher als Waschküche und allgemeiner Abstellraum für Gartenwerkzeuge und Sonstiges diente. Danach musste sie die Wäsche dann per Hand schwemmen und auswinden. In den Schulferien halfen wir vier Mädel mit und hängten sie dann oben am Tennisplatz an der Wäscheleine auf. Sonst machte Mutti alles ganz alleine. Bei dem häufigen englischen Regen musste die Wäsche jedoch immer wieder rasch hineingeholt und bei nächster Gelegenheit dann wieder aufgehängt werden. Im Haus war keine Möglichkeit vorhanden sie zu trocknen. Meine älteste Schwester Emy war Mutti eine sehr große Hilfe. Als wir nach England übersiedelten, war sie sechzehn Jahre alt. Sie half beim Kochen und nähte Kleider für Liesl und mich. Marci, die zweitälteste, half mit dem Bügeln und draußen im Garten, oblag ihr auch das Zurückschneiden der Hecke. Bei mehr als einem halben Hektar Größe war das keine leichte Arbeit. Liesl und später auch ich, wurden zum Stopfen der Socken eingespannt, von denen es mehr als genug gab. Ebenso wurden wir beide mit dem Geschirrabwaschen beauftragt. Am Wochenende mussten alle Kinder im Garten mithelfen. Er war auf einem ziemlich steilen Hang gelegen. Das Haus befand sich in seinem unteren Drittel. Mutti hatte sich ganz oben einen Gemüsegarten anlegen lassen. Otto und Hansi stachen die Beete für sie um. Dort oben hatte Mutti auch ihre Hühner und wir hatten Hasen, die unsere Schwester Marci betreute. Zirka ab 1955 hatten wir dann eine Waschmaschine, die aber nicht schleuderte. Dafür gab es ein „Auswindegerät“, das am Waschbecken befestigt war und per Hand in Gang gesetzt werden musste. Mit der Zeit leistete Baba sich auch ein Auto. Das erste wurde schon sehr bald von meiner Schwester Marci über den Haufen gefahren. Ich, damals 14 Jahre alt, war Copilot, was niemand wissen durfte! Um sich ein neues leisten zu können, verkaufte Baba dann seine wertvollste Uhr.
Wir vier Mädchen besuchten alle dieselbe Klosterschule, die beides – Volks- und Mittelschule unterrichtete. Mutti erzählte mir einmal, dass die Schulvorsteherin, Nonne Mother Mary John, ihr bei ihrem ersten Besuch von einem Traum erzählt hatte: Eine Familie aus dem verwüsteten Zentraleuropa würde nach England kommen und die Eltern sie um Aufnahme ihrer vier Mädchen in der Schule bitten. Sie solle sie alle aufnehmen, wurde ihr im Traum gesagt – was sie auch herzlich getan hat. Selbstredend, so meine ich ist, dass den Eltern dadurch in dieser ausgezeichneten Privatschule keine großen Kosten auferlegt wurden. Mutti sagte manchmal auf ihre ihr ganz eigene Art: „Ich bin nicht fromm”, womit sie scheinbar nur meinte, dass sie nicht jeden Sonntag in die Kirche ging. Aber anlässlich des Traumes der lieben Nonne dachte sie doch, dass es sich um ein wunderbare Fügung Gottes handelte. Mother Mary John war aus einem belgischen Orden, so musste sich Mutti mit ihr in Französisch verständigt haben, denn sie sprach kein Englisch.
Das Schönste für uns Kinder war das Mutti immer für uns da war. Sie war sozusagen immer für uns zuhause. In der Früh war sie da, machte das Frühstück für uns, nahm es mit uns ein. Als wir von der Schule kamen, machte sie uns die Jause. Als wir Jüngsten der Familie dann schon selbstständiger waren, bereiteten wir uns die Jause zwar selbst, liefen aber zuerst hinauf in den Garten, um Mutti, die im Gemüsegarten oder mit ihren Hühnern beschäftigt war, zu begrüßen.
Welch´ traurigen Gegensatz dazu bieten Mütter heutzutage, die auch ohne es nötig zu haben untertags nur weg von zuhause irgendwo arbeiten wollen. Das Resultat ist ein hinkendes, oftmals zerrüttetes Familienleben und – oft gar keines mehr. Jeder nur für sich…
Mutti bedachte jeden von uns immer mit den unterschiedlichsten liebevollen und besonderen Aufmerksamkeiten. Ich erwähne hier nur diejenigen, die sie mir zudachte und die ich so dankbar in Erinnerung behalten habe: Natürlich hatte ich zu Beginn kein Wort Englisch gesprochen. Mutti, obwohl sie mit Arbeit überhäuft war, kaufte mir eigens ein großes Bilderbuch, das von einem kleinen Buben in Mexiko handelte. Am großen Tisch in der Küche saßen wir dann an den Abenden zusammen, ich auf Muttis Schoss und sie las mir daraus vor: „Pedro was a little boy…” Da war das Bild mit Pedro und einem bepackten Esel neben einem Kaktus. Und ich las stockend nach. Als ich elf Jahre alt war, arrangierte Mutti für mich einen Austausch mit der befreundeten Gustav Harmer-Familie. Der jüngere Sohn, Conrad, gleich alt wie mein Bruder Hansi, kam einen Monat zu uns nach England und ich konnte den ganzen Monat Juli bei Harmers, anfangs in Ottakring dann hauptsächlich draußen in Spillern verbringen. Die jüngste Tochter, Mette, war in meinem Alter. Alles für mich so schön arrangiert, von der lieben Mutti. Im Jahr 1956 fand in London eine berühmt gewordene Konzertaufführung von Don Giovanni in der Royal Festival Hall statt. Unser Verwandter, Eberhard Wächter, sang den Don Giovanni. Auch besonders war für mich, als Mutti mich zu Cavallería Rusticana und I Pagliacci mit in die Oper nach Covent Garden nahm. Und viel später dann, wenn wir nach Wien auf Besuch kamen, stand in unserem Zimmer immer ein Zyklamen-Stock zur Begrüßung…
Eineinhalb Jahre nach unserer Übersiedlung nach England wurde uns zu Muttis großer Freude der kleine Jolly geschickt. Ihr kleines Nesthäkchen. Er wurde uns gemeinsam mit einem Steirermädel übersandt, das teils als Kindermädchen für ihn und teils als allgemeine Haushaltshilfe für Mutti dienen sollte. Sie taugte weder für das eine noch das andere und verließ uns bereits nach einem Jahr.
Familie Bertele in England, 1950. Otto, Marceline, Uly „Jolly“ und Hans mit seiner Mutter Elsa „Momo“.
Ein paar Jahre danach waren für Baba äußerst schwierige Zeiten herangebrochen und es begannen unangenehme Jahre in England. Ausgangspunkt war ein arges Zerwürfnis mit seinem englischen Gesellschafter, der ihn fälschlich wegen Betrug anklagte. Fern der Heimat schien sich damals alles gegen ihn zu wenden. Er wusste nicht mehr ein noch aus und war nahe daran den Kampf aufzugeben. Mutti jedoch ermutigte ihn: „Hans, kämpfe bis zum Schluss. Nur dann habe ich vollen Respekt vor Dir. Riskieren wir, was du im schlimmsten Fall für möglich hältst.” Die Angelegenheit klärte sich zu seinen Gunsten aber natürlich auch mit seinem Austritt aus der Firma.
Österreich war damals noch von den Alliierten besetzt gewesen. Wien teilweise, Niederösterreich aber vollständig von den Russen. Die Eltern zogen es daher vor mit der Familie weiterhin in England zu bleiben. Mit seinem beruflichen Neuanfang als beratender Ingenieur hatte Hans zu wenig Aufträge und nahm dann dankbar die Stelle eines Lektors bei Woolwich Polytechnic an. Die Vorlesungen dauerten oft bis spät in den Abend hinein und so kam er todmüde und abgerackert mit dem Zug aus London. Jeden Abend machte sich Mutti auf den Weg um ihn von der Station abzuholen. Zwar wohnten wir nur zehn Minuten entfernt, doch der Weg dorthin war eher gruselig. Man musste an einem steilen unbeleuchteten Felsabfall der North Downs entlanggehen, der gegenüber der breitangelegten Schienenanlage, den Ausweichstellen für die Züge und einem Kohlengrosshändler lag. So ging es noch einige Jahre dahin, bis endlich die gute Nachricht eintraf, dass Baba zum Ordentlichen Professor für Industrielle Elektronik an der Technischen Hochschule in Wien ernannt worden war. Die Freude mit der Mutti diese Nachricht empfing, war unbeschreiblich. Als sie England verließ und auf dem Boot nach Ostende an Deck stand, sagte sie: „Gott sei Dank. Nun bin ich endlich kein elender Ausländer mehr!” Das Schöne an England, so wie sie meinte, war gewesen, dass sie immer ganz und gar für ihren Mann und ihre Kinder da sein konnte. Ansonsten war ihr alles fremd geblieben. Die Sprache lernte sie nur recht mangelhaft zu beherrschen und ihr Akzent war stark geblieben. Auch hatte sie keine Freundinnen gefunden. Zwar gab es bei uns zu Hause immer ein reges Gesellschaftsleben mit häufigen Mittag- und Abendessen an den Wochenenden, aber alle die kamen waren Freunde und Bekannte vom Baba.
In Wien zogen die Eltern in die schöne große Wohnung am Franziskanerplatz ein. Dort konnten beide noch etwas über zwanzig glückliche Jahre verbringen. Ständig gab es Besuch von Kindern und Enkelkindern und sie waren von netten Dienstboten umgeben. Es wurden unentwegt muntere und interessante Mittag- und Abendessen für Muttis Großfamilie (von der Bertele-Familie war Hans der letzte Nachkomme) und den großen Freundeskreis veranstaltet. Auch an der Hochschule gab es oft Veranstaltungen, zu denen auch die Damen gebeten waren. Marceline war immer mächtig stolz auf alle Ehrungen, die ihrem Hans zuteil wurden. Zuhause gab man schöne Kammermusik-Abende, an denen Hans am Klavier, begleitet von zwei Geigen spielenden Freunden musizierte. Das ganze Jahr hindurch liebte es Hans vor oder nach dem Abendessen, auf dem schönen großen Bösendorfer Flügel, den ihm Marceline zur Hochzeit zum Geschenk gemacht hatte, zu spielen. Marceline saß dabei, im Salon au coin du feu – ob der Kamin nun angezündet war, oder nicht. Und in den Pausen seines Spiels pflegte sie zu sagen: „Sehr schön, Herr Mandi“ (ihr Kosename für Hans).
Marceline Bertele, geborene Mautner von Markhof
In großer Liebe und Dankbarkeit, deine Tochter Ucki
Matthäus Spechtler – Water for Africa
/in Reininghaus/Linie 1 /von Beate HemmerleinMatthäus Spechtler, direkter Nachkomme von Therese und Johann Peter von Reininghaus´ Tochter Luise (3.1.1851 – 15.10.1924, verehelichte Piffl), deren Sohn Gustav Piffl und dessen Tochter Adolfine/Ina Ludowika Piffl, lebt mit seiner zweiten Frau Leanne (geborene Steenkamp) in Hout Bay/Kapstadt/Südafrika und ist unternehmerisch vielseitig tätig.
Neben Rabbiter Africa zeichnet das Ehepaar auch für CallJoe verantwortlich, ein gemeinsam mit Hutchinson 3 Austria geschnürtes e-sim-Paket, das speziell allen Europa-Touristen beste Verbindungen während ihres Aufenthaltes sichert.
Das große Herzensprojekt jedoch ist WAFRICA (Water for Africa) für das selbst Premier Alan Winde bereits seine Unterstützung zugesagt hat:
„IT IS OUR VISION, WITH THE HELP OF OUR GLOBALLY UNIQUE SYSTEM, TO CURB WATER POVERTY NOT JUST IN AFRICA, BUT ALSO ON ALL CONTINENTS, AND TO SAVE MILLIONS OF HUMAN LIVES. ACCESS TO DRINKING WATER IS A HUMAN RIGHT. WE MAKE IT REALITY. OUR FOCUS IS ON: PRODUCTION, COMMISSIONING, CREATING JOBS, LICENSING, SALES, INTERNATIONALIZATION & SAVING LIVES“
Matthäus & Leanne Spechtler
Mattäus und Leanne Spechtler
WHAT WAFRICA WILL ACHIEVE
We provide filtered and chilled drinking water | We provide free high-speed WiFi to those within a 500 metre radius of our system | We make a contribution to environmental protection | We only work with renewable energy | We will create thousands of new jobs | We save lives | We reduce up to 50% of plastic waste | We create new infrastructures We secure income for the people | We set signs and trends and serve the community.
The potential for WAFRICA is unspeakable, as more than 600 million people in Africa alone are without water and around 2 billion people worldwide according to the united nations. WAFRICA will first be launched in the South African market and then within the rest of southern Africa followed by targeted countries internationally. As a “Proudly South African” declared invention, WAFRICA will start its triumphant march from South Africa and save millions of lives. The production costs of one system is refinanced after approximately six months, based on a small community of 5000 inhabitants who regularly consume our water at an average price of R3 per 5 litres. The entire business model is designed to provide people with clean water at a price that is up to 90% cheaper and still beneficial. In addition the poorest of the poor will receive our water for free. People will not only appreciate WAFRICA but also love it, because water is life and the current prices for drinking water are pure usury.
WHY WAFRICA
The most important thing at the moment is to build the first fully functional prototype. As soon as we have finished this first prototype, we will benefit from international funding from the Deutsche Entwicklungsgesellschaft DEG (German Development Agency, Johannesburg office) in the amount of at least 2 million Euros. I have already been promised this funding in writing, as DEG has classified the WAFRICA project as “the most innovative and most important project for the African continent in years.”
Furthermore, I was able to generate considerable interest from Premier Alan Winde, and he has assured me of his full support in officially launching the first system, which will generate enormous media coverage. I quit my job as a CMO of an international company because I was overwhelmed by the urgent need for water throughout the world and therefore founded WAFRICA. I financed the entire development of the system through to market readiness from my own resources. WAFRICA is my life and together we will save lives and be internationally successful. I have the commitment to international funding in the amount of 2 million euros = R 36m, as well as a brilliant team of international colleagues and technicians who have performed all of their services free of charge to WAFRICA. In this context, I would like to mention that all future employees (WAFRICA water warriors) will for the most part be seniors, as they have the necessary reputation and respect, and more than 95% of the employees will be people of colour. Furthermore, there will be an NGO within the company that will focus on the education of children in primary schools, since education is of the greatest importance to our youth and a means for a secure future.
We therefore kindly invite you to become an integral part of WAFRICA and to finance the first prototype so that we can start the project together. Let’s change the world together, save human lives, create jobs and become internationally successful.
Matt Spechtler founder
Premier Alan Winde über WAFRICA